Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
Schnitte und Schrammen auf ihrem Gesicht, Hals und Armen schrumpften zusammen und verblassten zu Narben. Schließlich verschwanden sie gänzlich und ließen nur elastische Wundpflaster, Verbandsmull und einige Tropfen getrockneten Bluts zurück. Die blauen Flecken verwandelten sich von einem bläulichen Schwarzton zu Braun, wurden dann hellbraun, dann gelb-grün und verschwanden am Ende völlig.
Marcus stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Danke. Ich wollte sie zu Roland bringen, aber das hat sie abgelehnt. Außerdem hat sie sich geweigert, sich von einem der Ärzte des Netzwerks behandeln zu lassen.
»Ami hat eine Abneigung gegen Ärzte, die an … na ja, eigentlich wollte ich › Angst ‹ sagen, aber das trifft es nicht – ihre Abneigung grenzt eher an Hass.«
»Roland ist aber kein Arzt.«
»Nein. Aber Ami weiß über ihn nur das, was sie von seinen Plaudereien mit Sebastien mitbekommen hat.« Bei diesen Plaudereien war es meistens ziemlich gewalttätig zugegangen.
Marcus zuckte unwillkürlich zusammen.
»Genau.«
»Warum wacht sie nicht auf? Bist du sicher, dass sie geheilt ist?«
»Ja. Tatsächlich ist das ein gutes Zeichen.«
»Wie meinst du das?«
Seth lächelte. »Sie schläft.«
Marcus sah ihn verständnislos an, ein Ja und? stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Dann fiel der Groschen … »Oh. Soll das heißen, dass sie sich jetzt in meiner Nähe sicher fühlt?«
»Du hast es erfasst.«
Marcus setzte sich auf die gegenüberliegende Seite des Bettes und steckte die Bettdecke rund um Ami fest.
»Sag mir, wie du das gemeint hast, als du gesagt hast, dass das Netzwerk infiltriert worden wäre«, sagte Seth und beobachtete aufmerksam jede seiner Bewegungen.
Diesen Moment wählte Slim, um ins Zimmer zu spazieren. Er rieb zur Begrüßung sein halb kahles Köpfchen an Seth und Marcus und ließ sich dann auf Amis Brust nieder.
»Nachdem du weg warst, habe ich Reordon angerufen«, erklärte Marcus, während er dem schnurrenden Kater über den Rücken streichelte. »Er hat einem Typen namens Marion Bescheid gesagt, damit er die Busa abholt und mich nach Hause fährt. Fünf Minuten später sind Dutzende Vampire über mich – über uns – hergefallen. Ami war zu diesem Zeitpunkt bereits bei mir.«
An Chris Reordons Loyalität bestand kein Zweifel. Seth wusste, dass er nicht derjenige war, der sie verraten hatte. Und Chris überprüfte jeden, den er in das Netzwerk aufnahm, überaus gründlich. Eigentlich hätte jeder seiner Leute vertrauenswürdig sein müssen. Und dennoch …
»Das hättest du erleben sollen, Seth«, brummte Marcus, dessen Stimme voller Bewunderung war. »So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen. Die Vampire ergossen sich in einem endlosen Strom aus dem Wald, und Ami hat keine Sekunde gezögert, ihnen entgegenzutreten. Obwohl ich sie ins Auto bugsiert und ihr befohlen hatte, zu verschwinden. Vierunddreißig Blutsauger, Seth. Ich könnte dir ein Dutzend Unsterbliche nennen, die angesichts dieser Unmenge den Schwanz eingezogen hätten.«
»Ich würde das nicht ›den Schwanz einziehen‹ nennen«, entgegnete Seth. »Ich würde das eher als Klugheit und Überlebenswillen bezeichnen.«
Marcus überhörte den sarkastischen Einwand. »Obwohl sie völlig erschöpft gewesen sein muss, hat Ami so unerschrocken und meisterhaft gekämpft wie jeder andere Unsterbliche Wächter.«
Seth grinste mit stolzgeschwellter Brust. »Ich habe dir doch gesagt, dass sie imstande ist, dir einen Arschtritt zu verpassen.«
Marcus lachte. »Inzwischen glaube ich das auch.«
Verdammt wollte er sein, wenn Marcus nicht ein klein bisschen verknallt klang.
Was ein wenig beunruhigend war.
»Kann ich irgendetwas für sie tun?«, fragte Marcus und strich Ami eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn.
»Nein. Sie wird mindestens einen Tag schlafen, bis sie vollständig ausgeruht und wieder bei Kräften ist.«
»Und was ist mit … ähem …«
Seth war überrascht zu sehen, dass Marcus rot wurde.
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Als das zum letzten Mal passiert ist, ist sie im Schlaf aufgestanden und hat sich selbst darum gekümmert, wenn der Ruf der Natur sie ereilt hat.«
»Oh. Das ist gut. Tatsächlich klingt das … ein wenig seltsam.«
Seth zuckte mit den Schultern. »Nicht seltsamer, als Tote zu sehen, würde ich behaupten.«
»Schon verstanden.«
»Das ist ohnehin nicht mit richtigem Schlafwandeln zu vergleichen. Sie befindet sich einfach in einem Zwischenzustand zwischen Schlafen und
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