Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
der Unsterblichen Wächter sind?«, fragte sie, um den Eindruck aufrechtzuerhalten, dass sie sich zum ersten Mal begegneten.
Er nickte nur, seine Kiefermuskeln zuckten.
»Müssten Ihre Wunden nicht schon längst verheilt sein?«
Er ächzte, als sie ihm half, sich vorsichtig auf die blutbesudelten Sofakissen zu hieven. »Ich habe nicht getrunken.«
Als sein Blick zu ihrer Halsschlagader wanderte, zuckte Ami unwillkürlich zurück.
»Ami steht nicht auf der Speisekarte«, sagte Seth, der hinter ihr stand. »Niemals. Ist das klar?«
»Kristallklar.«
Ami sah über die Schulter zu Seth. »Warum hast du ihm kein Blut gegeben?«
»Weil er keins im Haus hat.«
»Wir haben eine ganze Kühltasche voll dabei. Warum hast du ihm nichts davon angeboten?« Sie durchquerte das Wohnzimmer (ein wirklich schöner Raum, groß und geschmackvoll eingerichtet), holte die Kühltasche und stellte sie auf den Couchtisch. Mit einer schnellen Bewegung klappte sie den Deckel auf und reichte Marcus einen Blutbeutel.
»Vielen Dank.«
Sie sah zu, wie er seine Reißzähne ausfuhr und in den Beutel schlug. Als das Blut durch seine Reißzähne direkt in die Blutbahn gelangte, entspannten sich seine Gesichtszüge.
Ami stemmte die Hände in die Hüften und drehte sich zu Seth herum. »Nun?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich hab’ nur versucht, ihm etwas zu verdeutlichen.«
»Und was?«
»Ja«, sprang Marcus ihr bei, der den Blutbeutel bereits geleert hatte. »Was?«
Ami reichte ihm einen weiteren Beutel.
»Vielen Dank.«
Sie lächelte.
»Er braucht einen Sekundanten«, stellte Seth fest.
Überrascht drehte sich Ami zu Marcus um. »Sie haben keinen Sekundanten?«
Alle Unsterblichen hatten Sekundanten. Seth bestand darauf.
Na ja, alle außer Roland Warbrook, der für seinen Jähzorn bekannt war.
Marcus sah Seth wütend an. »Ich brauche keinen Sekundanten.«
»Und ob du einen brauchst«, erwiderte Seth unerbittlich.
»Ich habe einen.«
»Slim ist kein Sekundant.«
Ami runzelte die Stirn. Sie hatte sehr viele Sekundanten kennengelernt, seit Seth sie unter seine Fittiche genommen hatte. Mit den meisten hatte sie per Telefon oder Internet kommuniziert, und keiner von ihnen hatte den Spitznamen Slim gehabt. »Wer ist Slim?«
Seth sah demonstrativ zu dem Erkerfenster auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Ami folgte seinem Blick zu einem Weidenkorb, der vor dem Fenster auf dem Boden stand. Eine kleine schwarze Katze, die vermutlich nicht mal vier Kilo wog und sich offenbar gerade den Wanst vollgeschlagen hatte, erwiderte ihren Blick mit einer warnend in die Luft gestreckten schwarzen Pfote.
»Ähem … warum ist das Tier so kahl?«
Slim hatte überall am Körper große, kahle Stellen … über den Augen … auf dem Schädel … zwischen den Schulterblättern … an einem Knie …
»Ist er nicht«, erwiderte Marcus defensiv. »Er ist nicht kahl. Er hat … einfach Narben, weil er immer mit Tieren kämpft, die doppelt so groß sind wie er.«
»Oh. Der arme kleine Kerl.« Ami hasste Schlägertypen, egal ob es sich um Menschen oder Tiere handelte. Und seinem Aussehen nach zu urteilen, hatte dieser Kater die gleiche Wirkung auf solche Typen wie vergammeltes Fleisch auf einen Fliegenschwarm.
»Er braucht dir nicht leidzutun«, schnarrte Seth. »Slim ist derjenige, der die Kämpfe anzettelt.«
Skeptisch beäugte Ami den Kater. »Ehrlich? Und hat er jemals einen gewonnen?«
Seths dunkle Augen funkelten vor Vergnügen, während er und Ami auf Marcus’ Antwort warteten.
Als sie schließlich kam, klang es, als kostete ihn jedes Wort große Mühe. »Ich glaube, einer endete unentschieden.«
Ami biss sich auf die Lippen, um nicht loszuprusten.
Slim putzte sich weiter.
Marcus seufzte und wünschte sich insgeheim, dass diese Nacht endlich vorüber wäre. Vor Schmerzen mit den Zähnen knirschend, hievte er sich in eine aufrechte Position. Der gebrochene Knochen in seinem Bein fing an wieder zusammenzuwachsen, und die Verletzungen hatten endlich aufgehört zu bluten und heilten.
»Brauchen Sie Hilfe mit Ihrem Arm?«, fragte Ami.
Marcus sah hoch und stellte fest, dass ihre sanften grünen Augen seine ausgekugelte Schulter musterten. »Ja, das wäre nett.«
Sie war sehr hübsch … sie hatte das jugendlich-frische Aussehen des typischen Mädchens von nebenan. Ihre blasse, makellose Haut war ungeschminkt. Ihre langen Wimpern hatten denselben Kupferton wie ihr Haar. Ein kesse Stupsnase. Schön geschwungene, volle Lippen, die
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