Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
ihnen tun es dennoch.« Er seufzte. »Roland und ich leben schon seit Jahrhunderten. Roland ist fast tausend Jahre alt. Wenn uns die Vampire angegriffen haben, dann ist das immer nur aus Wahnsinn oder Bösartigkeit geschehen. Und dennoch sind wir dazu bereit, unser Leben aufs Spiel zu setzen, weil möglicherweise ein Vampir unsere Hilfe braucht.« Er schenkte ihr ein trockenes Lächeln. »Selbst Roland hat – auch wenn er manchmal ziemlich viel rumnörgelt –, die Hoffnung nie aufgegeben. Auch wenn er mit dem Schlimmsten rechnet, hofft er das Beste.«
Ihr Lächeln wirkte gezwungen.
»Ist da noch etwas?«, hakte er nach. »Ist es wegen …?« Er presste kurz die Lippen aufeinander. »Bereust du, was heute Morgen zwischen uns geschehen ist?«
Sie runzelte die Stirn. »Nein, warum? Bereust du es etwa?«
Erleichterung durchströmte ihn. »Nein, keine Sekunde. Ich versuche nur herauszufinden, warum du dir Sorgen machst.«
Sie umklammerte mit beiden Händen so heftig die Schreibtischkanten, dass Ihre Knöchel weiß wurden. »Erinnerst du dich, dass ich vorhin gesagt habe, dass ich kein gutes Gefühl habe?«
»Ja.«
»Letzte Nacht hatte ich das gleiche Gefühl. Und dann haben sich vierunddreißig Vampire auf dich gestürzt.«
Sie schien zu erwarten, dass er sie entweder für verrückt erklärte oder sich über sie lustig machte.
Stattdessen war Marcus plötzlich ganz aufgeregt. »Wenn du von ›Gefühl‹ sprichst, meinst du da so etwas wie eine Vorahnung?«
Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte.
»Ami«, er trat einen Schritt näher. »Bist du dir ganz sicher, dass du keine Begabte bist?« Es hatte zwar noch nie eine Begabte mit ihrer Haar- und Augenfarbe gegeben, andererseits besaßen normale Menschen keine übernatürlichen Fähigkeiten. Nur Begabte mit ihrer einzigartigen DNA taten das. Falls Ami tatsächlich eine von ihnen war und sich einverstanden erklärte, dann konnte sie verwandelt werden.
Sie nickte. »Ich bin mir sicher.«
»Bist du getestet worden?«, bohrte er weiter. Die Labore des Netzwerks hatten DNA-Tests, mit deren Hilfe sie Begabte identifizieren konnten.
»Nein, aber Seth wird es dir bestätigen.«
Sofort verschlechterte sich seine Laune wieder.
Ami kaute auf ihrer Unterlippe herum. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich keine Begabte bin.«
Das hatte sie. Und er hatte geglaubt, dass er diese Tatsache akzeptiert hätte – bis zu dem Moment, als kurzzeitig ein Hoffnungsschimmer am Horizont aufgeflackert war.
Er rang sich ein Lächeln ab und gab sich Mühe, sich seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. »Ich weiß.« Er berührte ihre Schulter und umarmte sie fest. »Komm her. Schau nicht so traurig, Liebste.«
Sie vergrub das Gesicht in seiner Brust und schlang die Arme um ihn.
»Alles wird gut gehen. Roland wird uns begleiten. Und kurz bevor wir am Treffpunkt ankommen, werde ich Richart anrufen und danach die Freisprechfunktion eingeschaltet lassen, dann muss ich nicht mal seine Nummer wählen, um Verstärkung anzufordern.«
Ami nickte zwar, sagt aber nichts.
11
Als sich Ami und Marcus der Vordertür von Davids weitläufigem Anwesen näherten, schwankten Amis Gefühle zwischen Ungeduld und Besorgnis.
Aus dem Inneren des Hauses war eine Kakophonie von Stimmen – die meisten männlich – zu hören, und Ami verfluchte die Ängste, die unwillkürlich in ihr aufstiegen. Keiner der im Haus Anwesenden stellte eine Gefahr für sie dar. Im Gegenteil – die meisten von ihnen (wenn nicht alle) würden ihr Leben riskieren, um sie zu beschützen. Selbst jene, die sie noch nie getroffen hatten. Dennoch zitterten ihre Hände, sie hatte einen Frosch im Hals und konnte ihre Füße nur mühsam dazu überreden, nicht in die entgegengesetzte Richtung Reißaus zu nehmen.
Das Grauen, das in ihr aufstieg, wann immer sie an das bevorstehende Treffen mit Roy dachte, war nicht gerade hilfreich. Da halfen auch keine aufmunternden Worte. In Anbetracht der Tatsache, dass Roland sie begleitete und dass die französischen Unsterblichen auf Abruf bereitstanden – was sollte ihnen da schon passieren? Wer könnte sich ihnen entgegenstellen, den sie nicht bezwingen konnten?
Kaum, dass dieser Gedanke in ihrem Kopf Gestalt annahm, spürte sie, wie eine weitere dunkle Vorahnung ihr den Magen zusammenzog.
Marcus legte seine große, warme Hand auf ihre und drückte sie beruhigend.
Ami sah zu ihm hoch, während er seine Finger mit ihren verschränkte. Ihr Gespräch über Vorahnungen hatte ihn
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