Immortal: In den Armen der Dunkelheit
Mucks war vom Meer zu hören, nur das Klopfen ihrer Herzen. Dave neigte seinen Kopf und küsste sie mit einer eindringlichen, besitzergreifenden Endgültigkeit.
Dann wandten sie sich beide aufrecht dem zu, was sie hinter dem Nebel erwartete.
Kapitel 12
D ie dichte Nebelwolke schloss sich über ihnen. Jenna, die erwartet hatte, von eisigem Wasser umschlossen zu werden und nicht mehr atmen zu können, war überrascht, dass es sich lediglich wie ein leicht kühler Sommerdunst anfühlte.
Der Himmel, der eben noch sonnig und klar gewesen war, füllte sich mit sehr dunklen Gewitterwolken. Und das war nicht das Einzige, was sich veränderte. Das moderne Kreuzfahrtschiff, das Dave und sie vor wenigen Tagen betreten hatten, verwandelte sich in einen uralter Kasten, der an ein Wikinger- oder Piratenschiff gemahnte.
»Was jetzt?«, wollte Jenna wissen.
»Abwarten?«
»Wie lange?«
Ein lauter, schrecklich ächzender Lärm hob an, der das gesamte Schiff erschütterte.
»Lange wird’s nicht mehr dauern, würde ich tippen«, antwortete Dave und sah sich auf dem Rest des Decks um. »Woher kam das?«
Er ging zur Reling. »Daher!«, rief er und zeigte auf zwei gigantische Ketten, die aus parallelen Öffnungen im Rumpf ins Wasser fielen.
Zuerst fühlte Jenna sich an Anker erinnert und fragte sich, warum sie geworfen wurden. Dann jedoch begann das Wasser zu brodeln, so dass sie sich um anderes sorgte.
»Meerleute«, sagte Dave leise.
Verwundert sah sie nochmals hin, und diesmal erkannte sie, dass das Brodeln von Hunderten Fischschwänzen herrührte, die das Wasser durchpeitschten, als die Meerleute die Ketten ergriffen und zu schwimmen begannen. Es kamen immer mehr von ihnen, und gemeinsam zogen sie das Schiff vorwärts.
»Sie ziehen uns!«, schrie sie.
»Aber wohin?«
»Vielleicht retten sie uns«, meinte Jenna.
Dave seufzte. »Das bezweifle ich.« Er legte einen Arm um sie und drückte sie an sich. »Aber wir werden es schon noch herausfinden.«
Wie sich herausstellte, wäre es Jenna lieber gewesen, wenn die Meerleute sich mehr Zeit gelassen hätten. Allzu bald fühlten sie, wie das Schiff langsamer wurde. Als sie über die Reling lugten, sahen sie, dass die Ketten nur noch lose im Wasser baumelten.
Schließlich hielt das Schiff ganz an, und sie lagen immer noch mitten auf dem Meer, ohne Land in Sicht. Jenna fragte sich, ob sie auf Grund gelaufen waren, aber dann hörte sie knarrendes Holz. Und als sie beide dem Geräusch folgten, entdeckten sie einen Teil einer Gangway, die heruntergelassen worden war, aber offenbar ins Wasser führte.
Eine Meerfrau erhob sich aus dem Wasser, als würde sie von unsichtbaren Händen gehalten. Sie hatte langes grünlich-blondes Haar und perlfarbene Haut. Zwar sah sie bis zur Hüfte sehr menschlich aus, aber da ihr Haar geschickt an allen Stellen klebte, die näheren Aufschluss hätten geben können, war Jenna nicht sicher, wie menschenähnlich sie tatsächlich war.
Ihre untere Körperhälfte bestand jedenfalls aus einem Fischschwanz mit dunkelgrünen Schuppen, aber kaum durchdrang sie die Wasseroberfläche, formten sich daraus zwei sehr schöne Beine.
»Guten Tag«, begrüßte sie Dave und Jenna mit einer sehr melodischen, klaren Stimme, die gar nicht klang wie das, was Jenna von den Kreaturen erwartet hatte, die sie töten wollten. »Mein Name ist Dolphene.«
Dave und Jenna sahen sich kurz an. »Warum sind wir hier?«, fragte Dave die Meerfrau.
»Das zu erklären steht mir nicht zu«, antwortete sie beinahe entschuldigend. »Aber wenn ihr mit mir kommt, erhaltet ihr die Antworten, die ihr sucht.«
Jenna blickte sich um. »Wohin mitgehen?«
»Nach unten natürlich«, gab Dolphene zurück.
»Unter Wasser?« Dave begann, den Kopf zu schütteln. »Kommt nicht in Frage!«
»Ihr seid vollkommen sicher, glaubt mir.«
»Ich weiß, dass
ich
sicher bin, aber Jenna kann unter Wasser nicht atmen. Also denke ich, dass wir bleiben.«
»Das Schiff fährt ab«, erklärte Dolphene. »Und wohin es fährt, könnt ihr nicht reisen. Aber macht euch bitte keine Sorgen! Unsere Magie ist stark, und wir würden nicht zulassen, dass euch etwas geschieht.«
Jenna legte ihre Hand in Daves. »Ich würde sagen, unsere Wahlmöglichkeiten sind begrenzt«, flüsterte sie ihm zu.
Er schien zu überlegen. Schließlich nickte er.
Dolphene lächelte ihnen freundlich zu und ging die Gangway wieder hinunter. Dave folgte ihr mit Jenna. Als sie das Ende erreichten, sah Jenna, dass Dolphene auf einer
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