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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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nickte.
     
    Zehn Meilen hinter Al Almadija bog Corben von der Hauptstraße auf eine gewundene Piste ab, die nach Norden führte. Der Allradantrieb des Land Cruiser hatte hart zu arbeiten und ächzte protestierend. Es war kaum mehr als ein Maultierpfad, auf dem der Offroader den steilen Berghang hinauffuhr.
    «Abu Barsan hat gesagt, es ist ein ‹jesidisches› Dorf», erinnerte Corben sich, während er mit dem Lenkrad kämpfte, um größeren Steinbrocken auszuweichen. «Wissen Sie etwas über die Jesiden?»
    «Nur dass sie Teufelsanbeter sind», sagte Kirkwood gelassen und lächelte resigniert.
    «Gut zu wissen.» Corben zuckte die Achseln.
    Diese falsche Vorstellung war weit verbreitet, aber als er jetzt Corbens gereiztes Gesicht sah, empfand Kirkwood stilles Vergnügen.
    Zutreffender beschrieben waren die Jesiden, auch bekannt als Engelskult, eine kleine, friedfertige Sekte, die dem Islam jahrhundertelang widerstanden hatte. Ihre Religion, die sich aus zoroastrischen, manichäischen, jüdischen, christlichen und islamischen Elementen zusammensetzte, galt als die älteste der Welt. Begriffe wie Sünde, Teufel und Hölle lehnten sie ab. Sie glaubten stattdessen an Läuterung und Erlösung durch Seelenwanderung und verehrten tatsächlich Satan. Jedoch als gefallenen Engel, der bereut hatte und dem von Gott vergeben worden war, sodass er jetzt im Himmel als Oberhaupt aller Engel herrschte. Saddam hatte einen besonderen Hass gegen die Jesiden gehegt und das Etikett «Teufelsanbeter» propagiert, um einen Keil zwischen sie und die Kurden zu treiben. Bei seinen Racheangriffen gegen die Kurden nach dem ersten Golfkrieg waren die jesidischen Dörfer besonders brutal zerstört und geplündert worden. Man hatte die Männer hingerichtet, und die eigenen Familien hatten die Kugeln für die Erschießungen bezahlen müssen. Doch all das behielt Kirkwood für sich.
     
    Die Landschaft wurde zusehends grüner und glich jetzt mehr den dichtbewaldeten Bergen weiter im Norden. Je höher der Land Cruiser auf dem steilen Pfad kam, desto kühler wurde es auch. Knapp eine Stunde vor Sonnenuntergang entdeckten sie dünne Rauchsäulen, die in den frühabendlichen Himmel stiegen. Wenig später kam das karge Dorf in Sicht.
    Corben parkte den Wagen auf einem schmalen Randstreifen des steinigen Weges. Er steckte ein kleines Bündel Hundert-Dollar-Scheine ein, schob sich die Pistole in den Gürtel und schaute hinüber zu Kirkwood.
    «Helfen Sie mir jetzt», erinnerte er ihn, «helfe ich Ihnen, Evelyn herauszuholen. Ich gebe Ihnen mein Wort.»
    Kirkwood war nicht besänftigt. «Ich habe kaum eine andere Wahl, oder?»
    «Sie wollen dasselbe wie ich», wiederholte Corben. «Wir werden es finden. Den Rest klären wir später.»
    Kirkwood nickte achselzuckend. Er hatte recht: Ihm blieb keine andere Wahl. Außerdem war es ziemlich schwer, der Verlockung dessen zu widerstehen, was sie in diesem Dorf vielleicht finden würden.
    Corben befreite Kirkwoods Handgelenk, und sie gingen zu Fuß in das Dorf.
    Nerva Zhori war eine kleine, verschlafene Siedlung. Sie lag geschützt in einer Schlucht im steilen Berghang. Niedrige Steinmauern, hier und da von einem rostigen Eisentor unterbrochen, säumten die staubige Gasse, die mitten hindurchführte. An kleinen, von Schubkarren und Baumaterial übersäten Höfen standen flache Lehmziegelhäuser zwischen vereinzelten Pappeln; zur einen Seite schmiegten sie sich an den Steilhang, die andere war nach unten dem Wald zugewandt. Lehm war das beste Baumaterial in diesen Bergen; sogar die Strohdächer waren von einer dicken Schicht getrockneter Erde bedeckt. Ein paar alte, verwitterte Lieferwagen standen am Rand der schmalen Dorfstraße. Eine Entenschar watschelte in einer Reihe über den Weg, und auf verwilderten Feldern hinter den Häusern weideten Pferde und Kühe. Die Erntezeit war längst vorüber, und der harte Bergwinter nahte.
    Vereinzelte Gesichter starrten sie an, als sie das Dorf durchquerten. Zwei Kinder und eine alte Frau unterbrachen ihr Tun und schauten ihnen nach. Es kamen nicht viele Besucher hier herauf, aber die Jesiden waren bekannt für ihre geduldige Art und ihre Gastfreundschaft. Die beiden Männer begrüßten die Dorfbewohner mit freundlichem Kopfnicken, das wachsam erwidert wurde. Corben sah sich unter den Leuten um, die sie ein wenig nervös beäugten, und ging dann auf einen Jungen zu.
    «Sprichst du Englisch?», fragte er.
    Der Junge schüttelte den Jopf.
    « Aawis itkallam maa il mochtar. »

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