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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Ich muss mit dem Bürgermeister sprechen. Hoffentlich verstand der Junge Arabisch. Die Jesiden sprachen den nordkurdischen Kurmandschi-Dialekt. Um das Verständnis zu fördern, nahm er die Hand des Jungen und legte einen Hundert-Dollar-Schein hinein. « Mochtar », wiederholte er.
    Der Junge zögerte und nickte dann bang. Er stopfte sich den Schein in die Hosentasche und winkte den beiden, ihm zu folgen.
    Corben nickte Kirkwood triumphierend zu und ging dem jugendlichen Führer nach.
     
    Mias Rücken und Beine schmerzten brennend, als der lautlose Zug sich den gewundenen Pfad bergauf schlängelte. Stunden waren vergangen, seit sie die Maultiere bestiegen hatten, und obwohl sie keine Pause gemacht hatten, hatte sie nicht das Gefühl, dass sie ihrem Ziel schon näher gekommen waren.
    Sie hatten Hirten gesehen, die mit Gewehren ihre Herden vor Wolfs- und Hyänenrudeln beschützten, und waren bewaffneten Schmugglern begegnet, die mit Zigaretten beladene Esel den Berg hinaufführten. Sie hatten einander grunzend, mit wachsam-stummen Blicken begrüßt.
    Die Berge waren von einem Netz von Pfaden überzogen. Die Behörden auf beiden Seiten der Grenze konnten unmöglich alle überwachen, deshalb hatten sie es einfach aufgegeben. Die Grenze war durchlässig, aber Mia begriff erst jetzt allmählich, wie viel Aufwand und Kraft erforderlich waren, sie zu überschreiten.
    Wasser rauschte durch tiefe Täler zwischen den dramatisch aufragenden Bergen. Pistazienwälder und hohe Pappelhaine wuchsen hier und da in dem ansonsten unwirtlichen Gelände.
    «Wie weit noch?», fragte Mia.
    Abu Barsan gab ihre Frage an einen der Männer weiter und antwortete dann: «Eine Stunde, vielleicht etwas mehr.»
    Mia atmete bedrückt aus, aber dann nahm sie sich zusammen und richtete sich auf. Sie ritt weiter, getrieben von dem Zorn darüber, dass man sie getäuscht hatte, von dem Wunsch, die Wahrheit über ihren Vater zu erfahren, und von der verzweifelten Notwendigkeit, ihre Mutter zu retten.
     
    Der Junge führte Corben und Kirkwood an einem verbeulten Toyota-Pick-up vorbei auf einen staubigen Hof. Das flache Haus, das sich dort an den Hang klammerte, sah aus wie alle anderen. Nicht gerade ein Bürgermeisterpalast, dachte Corben, als sie dem Jungen zur Haustür folgten.
    Der Junge stieß die Tür auf und rief etwas ins Haus. Eine barsche Stimme antwortete von drinnen. Der Junge zog die Schuhe aus und stellte sie neben die Tür in eine Reihe von anderen, ausgetretenen Schuhen. Corben und Kirkwood folgten seinem Beispiel.
    Corben ließ den Blick schweifen, als sie an einer kleinen Küche vorbei durch eine weitere Tür in einen niedrigen Korridor kamen. Als er die Tür zum nächsten Zimmer erreichte, registrierte er beim Eintreten im Staub auf den Fliesen undeutliche Abdrücke von Stiefelsohlen. Er begriff nicht gleich, was daran störend war. Unbewusst straffte er sich, aber es war schon zu spät. Kaltes Metall bohrte sich in sein Kreuz.
    Bevor er sich umdrehen konnte, entdeckte er die schlanke, vertraute Gestalt, die mit gekreuzten Beinen im Dämmerlicht saß. Das silberne Haar war glatt zurückgekämmt, und die eiskalten Augen musterten ihn ungerührt. Der Mann saß auf dem Boden – es gab keine Möbel in diesem Zimmer, nur Kissen, die an den Wänden entlang aufgereiht lagen. Neben ihm stand eine kleine Arzttasche. Er hatte die Spritze noch in der Hand. An seiner Seite stand ein schwerbewaffneter Gorilla, dessen Pranken auf den Schultern eines verängstigten Einheimischen ruhten. Corben vermutete, dass es der mochtar war. Der Mann schwitzte stark und rieb sich den Unterarm.
    Ein Fernseher flimmerte stumm in einer Ecke. In einem Blechofen knisterte ein kleines Feuer, daneben bedrohten drei schwerbewaffnete Männer eine Frau und vier Kinder – einen siebzehn- oder achtzehnjährigen Jungen und drei Mädchen.
    «Schön, dass Sie zu uns kommen konnten», sagte der Hakim trocken. «Wir hatten gerade eine überaus aufschlussreiche Unterhaltung.»

64
    Corben wirbelte herum und wollte den Lauf der Waffe packen, die sich in seinen Rücken bohrte, aber er war nicht schnell genug. Sein Gegner riss blitzschnell die Arme hoch und schlug ihm den Kolben seiner Kalaschnikow unters Kinn. Corben ging zu Boden. Ein sengender Schmerz durchzuckte seinen Schädel.
    Noch bevor er wieder klar sehen konnte, drehte er sich um. Der Hakim erhob sich und tat zwei Schritte auf ihn zu, aber merkwürdigerweise schien er sich gar nicht für Corben zu interessieren. Er ging an

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