Immortals After Dark 12 - Lothaire
niemals finden wirst, Bastard.«
Aber Lothaire
hatte
ihn gefunden.
Still wie der Tod ragte sein Schatten über der Wiege auf. Ein blonder Säugling blickte zu ihm hoch und packte seinen Finger mit seiner winzigen Hand …
Warum durchlebte er diese Szene noch einmal? Was wollte sein Bewusstsein ihm damit sagen?
Als die Morgendämmerung anbrach, verlangsamte er sein erbarmungsloses Tempo und kam schließlich taumelnd zum Stehen. Schweiß rann ihm über Rücken und Gesicht und vermischte sich mit dem Regen.
Er warf einen anklagenden Blick auf den heller werdenden Himmel. Lothaire hatte nicht das geringste Anzeichen von Dorada entdeckt. Jene schwere Präsenz hatte sich in nichts aufgelöst.
Wieder eine vergeudete Nacht.
Wird dies die Nacht sein, in der mich mein Verstand ein für alle Mal im Stich lässt?
Er hielt sich mit beiden Händen den Kopf.
Seinen Kronen widmete er nur noch hin und wieder einen flüchtigen Gedanken, doch die Angst um Elizabeth plagte ihn unaufhörlich, sie drückte ihn nieder, so wie die Erde vor Hunderten von Jahren.
Ich begehre sie so sehr! Was zur Hölle soll ich nur tun?
Irgendwann würde er den Ring finden. Dann würden sich ihm drei Szenarien eröffnen.
Er konnte sich wünschen, in der Zeit zurückzureisen, um seine Eide ungeschehen zu machen. Während er dort war, würde er Saroya austreiben und sich dann die Zeit nehmen, Elizabeth zu umwerben, und sie wie eine Königin behandeln.
Oder aber dieser Wunsch würde ihm verwehrt werden – die Schwüre auf den Mythos konnten möglicherweise selbst verhindern, dass er den Ring auf diese Weise verwendete. Er hatte einen Eid geleistet, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Saroya in eine Unsterbliche zu verwandeln und Elizabeth auszulöschen. Folglich würde jeder Versuch, etwas anderes zu unternehmen, auf Widerstand stoßen.
Sollte ihm gar keine andere Möglichkeit mehr bleiben, konnte er Elizabeth in der Obhut der Alten lassen und sich in der Sonne zu Asche verbrennen lassen.
Freiwillig aus dem Leben scheiden, nachdem er so lange überlebt hatte …?
Aber auch der Versuch, Selbstmord zu begehen, würde seinen Schwur brechen. Ob es ihm überhaupt möglich sein würde, dem inneren Druck – und dem Schmerz – lange genug zu widerstehen, um für Elizabeth zu sterben?
Alle drei Szenarien würden voraussetzen, dass er den Talisman, der seine Braut vernichten konnte, tatsächlich wiedererlangt hatte.
Das
Risiko
…
Er konnte mit niemandem über sein Dilemma reden, konnte niemanden um Hilfe bitten, ohne seinen Pakt mit der Göttin zu brechen.
Er konnte nicht einmal Elizabeth warnen und ihr raten, ihn zu verlassen. Wobei das auch keine Rolle spielen würde, denn der Ring würde funktionieren, ganz egal, wie nahe oder fern sie war.
Er fand keinen Ausweg aus dem tödlichen Irrgarten, den er selbst erschaffen hatte.
Durch meine eigene Arroganz ruiniert, durch meine unersättliche Gier nach Rache. Werden meine Charakterschwächen sich am Ende im wahrsten Sinne des Wortes als fatal erweisen?
All diese Blutschwüre, die er gesammelt hatte, halfen ihm nicht, sich vor seinen eigenen zu drücken. Seine Hoffnung – oder aber das Schicksal seiner Braut – hing einzig und allein von dem Ring ab.
Gerade als er sich zu Elizabeth zurücktranslozieren wollte, um sich in ihrem Körper und ihrem Duft zu verlieren, hörte er über das langsam nachlassende Prasseln des Regens hinweg das Kreischen einer Walküre.
Konnte das Nïx sein?
So hinterhältig sie auch war, schien sie ihn doch immer zu verstehen. Vielleicht würde sie ihm eine einzige Gefälligkeit erweisen, auch wenn er sie nicht verdient hatte.
Während sein stark in Mitleidenschaft gezogener Verstand zu zerbrechen drohte, entschied er sich, seinen Stolz zu vergessen und sich an die einzige Person zu wenden, die womöglich verstand, in welcher Zwangslage er sich befand.
Er translozierte sich nach Val Hall und stand abwartend im Nebel.
Wenige Momente später kam Nïx auf die Veranda geschlendert und warf den kreisenden Wraiden eine Strähne ihres schwarzen Haars zu.
Das Haar war der Wegzoll, den Walküren und Wraiden vereinbart hatten. Lothaire wusste, dass die Geißel sämtliche Walküren eine Zeit lang ihrem Willen unterwerfen konnte, wenn sie genug Haare gesammelt hatten, um daraus eine Flechte von einer gewissen Länge zu fertigen.
Dann würden die mächtigen Walküren Sklavendienste leisten müssen. Er konnte es kaum erwarten.
Nïx kam im Nieselregen langsam auf ihn zu, so
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