Immortals After Dark 12 - Lothaire
unangreifbares System gegenseitiger Unterstützung sei.
Im Vergleich dazu ist meine Familie armselig.
Iwana war von ihrem Vater im Stich gelassen worden. Lothaires eigener Vater hatte ihn gefoltert.
Die Peirces waren gegen derartige Hinterlist und Feigheit gefeit.
Nun endlich gelang es Lothaire, seine Eifersucht auf Elizabeths Zuneigung anderen gegenüber zu vergessen, ganz gleich, wie sehr er sich auch selbst nach ihrer Liebe sehnte. Nur, weil sie ihre Familie liebte und allen Peirces ihre Loyalität galt, hieß das längst nicht, dass sie ihm gegenüber nicht ebenfalls loyal sein konnte.
Solange er sich nicht zwischen sie stellte.
Doch er hatte dafür gesorgt, dass sie für alle Zeit von ihren Lieben getrennt sein würde. Er hatte sie ihrer Familie beraubt.
So wie Sergei mir Iwana geraubt hat.
Er begann, im Schlaf zu schwitzen, als er die Wahrheit erkannte.
Ich habe Elizabeth angetan … was er mir angetan hat.
Es gab einen guten Grund dafür, dass Lothaire ihre Erinnerungen bisher nie gesehen hatte: Er konnte nicht damit umgehen, wie er seine kostbare Braut behandelt hatte.
Kurz vor dem Erwachen – er war verzweifelt und fürchtete, sie nie wieder zurückzugewinnen – tauchte blitzartig noch eine weitere Erinnerung auf. Als er eines Nachts geschlafen und einen schlimmen Albtraum durchlitten hatte, hatte sie voller Zärtlichkeit auf ihn hinabgeblickt. Ihr Herz hatte sich vor Mitgefühl zusammengezogen – so wie seines jetzt ihretwegen schmerzte. Sie hatte ihm sanft das Haar aus der Stirn gestrichen, ihn mit leisen Worten zu beruhigen versucht.
Das hatte er nicht gewusst. Oh ihr Götter, dann liebte sie ihn also doch.
Lothaire fühlte die Liebe, die tief in ihr loderte.
Die Loyalität, die sie ihrer Familie gegenüber zeigt, könnte auch mir gelten. Die Liebe …
Er erwachte mit einem Schrei. »Lizvetta!«
Ich
wusste
doch, dass sie dabei war, sich in mich zu verlieben!
Er drehte sich um, doch Nïx lag nicht länger auf der Couch. Sie saß am Fenster und winkte zu seinen Untertanen hinunter. Sie wirkte erholt und hatte sich gekämmt.
»Elizabeth hat mich geliebt!«, platzte es aus ihm heraus. »Aber warum hat sie dann mit dem Schwert zugeschlagen?«
Nïx zuckte mit den Schultern, während sie irgendjemandem eine Kusshand zuwarf. »Sie war ein ganz frischer Vampir, mit einer Masse an Emotionen, derer sie womöglich nicht Herr werden konnte. Hast du vielleicht irgendetwas gesagt, das eine derartige Wut in ihr ausgelöst haben könnte?«
Er rieb sich den Nacken. »Es könnten einige spezielle Sätze gefallen sein.«
»Außerdem hat sie sich wahrscheinlich in genau dem Moment transloziert, in dem sie mit dem Schwert ausgeholt hat.«
»Unmöglich. Sie war doch erst seit ein paar Stunden ein Vampir.«
»Sie kann sich jetzt schon rund um die Welt translozieren.«
Meine unberechenbare Elizabeth. »Ich bin stolz. Aber wenn sie sich ohne Einschränkungen translozieren kann, wird sie zu ihrer Familie zurückgehen?« Er konnte an kaum etwas anderes denken als daran, seine Braut zurückzubekommen. Sein Verstand konzentrierte sich auf eine einzige kleine Aufgabe:
Elizavetta zurückholen
. »Was hat sie denn gesagt, als sie Val Hall verließ?«
Nïx wandte sich zu ihm um. »Sie stand wie betäubt auf unserer Veranda. Die berühmte Königin der stolzen Dakier war allein, mittellos, besaß nichts als einige wenige Kleidungsstücke – ein paar abgelegte Fetzen der Walküren, versteht sich – in einer Plastiktüte. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun oder wie sie sich ernähren sollte, und fürchtete, dass ihre Familie sie nicht akzeptieren würde. Oh, und ihr fehlte ein Finger.«
Er brüllte frustriert auf und translozierte sich zu einer gerade neu errichteten Wand, um seine Faust hineinzuschlagen. »Warum erzählst du mir all das? Da könntest du mir auch gleich eine Klinge in den Leib rammen.«
»Ich erzähle es dir, damit du darauf vorbereitet bist, dass sie womöglich nicht begeistert sein wird, wenn du bei ihr auftauchst.«
»Ich habe ihre Emotionen gefühlt. Ich weiß, dass sie mich liebte.«
»Bevor du ihr das Herz gebrochen hast.«
Es verging eine ganze Weile, ehe er mit leiser Stimme eine Frage stellte. »Werde ich ihre Liebe denn niemals zurückgewinnen?«
»Ich würde lieber gut auf ihren Finger aufpassen, Lothaire. Vielleicht bleibt er das Einzige, was du je von ihr bekommst.«
Die Familie ist der Schlüssel zu ihr.
Er warf den Kopf zurück und brüllte: »Stelian!«
Der große Vampir
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