Imperator 01 - Die Tore von Rom
Steinmauer aufgehalten wurde. Eine kleine Gruppe, die zur rechten Zeit mit genügend Wasser bereit stand, könnte …
Er rieb sich mit den Fingerknöcheln die Augen. Er verbrachte zu viel Zeit mit Denken und Planen. Seit Wochen hatte er kaum mehr als ein paar Stunden am Stück geschlafen, und allmählich machte sich die Entbehrung selbst bei seiner Vitalität bemerkbar.
Die Mauer musste mit Leitern erklommen werden. Sie war stark, aber römische Legionen waren geübt darin, Festungen und Burgen einzunehmen. Die dazu erforderlichen Techniken waren inzwischen fast alltäglich geworden. Marius murmelte vor sich hin, in dem Wissen, dass der nächste Posten zu weit entfernt war, um ihn zu hören.
»Sie haben noch nie gegen Römer gekämpft, schon gar nicht gegen Römer, die ihre eigene Stadt verteidigen. Das ist unser wahrer Vorteil. Ich kenne Sulla, aber er kennt mich auch. Die Mobilität ist auf ihrer Seite, aber wir haben das Bollwerk, außerdem ist die Moral auf unserer Seite. Schließlich sind es nicht meine Männer, die unser geliebtes Rom angreifen.«
Von den eigenen Gedanken aufgemuntert, ging Marius hinüber zum nächsten Mauerabschnitt. Er sprach mit jedem Mann und erkundigte sich bei diesem und jenem, zu dem ihm ein Name einfiel, nach dem Befinden, der Karriere und der Familie. Bei keinem, mit dem er redete, konnte er Unmut oder Verzagen feststellen. Sie waren wie Jagdhunde, begierig darauf, für ihn zu töten.
Als er den ganzen Abschnitt abgeschritten hatte und wieder in die dunklen Straßen hinabstieg, fühlte sich Marius von dem einfachen Glauben der Männer an ihn erhoben. Er würde für sie sorgen. Sie würden für ihn sorgen. Auf dem Weg zurück in die Unterkünfte summte er eine Militärmelodie vor sich hin. Jetzt war sein Herz wieder leicht.
27
Gaius Julius Cäsar lächelte, trotz des Anflugs von nervöser Schwäche, der seinen Magen flattern ließ. Mithilfe von Marius’ Näherin hatte er fast den ganzen Abend Diener zum Einkaufen und mit anderen Aufträgen ausgesandt. Er wusste, dass die Zeremonie einfach sein musste und staunte, dass so viele Angehörige der Nobilitas an diesem kalten Morgen erschienen waren. Die Senatoren waren mit ihren Familien und Sklaven zum Tempel des Jupiter gekommen, und jedem Blick, dem er begegnete, folgte ein Lächeln. Das Aroma von Blüten und brennendem Duftholz lag schwer in der Luft. Marius und Metella standen am Eingang des Marmortempels; Metella tupfte sich Tränen aus den Augen. Gaius nickte beiden nervös zu, während er auf die Ankunft seiner Braut wartete. Er zupfte an den Ärmeln seines Hochzeitsgewandes, dessen tiefer Halsausschnitt einen einzelnen Amethyst an einer dünnen Goldkette sehen ließ.
Er wünschte, Marcus wäre hier. Es hätte ihm sehr geholfen, jemanden bei sich zu haben, der ihn wirklich kannte. Alle anderen gehörten zu der Welt, in die er erst hineinwachsen sollte: Tubruk, Cabera, Marius, sogar Cornelia selbst. Mit einem Stich wurde ihm bewusst, dass er, damit das alles um ihn herum wirklich erscheinen konnte, jemanden brauchte, der ihm in die Augen blickte und die ganze Reise bis zu diesem Punkt kannte. Stattdessen weilte Marcus in fremden Landen, als der wilde Abenteurer, der er schon immer hatte sein wollen. Wenn er irgendwann zurückkehrte, war der Hochzeitstag nicht mehr als eine Erinnerung, an der er niemals würde teilhaben können.
Im Tempel war es kühl. Einen Augenblick lang erschauerte Gaius und spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Er war in einem Raum voller Leute, die ihn überhaupt nicht kannten.
Wäre sein Vater noch am Leben, hätte er gemeinsam mit ihm auf Cornelia warten können. Sie hätten ein Lächeln oder ein Augenzwinkern austauschen und damit sagen können: »Sieh dir an, was ich getan habe.«
Gaius spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, und blickte hinauf zur Deckenwölbung, weil er nicht wollte, dass sie ihm über das Gesicht liefen. Mit der Beerdigung seines Vaters hatte seine Mutter ihren Frieden vollends verloren. Als Gaius gefragt hatte, ob es ihr möglich sei zu kommen, hatte Tubruk den Kopf geschüttelt. Der alte Gladiator liebte sie so sehr wie sonst niemand, das wusste er. Vielleicht war es schon immer so gewesen.
Gaius räusperte sich und holte seine Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Er musste die Kindheit hinter sich lassen. Auch hier waren viele Freunde versammelt, sagte er sich. Tubruk mit seiner knurrigen Zuneigung war ihm wie ein Onkel, und Marius und Metella
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