Imperator 01 - Die Tore von Rom
körperlicher Ertüchtigung alsbald ordentlich an Größe und Körperkraft zugelegt. Leider neigte er dazu, Sachen aus den Vorratslagern zu stehlen und sie Marcus zu bringen, was diesem schon etliche peinliche Scherereien eingebrockt hatte. Obwohl er ihn dazu gezwungen hatte, die gestohlenen Waren wieder zurückzubringen, und obwohl er ihn einmal kurz aber heftig ausgepeitscht hatte, wollte Peppis von dieser Gewohnheit nicht lassen. Schließlich hatte Leonides, der Zenturio der Bronzefaust, den Jungen mit einem Schreiben zu Marcus zurückgeschickt, das besagte: » Deine Verantwortung. Dein Rücken .«
Der Dienst als Begleitschutz hatte gut begonnen, mit der Art von Effektivität, die Marcus inzwischen voraussetzte, von der er jedoch vermutete, dass sie nicht überall im Imperium üblich war. Sie waren eine Stunde vor Morgengrauen aufgebrochen und dem Weg in die dunklen Granithügel gefolgt. Vier flache Ochsenkarren waren mit gut festgezurrten Fässern beladen und zweiunddreißig Soldaten als Eskorte ausgesucht worden. Sie standen unter dem Kommando eines alten Kundschafters namens Peritas, der zwanzig Jahre Erfahrung auf dem Buckel hatte und sich von niemandem etwas vormachen ließ. Alles in allem war es eine hervorragende kleine Streitmacht, die da über die gewundenen Pfade zwischen den Hügeln dahinzog, und wenn Marcus auch fast von Anfang an verborgene Blicke auf ihnen ruhen fühlte, so war es doch ein Gefühl, an das man sich bald gewöhnte. Seiner Einheit war die Aufgabe zugewiesen worden, die Vorhut zu bilden, und Marcus führte zwei seiner Männer gerade einen steilen Abhang aus losem Geröll und getrocknetem Moos hinauf, als sie sich plötzlich fünfzig blau bemalten Gestalten in voller Kriegsausrüstung gegenübersahen.
Ein paar Sekunden starrten sich die beiden Gruppen mit offenen Mündern an, dann machte Marcus kehrt und hastete den Hang hinunter; seine beiden Gefährten waren kaum langsamer. Hinter ihnen erschallte ein gellender Schrei, was eine Warnung der Karawane überflüssig machte. Die Blauhäute ergossen sich über die Kante des verborgenen Felssimses und fielen mit ihren langen, hoch über die Köpfe gereckten Schwertern und wilden Schreien über die Karawaneneskorte her.
Die Legionäre ließen sich nicht viel Zeit zum Staunen. Als die Blauhäute angriffen, griffen Pfeile in Bogensehnen, und eine summende Woge des Todes sauste über die Köpfe von Marcus und seinen Männern hinweg, was ihnen die nötige Zeit verschaffte, den Pfad zu erreichen und sich dem Feind kampfbereit zu stellen. Marcus erinnerte sich, dass er seinen Gladius gezogen und einen Krieger getötet hatte, der ihn bis zu dem Moment anbrüllte, als Marcus ihm die Klinge in den Hals hackte.
Einen Moment lang waren die Legionäre überwältigt. Ihre Kampfkraft lag in der Gemeinsamkeit, auf dem zerklüfteten Pfad jedoch musste jeder für sich allein kämpfen, und es gab so gut wie keine Gelegenheit, seinen Schild mit dem des Nebenmannes zu verbinden. Marcus sah, dass trotzdem jeder Römer den Kampf aufnahm und mit grimmigem Gesicht auf den heranstürmenden blauen Schrecken einschlug. Weitere Männer fielen auf beiden Seiten, und Marcus stand plötzlich mit dem Rücken gegen einen Karren, duckte sich unter einem Schwerthieb weg, bohrte seine kürzere Klinge in einen keuchenden blauen Bauch und riss sie seitlich wieder heraus. Während er sich bereits gegen zwei weitere Angreifer zur Wehr setzte, fiel ihm auf, dass die Eingeweide im Kontrast zu der blauen Farbe hellgelb aussahen. Er säbelte eine Hand am Gelenk ab und stach einem anderen Krieger in den Unterleib, als dieser versuchte, auf den Karren zu springen. Der Stammeskrieger fiel zornig knurrend in den aufwirbelnden Staub, und Marcus trampelte blindlings auf ihm herum, während er schon den Bizeps des nächsten aufschlitzte. Der Kampf schien sich lange hinzuziehen, und als die Angreifer endlich aufgaben und die Abhänge wieder hinauf in ihre Deckung rannten, wunderte sich Marcus darüber, dass die Sonne immer noch an der gleichen Stelle stand wie zu Beginn des Angriffs. Es waren höchstens ein paar Minuten vergangen. Er sah sich nach seiner Einheit um und war erleichtert, Gesichter zu sehen, die ihm vertraut waren, Gesichter, die keuchten und blutverschmiert waren, aber am Leben.
Andere hatten nicht so viel Glück gehabt. Rupis würde nie wieder höhnisch grinsen. Er lag breitbeinig an einen der Karren gelehnt; ein breites rotes Lachen spaltete seine Kehle. Zwölf weitere
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