Imperator 01 - Die Tore von Rom
Aufstieg zum Lager machten. Die Ochsentreiber ließen nervös ihre Peitschen knallen.
Marcus sah nirgends Wachtposten. Ein dumpfes Gefühl der Angst stieg in ihm auf. Sie würden es nicht schaffen. Und falls doch, was erwartete sie dort oben?
Langsam marschierten sie weiter, bis sie nahe genug am Lager waren, um Einzelheiten zu erkennen. Noch immer war niemand hinter der Brustwehr zu sehen, und jetzt wusste Marcus mit sinkendem Mut, dass dort drinnen keiner mehr am Leben sein konnte. Er hatte sein Schwert gezogen und schwenkte es beim Gehen angespannt hin und her.
Plötzlich stieß jeder Wilde im weiten Umkreis ein lautes Geheul aus. Marcus warf einen Blick nach hinten und sah, dass mindestens hundert ihrer Krieger den Pfad heraufgestürmt kamen.
Peritas ritt die Reihe seiner Legionäre ab.
»Lasst die Wagen stehen! Zum Lager. Los!«, rief er, und mit einem Mal rannten alle. Das Geheul schlug in wildes Jubelgeschrei um, als die Lenker von den Kutschböcken sprangen und die letzten hundert Fuß in vollem Lauf zurückzulegen versuchten. Marcus hielt sein Schwert vom Körper weg und rannte; er wagte nicht, sich noch einmal umzudrehen. Er hörte das Klatschen harter, nackter Füße und das schrille Angriffskreischen der Blauhäute, das mit einem Mal viel zu nah schien. Dann sah er das Tor vor sich und quetschte sich in einem Knäuel drängelnder, schiebender Soldaten hindurch. Drinnen drehte er sich sofort um, um die langsameren Männer draußen anzufeuern.
Die meisten schafften es. Nur zwei Legionäre, die entweder zu müde zum Rennen waren oder zu viel Angst gehabt hatten, wurden eingeholt, wandten sich wie gejagte Tiere im letzten Augenblick um und wurden von vielen Klingen durchbohrt. Nasses, rotes Metall wurde trotzig emporgereckt, als die Überlebenden das Tor schlossen und verriegelten. Peritas sprang von seinem Pferd und befahl, das Lager zu durchsuchen und zu sichern. Wer verstand die abartigen Beweggründe dieser Wilden schon? Vielleicht warteten hier drinnen noch mehr von ihnen und erledigten einen Soldaten nach dem anderen, weil es ihnen mehr Spaß machte, ihre Gegner umzubringen, wenn sie sich schon in Sicherheit glaubten.
Aber die Festung war leer. Bis auf die Leichen. Fünfzig Mann Besatzung hatte das Lager beherbergt, dazu zwanzig Pferde. Menschen und Tiere lagen dort, wo man sie getötet und verstümmelt hatte. Sogar bei den Pferden hatte man die stinkenden Eingeweide über den Steinboden verteilt; Wolken blauschwarzer Fliegen erhoben sich summend, wenn man ihnen zu nahe kam. Zwei Männer erbrachen sich bei dem Gestank, und Marcus spürte, wie ihn der Mut vollends verließ. Sie saßen in der Falle. Die Zukunft hielt nur Krankheit und Tod für sie bereit. Draußen sangen und johlten die Blauhäute.
30
Noch vor Einbruch der Nacht hatte Peritas die Leichen der Legionäre in einen leeren Kellerraum einschließen lassen. Die toten Pferde erwiesen sich als größeres Problem. Im ganzen Lager gab es keine Waffen mehr, nirgendwo ließ sich eine Axt auftreiben. Die glitschigen Kadaver konnten zwar von fünf oder sechs Mann angehoben, nicht aber die Steintreppen hinaufgetragen und über die Mauer geworfen werden. Schließlich ließ Peritas die schweren, leblosen Leiber vor das Tor schleppen, wo sie wenigstens die Angreifer aufhalten würden. Mehr durften sie sich nicht erhoffen. Keiner von ihnen glaubte daran, dass sie die Nacht überleben würden; Angst und Verzweiflung lasteten schwer auf ihnen.
Oben auf der Mauer stand Marcus und beobachtete die Lagerfeuer mit zusammengekniffenen Augen.
»Was ich nicht verstehe«, murmelte er an Peppis gewandt, »ist, warum sie uns ins Lager gelassen haben. Sie haben es doch schon einmal eingenommen, was sie einige Opfer gekostet haben dürfte. Warum also haben sie uns nicht draußen auf dem Weg niedergemacht?«
Peppis zuckte die Achseln. »Das sind Wilde, Herr. Vielleicht gefällt ihnen die Herausforderung, oder dass sie uns demütigen können.« Dann fuhr er fort, Schwertklingen mit einem abgenutzten, ausgehöhlten Wetzstein zu schleifen. »Peritas sagt, wenn wir am Morgen nicht zurück sind, wird man uns vermissen, und morgen Abend schicken sie eine kleine Streitmacht los, vielleicht sogar früher. Wir brauchen nicht sehr lange hier auszuhalten, aber ich glaube nicht, dass uns die Blauhäute so viel Zeit lassen.« Er zog den Stein über die nächste silbrige Klinge.
»Ich glaube, wir können dieses Lager einen Tag oder so halten. Sie sind zwar in der
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