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Imperator 02 - König der Sklaven

Imperator 02 - König der Sklaven

Titel: Imperator 02 - König der Sklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conn Iggulden
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den Morgennebel und fragte sich, ob noch ein weiterer Angriff erfolgen würde. Er zerrte sich den dicken Umhang enger um die Schultern und zitterte, wobei er sich einredete, dass es nur an der Morgenkühle lag. Es war schwer, keine Verzweiflung aufkommen zu lassen.
    Die nächtlichen Angriffe waren immer tollkühner geworden, und kaum einer der Soldaten in dem riesigen Feldlager konnte noch ruhig schlafen. Jeden Abend losten sie, wer Wache halten musste, und diejenigen, die das Los traf, blickten sich gegenseitig mit rot geränderten Augen an, zuckten die Achseln und rechneten bereits mit dem Tod. Wenn es sie nicht traf, kehrten sie in die Sicherheit des Hauptlagers zurück, mit wiedergewonnener Zuversicht, die so lange anhielt, bis sie das nächste Mal die falsche Marke aus dem herumgereichten Topf zogen.
    Zu oft kehrten sie nicht zurück. Jeden Morgen fehlten Hunderte von Wachposten beim Appell. Mithridates zweifelte nicht daran, dass sich die Hälfte davon still und leise aus dem Staub gemacht hatte, doch es sah so aus, als wäre das Lager von einem unsichtbaren Feind umgeben, der sich nach Lust und Laune aussuchen konnte, wen er umbrachte. Manche der Posten fand man mit Pfeilwunden; die Spitzen waren sorgfältig aus dem Fleisch geschnitten worden, damit man sie wieder verwenden konnte. Es schien keine Rolle zu spielen, wie viele Soldaten gemeinsam Wache standen, oder wo er sie aufstellte – jeden Tag kamen weniger Männer ins Lager zurück.
    Finster starrte der König in den feuchten Nebel, der seine Lunge mit der Kälte des Winters zu verstopfen schien. Manche seiner Männer glaubten, sie würden von den Geistern vergangener Schlachten angegriffen, und erzählten Geschichten von uralten, weißbärtigen Kriegern, die sie einen Augenblick lang erblickt hätten, ehe sie lautlos wieder verschwunden seien. Immer ohne jedes Geräusch.
    Mithridates begann die Reihe seiner Männer abzuschreiten. Sie waren ebenso erschöpft wie ihr König, aber trotzdem hielten sie die Waffen bereit und warteten darauf, dass sich der Nebel lichtete. Er versuchte zu lächeln und ihre Moral zu heben, aber es war schwer. Das Gefühl der Machtlosigkeit, Woche für Woche weniger zu werden, hatte vielen seiner Männer den letzten Mut geraubt. Er schauderte wieder und verfluchte den weißen Dunst, der noch über den Zelten zu hängen schien, während der Rest der Welt erwachte. Manchmal dachte er, wenn er nur auf ein Pferd steigen und schnell davonreiten würde, könnte er in den Sonnenschein hinausreiten, und wenn er sich umblickte, würde er erkennen, dass nur das Tal vom Schleier verhüllt war.
    Ein Leichnam lag unbeachtet zwischen den Zelten. Der König blieb stehen und betrachtete ihn, wütend und beschämt, weil der junge Krieger nicht beerdigt worden war. Mehr noch als die stumpfen Blicke seiner Männer bewies ihm dies, wie weit es mit ihnen gekommen war, seit sie die Hügel mit spitzen Pfählen gesichert und auf ihren Erfolg und die Vernichtung Roms angestoßen hatten. Wie er diesen Namen hasste .
    Vielleicht hätte er mit seiner Armee abziehen sollen. Doch das weckte immer wieder diesen quälenden Gedanken, dass der Feind genau darauf hoffte, dass sie in die Ebene hinauszogen. Irgendwo da draußen, den Blicken seiner Späher verborgen, stand eine Legion Männer, mit einem Befehlshaber, der anders war als alle anderen, mit denen es Mithridates bisher zu tun gehabt hatte. Er schien sie Stück für Stück vernichten zu wollen. Plötzlich heranfliegende Pfeilsalven durchbohrten die Körper eines jeden, der einen Offiziershelm oder eine Standarte trug. Es war so weit gekommen, dass sich Männer geweigert hatten, die Fahnen zu tragen, und sich lieber zur Strafe auspeitschen ließen, als den in ihren Augen sicheren Tod zu riskieren.
    Es war schlimm, die Moral der Armee aus solcher Höhe abstürzen zu sehen. Er hatte den Gruppen von Wachposten befohlen, jeden Mann zu töten, der zu desertieren versuchte, doch in der folgenden Nacht waren noch mehr verschwunden. Er wusste nicht einmal genau, ob sie gefallen oder davongelaufen waren. Manchmal fand er nur einen Haufen Rüstungen, als hätten sie sich des Metalls und ihrer Ehre einfach entledigt, manchmal jedoch waren die Haufen auch voller Blutflecken.
    König Mithridates rieb sich das müde Gesicht und brachte etwas Farbe in seine Wangen zurück. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal geschlafen hatte, weil er sich jetzt, wo während der Nacht jederzeit mit Angriffen zu rechnen war, nicht mehr

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