Imperator 02 - König der Sklaven
Sterben.
Es war bitterkalt. Einige Männer zitterten, während sie darauf warteten, dass sich der Nebel hob. Keiner sprach ein Wort, und die neu ernannten Optios brauchten nicht einmal ihre Stöcke einzusetzen, um die jungen Männer zum Schweigen zu bringen. Alle Soldaten schienen die Bedeutung des Augenblicks zu spüren, als der Dunst endlich vom auffrischenden Wind vertrieben wurde. Ihre Köpfe hoben sich wie die von Hunden, die Witterung aufgenommen haben, denn sie waren sich der Wirkung, die ihr Anblick haben würde, wohl bewusst.
Ein paar Veteranen hatten den Angriff noch im Morgennebel beginnen wollen, aber Julius erklärte ihnen, dass sie dem Feind vor der letzten Attacke gehörig Angst einjagen wollten, woraufhin sich alle seinen Befehlen ohne Murren gebeugt hatten. Nach drei Wochen vernichtender Überfälle auf das Lager begegneten sie ihrem jungen Kommandeur mit einer Haltung, die an Ehrfurcht grenzte. Er schien jeden Schachzug des Mithridates im Voraus zu kennen und ihm gnadenlos zu begegnen. Wenn Julius sagte, die Zeit für einen letzten offenen Schlag sei gekommen, um die Griechen zu vernichten, dann würden sie ohne ein weiteres Wort mit ihm marschieren.
Julius betrachtete die Zeltreihen mit Interesse und genoss den Augenblick. Er fragte sich, welche der aufgeregt hin und her laufenden Gestalten der König sein mochte, aber er war sich nicht sicher. Als das Licht der Sonne das Tal erleuchtete, überfielen ihn einen Moment lang Zweifel. Auch wenn in den letzten Nächten wieder Hunderte gestorben oder desertiert waren, sah das gegnerische Lager immer noch riesig aus und ließ seine eigene Streitmacht im Vergleich dazu winzig wirken. In Erwartung dessen, was da kommen sollte, bleckte er die Zähne und wischte seine Zweifel beiseite, denn er wusste, wie stark der Gegner wirklich war. Viele der Zelte standen leer.
An jedem Tag des Abwartens war Julius von Unentschlossenheit gequält worden. Gefangen genommene Deserteure hatten von sinkender Moral und schlechter Organisation berichtet. Er wusste alles über ihre Offiziere, ihre Ausrüstung und ihre Kampfeslust. Zu Anfang hatte er sich mit den nächtlichen Angriffen zufrieden gegeben, mit denen er Stücke aus Mithridates’ Armee reißen wollte, bis dieser die Nerven verlor und den Legionen, die von der Küste kamen, in die Arme lief. Aber die Wochen vergingen, und die Griechen machten keinerlei Anstalten, das Lager abzubrechen, während von der römischen Verstärkung weiterhin nichts zu sehen war.
Gegen Anfang der dritten Woche erwog Julius die Möglichkeit, dass die Legionen nicht kommen würden, ehe Mithridates aus seiner passiven Lethargie erwachte und anfing, wie ein richtiger Heerführer zu denken. In dieser Nacht, als griechische Wachposten zu Dutzenden desertierten und, ohne es zu ahnen, nur wenige Fuß entfernt an seinen eigenen Männern vorbeikamen, fing Julius an, Pläne für einen offenen Angriff zu schmieden.
Jetzt bildete der Hauptteil der griechischen Armee zehn Mann tiefe Blöcke, und Julius nickte grimmig, als ihm die Lektionen seines alten Tutors einfielen. So würden sie nicht so viele Schwerter einsetzen können wie seine breit gestaffelte Linie, aber die zehn Reihen würden eine planlose Flucht verhindern, jetzt, da ihnen der Feind, der sie seit Ewigkeiten in der Dunkelheit umgebracht hatte, auf der Ebene gegenüberstand. Das Schlucken tat ihm weh, während er das Gelände genau betrachtete und auf den richtigen Augenblick wartete, um den Befehl zum Angriff zu geben. Er sah, wie ein hoch gewachsener Mann auf ein Pferd sprang und davongaloppierte und sich danach Hunderte von Bogenschützen zu Einheiten formierten. Ihre Pfeile würden die Morgenluft schon bald verdunkeln.
»Das sind tausend Mann«, flüsterte er vor sich hin. Seine Männer hatten jetzt alle Schilde; viele stammten von den Griechen, die sie Nacht für Nacht getötet hatten. Trotzdem würde jede erfolgreiche Salve einige das Leben kosten, selbst wenn sie die Schilde zusammenhielten und darunter Schutz suchten.
»Blas zum Vorrücken – schnell!«, fuhr er den Cornicen an, der ein verbeultes Horn ansetzte und die Doppelnote blies. Die beiden Kohorten setzten sich wie ein Mann in Bewegung, und die griechische Erde dröhnte unter ihrem Gleichschritt. Julius schaute kurz nach rechts und grinste wild, als er sah, wie die Veteranen mitten in der Bewegung die Linie begradigten, beinahe ohne es selbst zu merken. Keiner blieb zurück. Die alten Männer hatten sehnsüchtig auf
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