Imperator 02 - König der Sklaven
ständig auf Wanderschaft zu sein. So ein wurzelloses Leben kann ich nicht begreifen, aber womöglich haben wir hier viel tiefere Wurzeln geschlagen als die meisten anderen.«
Julius ließ den Blick über die grünen Schatten des Waldes wandern, der so viele Erinnerungen barg, und seine Entschlossenheit wurde stärker. Er würde sich zurückholen, was man ihm genommen hatte.
Dann schoss ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf. »Was ist mit Marius’ Haus in der Stadt?«
»Es ist verloren«, antwortete Tubruk, ohne ihn anzusehen. »Es wurde versteigert, nachdem Sulla zum Diktator ernannt wurde. Auf seinen Befehl hin haben sehr viele Grundstücke den Besitzer gewechselt. Crassus hat einen Teil davon gekauft, aber zum größten Teil waren diese Auktionen ein Mummenschanz, bei dem sich Sullas Parteigänger das Beste unter den Nagel gerissen haben.«
»Weißt du, wer jetzt dort wohnt?« Julius’ Stimme klang gepresst vor Zorn.
Tubruk zuckte die Achseln. »Es ging an Antonidus, Sullas Oberbefehlshaber, der aber nur einen Bruchteil seines Wertes dafür bezahlt hat. Wegen seiner Ergebenheit Sulla gegenüber wurde er überall ›Sullas Hund‹ genannt, aber er hat sehr viel Nutzen aus seinem Herrn gezogen.«
Julius ballte langsam die Faust. »Dieses Problem kann ich noch heute lösen, nach der Senatssitzung. Hat dieser Antonidus irgendwelche Soldaten unter seinem Kommando?«
Tubruk runzelte die Stirn, als er begriff, dann zuckte ein Lächeln um seine Mundwinkel. »Ein paar Wachen im Haus. Er besitzt einen Titularrang, den ihm niemand abgesprochen hat, aber er steht mit keiner bestimmten Legion in Verbindung. Du hast die Männer, um ihn hinauszuwerfen, wenn du schnell handelst.«
»Dann werde ich schnell handeln«, erwiderte Julius, wandte sich vom Zaun ab und blickte zurück auf das Anwesen. »Wird meine Mutter inzwischen wach sein?«
»Normalerweise ja. Sie schläft in letzter Zeit nicht sehr viel«, antwortete Tubruk. »Ihre Krankheit ist nicht schlimmer geworden, aber du solltest wissen, dass sie immer schwächer wird.«
Julius musterte den alten Gladiator, dessen Gefühle stets dichter unter der Oberfläche saßen, als er vorgab, mit großer Zuneigung. »Ohne dich wäre sie verloren«, sagte er.
Tubruk sah zur Seite und räusperte sich. Dann machten sie sich auf den Rückweg. Seine fortgesetzten Pflichten Aurelia gegenüber standen nicht zur Diskussion, trotz der Tatsache, dass er in den vorangegangenen paar Monaten immer öfter darüber nachgedacht hatte. Er dachte an sie, wenn er Clodia ansah und sich die Zuneigung eingestehen musste, die völlig überraschend wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Cornelias Amme war eine freundliche Frau, und sie hatte ihm zu verstehen gegeben, dass sie ihm die gleiche stille Liebe entgegenbrachte, die er für sie empfand. Doch da war Aurelia, die versorgt werden musste, und er wusste, dass er sich niemals in ein kleines Haus in der Stadt zurückziehen konnte, solange es diese Verpflichtung in seinem Leben gab, selbst wenn sie Clodia aus der Sklaverei freikaufen konnten, woran er nicht zweifelte. Es hatte keinen Sinn, sich Gedanken um die Zukunft zu machen, überlegte er, als sie sich dem Hof näherten, denn die Zukunft machte sich immer wieder über alle Pläne lustig. Es blieb ihnen nicht viel anderes übrig, als sich so gut wie möglich auf die Wendungen und Veränderungen einzustellen, die sie naturgemäß mit sich brachte.
Octavian erwartete sie am Tor. Julius sah ihn ausdruckslos an und blieb dann erstaunt stehen, als der kleine Junge sich tief vor ihm verneigte.
»Wen haben wir denn da?«, fragte er an Tubruk gewandt und wunderte sich, diesen vor Verlegenheit erröten zu sehen.
»Er heißt Octavian, Herr. Ich habe ihm versprochen, ihn dir vorzustellen, sobald es an der Zeit sei, aber es sieht ganz so aus, als hätte er schon wieder die Geduld verloren.«
Bei diesen strengen Worten wurde Octavian ein wenig blass. Es stimmte, dass er nicht mehr hatte warten können, doch er war nur weniger ungehorsam gewesen, als dass er angenommen hatte, Tubruk hätte seine Meinung geändert, was, wie er fand, etwas völlig anderes war.
»Tubruk kümmert sich um mich«, sagte er stolz zu Julius. »Ich lerne, wie man mit einem Gladius kämpft, wie man reitet und …«
Tubruk gab ihm einen sanften Klaps, der ihn zum Verstummen brachte. Die Verlegenheit des Verwalters wurde noch größer. Er hatte Julius alles erklären wollen, und es war ihm peinlich, dass es ihm jetzt ohne
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