Imperator 02 - König der Sklaven
brechen ihm die Arme, wenn er es wieder tut, und was soll ich dann machen?« Die Tränen schossen ihr in die Augen, und ohne nachzudenken ging Alexandria zu ihr und legte den Arm um sie.
»Lass uns hineingehen. Ich glaube, ich nehme das Zimmer.«
Die Frau richtete sich auf und funkelte sie wütend an.
»Ich brauche keine Almosen. Wir kommen schon zurecht, und der Junge wird es früher oder später auch noch lernen.«
»Das ist kein Almosen. Dein Zimmer war das erste saubere Zimmer, das ich gesehen habe. Außerdem habe ich vor einigen Jahren einmal … für einen Cäsar gearbeitet. Es könnte dieselbe Familie sein. Wir sind also so gut wie verwandt.«
Die Frau zog erneut das Tuch aus dem Ärmel, wo es eine Beule gebildet hatte, und trocknete sich die Augen.
»Hast du Hunger?«, fragte sie und lächelte schon wieder.
Alexandria dachte an das kleine Häufchen Gemüse, das darauf wartete, geschnitten zu werden.
»Danke, aber ich habe schon gegessen. Ich gebe dir die Miete für den ersten Monat, dann gehe ich in meine Unterkunft zurück, um meine Sachen zu holen. Es ist nicht weit.«
Wenn sie sich beeilte und sich bei Tabbic nicht zu lange aufhielt, könnte sie vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück sein. Vielleicht hatten sie sich bis dahin schon etwas Fleisch von ihrem Geld gekauft.
Die Senatoren rutschten ungeduldig auf ihren Sitzen hin und her. Die Sitzung hatte sehr lange gedauert, und viele von ihnen waren so weit, dass sie den Einzelheiten der Diskussionen nicht mehr folgten und einfach nur noch so abstimmten, wie sie es vorher vereinbart hatten.
Als die Schatten des Abends länger wurden, entzündete man die Fackeln mit dünnen Wachskerzen an langen Stangen. Die polierten weißen Marmorwände warfen den Schein der kleinen Flammen zurück, und die Luft füllte sich mit dem sanften Geruch aromatisierten Öls. Viele der dreihundert Senatoren, die sich am Morgen hier versammelt hatten, waren schon gegangen und ließen die letzten Abstimmungen ohne sie stattfinden.
Crassus lächelte still vor sich hin; er hatte sichergestellt, dass seine eigenen Anhänger ausharrten, bis man die Fackeln löschte und der lange Tag mit einem Gebet um die Sicherheit der Stadt offiziell zu Ende ging. Aufmerksam hörte er sich die Liste der Ernennungen an und wartete auf die, die er und Pompeius hinzugefügt hatten, um sie zur Abstimmung zu bringen. Fast gegen seinen Willen wanderte sein Blick zu der Liste der Legionen, die in den weißen Marmor gemeißelt war. An der Stelle, an der die Primigenia gestanden hatte, klaffte eine leere Stelle. Es würde ihm ein besonderes Vergnügen sein, einen weiteren Teil von Sullas Erbe rückgängig zu machen, selbst wenn ihn seine alte Freundin nicht darum gebeten hätte.
Bei diesem Gedanken sah er hinüber zu Cinna, und ihre Blicke trafen sich. Cinna deutete mit dem Kopf auf das Verzeichnis der Legionen und lächelte. Crassus erwiderte das Lächeln und bemerkte, dass das Haar seines Freundes weißer geworden war. Servilia konnte ihm doch unmöglich einen solchen Graukopf vorziehen? Schon der Gedanke an diese Frau brachte sein Blut in Wallung und ließ ihn das Ende eines Vortrags verpassen. Er beobachtete, wie Cinna abstimmte, und hob seine Hand gemeinsam mit ihm.
Weitere Senatoren standen auf, verabschiedeten sich leise und machten sich auf den Weg zu ihren Häusern und Geliebten überall in der Stadt. Crassus sah zu, wie Cato sich mit seinem massigen Körper aus dem Sitz quälte. Er hatte Sulla sehr nahe gestanden, und die kommende Abstimmung zu verpassen würde ihn sehr schmerzen. Crassus versuchte sich die Freude darüber nicht anmerken zu lassen, als Cato, in ein Gespräch vertieft, nahe an ihm vorüberging. Alles würde wesentlich einfacher sein, nachdem Sullas Anhänger gegangen waren, doch auch wenn jeder Sullaner im Haus gewesen wäre, hätten Cinna, Pompeius und er ihr Vorhaben gegen ihren Widerstand durchsetzen können. Dass die Primigenia wieder ins Leben gerufen werden sollte, würde sie fuchsteufelswild machen. Wenn er Servilia das nächste Mal sah, musste er sich bei ihr für die Idee bedanken. Vielleicht war auch ein kleines Geschenk zum Zeichen seiner Dankbarkeit angebracht.
Pompeius erhob sich, um eine Frage zu beantworten, die den neuen Befehlshaber einer Legion in Griechenland betraf. Er sprach mit überzeugender Zuversicht von den neuen Namen und empfahl sie dem Senat. Crassus hatte von einem erneuten Aufstand gehört, und die Verluste bedeuteten Chancen für die
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