Imperator 02 - König der Sklaven
dorthin zurückbringen, wohin es gehört.«
Alexandria stand zwischen Atia und der Tür, deshalb trat sie hinaus auf die Straße, um sie durchzulassen. Eine Gruppe recht bedrohlich aussehender Jungen lungerte vor der Tür herum. Sie lachten, als sie den kleinen Kerl um seine Mutter herumspringen sahen. Einer von ihnen streckte die Hand aus, und die Koteletts landeten ohne ein Wort klatschend in seiner Handfläche.
»Er ist schnell, Frau. Das muss ich ihm lassen. Der alte Tedus lässt dir ausrichten, dass er beim nächsten Mal die Wache holt, wenn dein Bengel noch einmal klaut.«
»Das ist nicht nötig«, fuhr Atia ihn wütend an und wischte sich das Blut mit einem Lappen von den Händen, den sie aus dem Ärmel zog. »Sag Tedus, er hat immer alles zurückgekriegt, was ihm entwendet wurde, und wenn er die Wache holt, sage ich allen, dass sie nicht mehr in seinem Laden einkaufen sollen. Meinen Sohn bestrafe ich schon selbst, vielen Dank.«
»Man sieht ja, wohin das führt«, sagte der ältere Junge hämisch grinsend.
Atia hob die Hand, und er wich unter schallendem Gelächter zurück. Mit dem Finger zeigte er auf die gedemütigte Gestalt, die immer noch an ihrem Rockzipfel hing.
»Wenn ich deinen kleinen Thurinus noch mal in der Nähe des Ladens entdecke, verpasse ich ihm selber eine Tracht Prügel. Das wirst du schon sehen.«
Atia schoss die Zornesröte ins Gesicht, und sie machte einen Schritt auf die Jungen zu, die das zum Vorwand nahmen, um auseinander zu stieben und davonzurennen, wobei sie sie lauthals beschimpften.
Alexandria stand neben dem Paar und fragte sich, ob sie einfach gehen sollte. Die Szene, die sie miterlebt hatte, ging sie nichts an, aber es interessierte sie doch, was jetzt, da seine Mutter mit ihm allein war, mit dem Lausbuben geschehen würde.
Der kleine Junge schniefte und rieb sich behutsam die Nase.
»Tut mir Leid, Mama. Ich dachte, du würdest dich freuen. Ich habe nicht gedacht, dass sie mich bis nach Hause verfolgen.«
»Du denkst nie. Wenn dein Vater noch lebte, würde er sich für dich schämen, Junge. Er würde dir sagen, dass wir niemals lügen und niemals stehlen. Dann würde er dir mit dem Riemen ordentlich den Hintern versohlen, und das sollte ich eigentlich auch tun.«
Der Junge versuchte ihr zu entkommen und trat nach ihr, doch sie hielt ihn am Arm fest.
»Er war ein Geldwechsler. Du hast gesagt, das sind alles Diebe, also muss er auch einer gewesen sein.«
»Untersteh dich, so etwas zu sagen!«, herrschte Atia ihn mit bleichen Lippen an. Ohne eine Antwort abzuwarten, legte sie den Jungen übers Knie und schlug sechsmal fest zu. Während der ersten drei Schläge wehrte er sich, den Rest ließ er still über sich ergehen. Als sie ihn losließ, sauste er um die beiden Frauen herum, schoss die Straße hinab und verschwand um die nächste Ecke.
Atia seufzte, als sie ihm nachblickte. Alexandria faltete nervös die Hände. Es war ihr peinlich, einen so vertraulichen Augenblick miterlebt zu haben. Plötzlich schien sich Atia an sie zu erinnern und errötete, als sie sie ansah.
»Es tut mir Leid. Es stiehlt andauernd. Allem Anschein nach gelingt es mir nicht, ihm beizubringen, dass man das nicht tut. Er wird immer dabei erwischt, aber eine Woche später versucht er es wieder.«
»Heißt er Thurinus?«, fragte Alexandria.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein. Die nennen ihn nur so, weil er mit seiner Familie aus Thurin hier in die Stadt gezogen ist. Sie wollen ihn damit ärgern, aber ihm scheint es zu gefallen. Sein richtiger Name ist Octavian, nach seinem Vater. Ein schrecklicher Junge. Erst neun Jahre alt, aber schon mehr auf den Straßen zu Hause als hier in der Wohnung. Ich mache mir große Sorgen um ihn.« Sie blickte Alexandria an, musterte ihre Kleidung und die Brosche.
»Ich sollte dich nicht mit unseren Problemen belästigen. Wir könnten die Miete für das Zimmer gut gebrauchen, das gebe ich gerne zu. Er würde dir nichts stehlen, und wenn er es täte, würde ich es dir sofort zurückgeben, bei meiner Familienehre. Man sieht es ihm nicht an, aber in seinen Adern fließt gutes Blut, das der Octavii und der Cäsar, wenn ihm das bloß mal klar werden würde.«
»Der Cäsar?«, fragte Alexandria barsch.
Die Frau nickte.
»Seine Großmutter war eine Cäsar, ehe sie in meine Familie einheiratete. Zweifelsohne würde sie weinen, wenn sie sehen könnte, wie er bei einem keine drei Straßen weit entfernten Metzger stiehlt. Ich meine, die kennen ihn dort doch! Die
Weitere Kostenlose Bücher