Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
trotzdem eingesehen, dass er davon profitieren würde, mit mir zu üben.«
»Alles gelogen!«, rief Brutus lachend. »Im Vorbeigehen habe ich ihn gefragt, ob er vielleicht Lust hat, zu der neuen Legion zu stoßen, und vor Begeisterung hat er mir fast den Arm abgerissen. Julius musste ein Vermögen an den Legaten zahlen, um ihn auszulösen, und wir warten immer noch alle auf den Nachweis, dass er es überhaupt wert war.«
Domitius wartete geduldig, bis Brutus seinen Becher ansetzte, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
»In meiner Generation bin ich der Beste, musst du wissen«, erklärte er Servilia und grinste, weil Brutus sich verschluckte, rot anlief und beinahe zu ersticken drohte.
Das Geräusch von Schritten ließ sie alle aufsehen, dann erhoben sich die Männer alle zugleich, um Julius zu begrüßen. Er nahm seinen Platz am Kopf der Tafel ein und bedeutete ihnen, sich wieder zu setzen. Die Diener brachten frische Teller, und Brutus goss ihm einen Becher Wein ein. Er lächelte, als Julius, von der Qualität des Weines überrascht, anerkennend eine Augenbraue hochzog.
Die Unterhaltung wurde wieder aufgenommen, und während sie dem Geplauder um sich herum lauschte, fing Servilia Julius’ Blick auf und neigte leicht den Kopf. Er erwiderte ihre Geste und akzeptierte sie damit in ihrer Runde. Erleichtert seufzte sie kaum hörbar auf. Ihre innere Anspannung war ihr selbst gar nicht bewusst gewesen.
Julius umgab eine merkwürdige Autorität, an die sie sich nicht erinnern konnte. Er stimmte nicht in das allgemeine Gelächter mit ein, sondern lächelte bestenfalls bei den besonders lauten Lachsalven. Servilia bemerkte, dass er den guten Wein mit Missachtung strafte. Wie Wasser spülte er ihn hinunter, wobei der Alkohol überhaupt keine Wirkung auf ihn zu haben schien. Nur eine leichte Röte überzog sein Gesicht, die genauso gut von der Hitze des Abends herrühren konnte.
Die gelöste Stimmung am Tisch war schnell wiederhergestellt. Die Kameradschaft zwischen den Männern war ansteckend, und nach einer Weile beteiligte sich auch Servilia an ihren Geschichten und Scherzen. Cabera flirtete heftig mit ihr. Er zwinkerte ihr in den unpassendsten Augenblicken übertrieben zu, und Servilia prustete vergnügt. Als sie wieder einmal laut auflachen musste, fing sie Julius’ Blick auf, und einen Moment lang blieb die Zeit stehen. Eine andere, tiefgreifendere Wirklichkeit schien weit über die lebhafte Oberflächlichkeit des gemeinsamen Mahles hinauszudeuten.
Julius beobachtete sie. Der Effekt, den sie auf die sonst oft so düstere und gedrückte Stimmung in der Gemeinschaft der Männer hatte, überraschte ihn sehr. Sie lachte offen und ohne jede Affektiertheit, und er fragte sich, wie er sie je anders als wunderschön hatte finden können. Ihre Haut war tief gebräunt und voller Sommersprossen, Nase und Kinn waren ein wenig zu ausgeprägt, trotzdem besaß sie mehr als nur dieses gewisse Etwas. Sein Verstand registrierte wohl, wie sie ihre Aufmerksamkeit immer demjenigen zuwandte, der gerade sprach. Sie schmeichelte den Männern einfach durch die Aufmerksamkeit, die sie ihnen schenkte. Servilia war eine Frau, die Männer mochte, und die Männer spürten das. Erstaunt über sich selbst, schüttelte Julius den Kopf. Seine Reaktion auf sie missfiel ihm irgendwie, dabei war Servilia so ganz anders als Cornelia, dass es ihm gar nicht erst in den Sinn kam, sie mit ihr zu vergleichen.
Seit sehr langer Zeit schon war er nicht mehr in der Gesellschaft einer Frau gewesen. Und wenn es überhaupt einmal geschehen war, dann nur, weil Brutus ihn so betrunken gemacht hatte, dass ihm sowieso alles egal gewesen war. Servilia so anzusehen erinnerte ihn wieder an die Welt außerhalb der rauen Soldatenzusammenkünfte. Ihr gegenüber kam er sich unbeholfen vor, außer Übung. Er sollte wohl lieber auf Abstand bedacht sein, schoss es ihm durch den Kopf. Eine Frau mit ihrer Erfahrung könnte ihn durchaus bei lebendigem Leibe auffressen.
Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verscheuchen. Seine Schwäche für sie irritierte ihn. Seit Monaten war sie die erste Frau, die mit ihnen zu Tisch saß, und er reagierte darauf kaum weltgewandter als Octavian. Allerdings hoffte er, dass man ihm seine Gedanken nicht ganz so offensichtlich ansah. Falls doch, würde Brutus ihn bis ans Ende seiner Tage damit aufziehen. Mit einem leichten Schaudern dachte er schon jetzt an die Sprüche, die ihm Brutus auftischen würde, und schob entschlossen seinen
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