Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
brüllte er, um den Wind zu übertönen. Obwohl sein Magen leer war, ließen die schmerzhaften Würgekrämpfe keineswegs nach, und der bittere Geschmack im Mund ließ ihn aufstöhnen.
Die Wolken waren vom Osten herangeweht, als die spanischen Gebirge gerade hinter ihnen am Horizont versanken. Der Schiffskonvoi hatte sich schon vor dem Sturm getrennt, weil sie zwangsläufig nicht miteinander Schritt halten konnten. Die mit Rudern bestückten Schiffe schienen den Kurs einigermaßen zu halten, obwohl das starke Schwanken die langen Ruderblätter abwechselnd auf der einen oder anderen Seite komplett aus dem Wasser hob. Die Händler, die auf ihre Segel angewiesen waren, zogen Treibanker hinter sich her. Die großen Bündel aus Segeltuch und Spieren sollten die Geschwindigkeit drosseln helfen und den schweren Rudern etwas Gegengewicht bieten, aber es nützte so gut wie nichts. Durch das Unwetter brach die Dunkelheit viel eher herein, woraufhin auch der Sichtkontakt zueinander verloren ging. Jetzt kämpfte jedes Schiff allein gegen die Wellen an.
Brutus stand zitternd am Heck, als die nächste Sturmböe eine große weiße Welle über die Reling spülte. Eisern umklammerte er die Streben, als ihm das Wasser um die Knie spülte und dann wieder ablief. Die Ruder klatschten und schlitterten haltlos auf den Wasserbergen umher, und Brutus fragte sich, ob das Schiff womöglich mit einem plötzlichen lauten Krachen irgendwo an Land gespült werden und zerbersten würde. Die schwarze Dunkelheit um sie herum war undurchdringlich, und obwohl Ciro nur ein paar Schritte neben ihm stand, konnte er dessen massige Gestalt kaum erkennen. Brutus hörte den großen Mann leise ächzen und schloss die Augen. Das alles sollte einfach nur aufhören. Alles war in bester Ordnung gewesen, bis sie aus dem Schutz der Küste herausgekommen waren, die gewaltigen Wellen der offenen See das Schiff von einer Seite zur anderen geworfen hatten und die Übelkeit von ihm Besitz ergriffen hatte. Zuerst hatte er nur rülpsen müssen, dann hatte er den plötzlichen Drang verspürt, rasch an die Reling zu eilen. Er wusste, dass es besser war, sich über das Heck zu übergeben. Die Männer unten verfügten nicht über diesen Luxus. So dicht gedrängt wie sie da unten in den Laderäumen hockten, musste es dort wahrlich albtraumhaft zugehen.
Mit den wenigen Gedanken, die sich mit etwas anderem als der Übelkeit beschäftigen konnten, wurde er sich dessen bewusst, dass sie zumindest für ein oder zwei Tage vor Ostia vor Anker liegen mussten. Die würden sie auch brauchen, um das Schiff zu reinigen und den Glanz der Zehnten wieder einigermaßen herzustellen. Wenn sie in diesem Zustand in den Hafen einliefen, mussten die Dockarbeiter glauben, sie seien gerade aus einer entsetzlichen Schlacht entkommen.
Brutus vernahm Schritte hinter sich. »Wer ist da?«, fragte er und streckte den Kopf vor, um die Gesichtszüge des Mannes besser zu sehen.
»Julius«, hörte er eine muntere Stimme hinter sich. »Ich habe hier etwas Wasser für dich. Dann hast du wenigstens etwas im Magen, womit du dich übergeben kannst.«
Brutus lächelte schwach, nahm aber dankbar den Wasserschlauch entgegen und presste den Mund an die bronzene Trinköffnung. Er spülte sich den Mund und spuckte dann aus, bevor er ein wenig Wasser durch seine Kehle laufen ließ. Dann nahm ihm Ciro den Wasserschlauch aus den Händen und schluckte ebenfalls gierig.
Brutus wusste, dass er eigentlich nach den Männern unten fragen sollte, oder nach dem Kurs, den sie einschlugen, um zwischen Sardinien und Korsika hindurchzusegeln, doch er konnte sich einfach nicht dazu aufraffen. Vor Übelkeit war sein Kopf ganz schwer geworden, und er konnte nur entschuldigend die Hand in Julius’ Richtung heben, bevor er schon wieder über der Reling hing. Wenn er sich nicht übergab, war es eigentlich noch schlimmer. Dann konnte er rein gar nichts tun, als sich der Übelkeit zu ergeben.
Als das Schiff sich plötzlich in einem Furcht erregenden Winkel zur Seite neigte, taumelten sie alle drei, und unten im Laderaum fiel etwas klirrend zu Boden. Julius’ Füße verloren auf dem schlüpfrigen Deck den Halt, aber Ciros Arm rettete ihn. Dankbar nickend holte er pfeifend Luft.
»Das habe ich vermisst«, sagte er ausgelassen zu den beiden anderen. »Im Dunkeln herumzutorkeln und weit und breit kein Land in Sicht.« Er beugte sich zu Ciro.
»Morgen hast du mit mir zusammen Spätwache. Wenn der Sturm erst einmal abgeflaut ist, werden
Weitere Kostenlose Bücher