Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
jeden Abend mit einer Salbe massiert werden, damit es am nächsten Morgen wieder sein Gewicht trug.
Über ihnen prasselte der Regen auf die Dächer der Häuser, in denen sich Menschen drängten, die genau wussten, warum man in der Dunkelheit nicht durch die Straßen ging. Alexandria riskierte einen Blick nach hinten, konnte aber nichts erkennen und bereute es sofort wieder. Wut stieg in ihr auf. Die Senatsmitglieder mussten nicht solche Ängste ausstehen wie sie. Sie verließen das Haus nie ohne bewaffnete Wachen, und die Raptores gingen ihnen tunlichst aus dem Weg, weil sie sofort erkannten, wer ihnen gefährlich werden konnte. Die Armen hingegen waren ihnen schutzlos ausgeliefert, und selbst am helllichten Tag ereigneten sich in den Straßen Überfälle und Auseinandersetzungen, bei denen nicht selten ein oder zwei Tote zurückblieben. Die Täter gingen dann ganz einfach steifbeinig davon, weil sie wussten, dass sie nicht verhaftet, geschweige denn überhaupt erst verfolgt wurden.
»Wir sind fast da, Mädchen«, sagte Teddus noch einmal. Dieses Mal meinte er es auch so.
Sie hörte die Erleichterung in seiner Stimme und fragte sich, was wohl geschehen wäre, wenn die Bande ebenfalls ihre Messer gezückt hätte. Wäre er für sie gestorben oder hätte er sie der Willkür der Räuber überlassen? Das konnte niemand wissen, aber in Gedanken überschlug sie die Kosten für eine dritte Wache. Doch wer sollte dann den Neuen überwachen?
Nach zwei weiteren Straßenecken hatten sie ihre Straße endlich erreicht. Die Häuser waren zwar größer als in dem Labyrinth, durch das sie gerade gekommen waren, aber das zähflüssige Schmutzrinnsal war hier durch den Regen noch weiter angewachsen. Als ihr etwas von der braunen Brühe unter der Stola bis ans Knie hochspritzte, verzog sie das Gesicht. Schon wieder ein paar Sandalen ruiniert. Das Leder würde diesen üblen Geruch niemals wieder verlieren, egal wie oft sie es auch einweichte.
Leise ächzend vor Schmerzen erreichte Teddus die Haustür als Erster und pochte an. Sie warteten schweigend, und die beiden Männer hielten nach links und rechts Ausschau, für den Fall, dass jemand darauf lauerte, hinter ihnen ins Haus hineinzustürmen. Nur ein paar Nächte zuvor war jemandem in einer nicht weit entfernten Straße genau das passiert. Und niemand hatte es gewagt, das eigene Haus zu verlassen und zu Hilfe zu eilen.
Alexandria hörte, wie sich von innen Schritte der Tür näherten.
»Wer ist da?«, hörte sie Atias Stimme, und Alexandria seufzte erleichtert, weil sie endlich zu Hause war. Sie kannte die Frau schon seit Jahren, und obwohl sie nur bei ihr im Haus lebte und für sie kochte, war sie für Alexandria in ganz Rom doch das, was einer Familie am nächsten kam.
»Ich bin’s, Ati«, antwortete sie.
Ein Lichtstrahl fiel hinaus auf die Straße, als sich die Tür öffnete, und sie schoben sich schnell hinein. Teddus wartete, bis sie von der Straße ins Haus getreten war, bevor er ihr folgte. Sorgfältig schob er den Riegel wieder vor, steckte schließlich sein Messer in die Scheide zurück, und erst dann fiel die Anspannung auch von ihm ab.
»Vielen Dank euch beiden«, sagte Alexandria.
Der Sohn sagte kein Wort, aber Teddus brummelte eine Antwort und tätschelte, wie um sicherzugehen, die dicke solide Außentür. »Dafür werden wir ja schließlich bezahlt«, sagte er.
Sie sah, dass er das schwache Bein ein wenig vom Boden angehoben und das Gewicht ganz auf das andere verlagert hatte. Mitfühlend sah sie ihn an. Es gab sehr unterschiedliche Arten von Mut.
»Ich bringe dir etwas Heißes zu trinken, sobald du dein Bein versorgt hast«, sagte sie.
Zu ihrer Überraschung wurde er rot. »Nicht nötig, Herrin. Ich und der Junge, wir kümmern uns schon um uns. Später vielleicht.«
Alexandria nickte, fragte sich jedoch, ob sie nicht vielleicht darauf hätte bestehen sollen. Teddus schien alles, was wie ein Freundschaftsangebot aussah, irgendwie unangenehm zu sein. Allem Anschein nach wollte er nichts weiter von ihr als regelmäßige Bezahlung, und sie hatte seine Reserviertheit bisher immer akzeptiert. Heute Abend jedoch war sie noch viel zu aufgewühlt und brauchte Menschen um sich herum.
»Ihr müsst doch Hunger haben. In der Küche steht noch kaltes Rindfleisch. Wenn du soweit bist, würde ich mich freuen, wenn ihr uns Gesellschaft leistet.«
Atia trat nervös von einem Fuß auf den anderen, und Teddus starrte einen Moment lang mit gerunzelter Stirn auf den
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