Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
Irgendwo vor ihnen lag Rom, und er fühlte sich so lebendig wie seit Jahren nicht mehr.
Der Regen strömte aus dem pechschwarzen Himmel über der Stadt. Obwohl Alexandria sich mit ihren beiden Wachen eigentlich hätte sicher fühlen müssen, fürchtete sie sich, weil die Nacht der dunklen Regenwolken wegen so früh hereinbrach. Ohne die Sonne leerten sich die Straßen rasch, die Familien verriegelten ihre Türen und zündeten die Abendlampen an. Das Straßenpflaster versank in einem zäh dahinfließenden Rinnsal aus Schmutz und Unrat, das ihre Füße umspülte und an ihnen kleben blieb. Beinahe wäre Alexandria auf einem verborgenen Pflasterstein ausgerutscht, und bei dem Gedanken, sich auch noch die Hände mit dem Zeug zu beschmutzen, verzog sie angewidert das Gesicht.
Die Straßen waren unbeleuchtet, und jede dunkle Gestalt, die einem entgegenkam, wirkte unweigerlich bedrohlich. Die Banden der Raptores hielten sicher Ausschau nach leichter Beute, die sie schänden oder ausrauben konnten, und Alexandria hoffte inständig, Teddus und sein Sohn würden sie einschüchtern.
»Halte dich dicht bei uns, Mädchen. Es dauert nicht mehr lange«, sagte Teddus, der vor ihr ging.
Wie er da so vor ihr herhumpelte, konnte sie zwar kaum seine Gestalt ausmachen, aber der beruhigende Klang seiner Stimme lenkte sie ein wenig von ihrer Furcht ab.
Der Wind trug in einem plötzlichen, süßlich-faulen Schwall den Geruch nach menschlichen Exkrementen heran, und Alexandria schluckte heftig, weil sie der Gestank zum Würgen brachte. Es war nicht leicht, keine Angst zu haben. Teddus war schon weit über seine besten Jahre hinaus, und von einer alten Beinverletzung hatte er diesen schwankenden, beinahe schon komischen Gang zurückbehalten. Sein mürrischer Sohn sprach fast nie ein Wort, und sie wusste nicht, ob sie ihm trauen konnte.
Auf dem Weg durch die verlassenen Straßen hörte Alexandria, wie die Türen, an denen sie vorbeigingen, von innen knarrend verriegelt wurden. Alle Familien trafen ihre Sicherheitsvorkehrungen. Die ehrbaren Bürger Roms hatten keinerlei Schutz vor den Räuberbanden, und nur wer sich Leibwächter leisten konnte, traute sich nach Einbruch der Dunkelheit noch auf die Straße.
An einer Straßenecke vor ihnen tauchte plötzlich eine Gruppe vermummter Gestalten auf, dunkle Schatten, die sie misstrauisch beäugten. Alexandria fing an zu zittern und hörte, wie Teddus sein Jagdmesser zog. Sie mussten entweder die Straßenseite wechseln oder direkt durch die Gruppe hindurchgehen, und Alexandria kämpfte gegen den Impuls an, einfach wegzurennen. Sie wusste, dass sie sterben würde, wenn sie sich von ihren Wachen entfernte. Nur dieser Gedanke ließ sie so gefasst wie möglich weiter auf die Straßenecke zumarschieren. Teddus’ Sohn ging jetzt direkt neben ihr und streifte ihren Arm, aber diese Berührung beruhigte sie keineswegs.
»Wir sind fast zu Hause«, sagte Teddus laut und deutlich, und das eigentlich mehr zu den Männern an der Straßenecke als zu Alexandria, die das ebenso gut wusste wie er. Er klang unbesorgt und hielt sein langes Messer dicht an der Seite, während sie an den düsteren Gestalten vorbeigingen. Es war viel zu dunkel, um ihre Gesichter zu erkennen, aber Alexandria roch nasse Wolle und einen unangenehmen Knoblauchgeruch. Als einer der Schatten sie an der Schulter anstieß, blieb ihr fast das Herz stehen. Sie stolperte. Teddus’ Sohn führte sie mit seiner Schwerthand weiter und zeigte den Männern dabei unmissverständlich seine Klinge. Die Kerle blieben wie angewurzelt stehen, und Alexandria spürte ihre starren, drohenden Blicke auf sich, als liege der Augenblick auf einer Waagschale. Nur ein kleiner Ausrutscher, und sie würden angreifen, dessen war sie sich sicher. Ihr Herz schlug immer schneller.
Dann waren sie endlich an ihnen vorbei. Teddus nahm sie fest beim Arm, und auf ihrer anderen Seite ging sein Sohn.
»Dreh dich ja nicht nach ihnen um, Mädchen«, flüsterte Teddus leise.
Sie nickte nur, obwohl sie wusste, dass er sie nicht sehen konnte. Folgten ihnen die Männer? Schlichen sie ihnen etwa hinterher wie wilde Hunde? Sie hätte gern einen Blick nach hinten geworfen, doch Teddus zog sie unerbittlich weiter durch die Straßen, immer weiter weg von dieser Ecke. Sein Humpeln wurde stärker, und sein Atem ging mühevoll und stoßweise, als sie die Straßenkreuzung endlich in sicherer Entfernung hinter sich gelassen hatten. Er sprach zwar nie darüber, aber sein rechtes Bein musste
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