Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Wein und reichte den Schlauch hinüber.
»Dein Leben liegt in Cäsars Händen, das hat er dir oft genug gesagt. Wenn du jetzt gegen ihn Stellung beziehst, wird er ganz sicher nicht noch einmal Gnade walten lassen.«
»Aber meine Pflicht liegt bei Pompeius«, erwiderte Seneca.
Ahenobarbus sah ihn an und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Deine Ehre ist natürlich deine Sache. Wirst du deinen Eid Cäsar gegenüber brechen?«
»Ein Schwur gegenüber dem Feind bindet mich nicht, Herr.«
»Aber mich, mein Junge, lass dir das gesagt sein. Vielleicht willst du ja noch einmal darüber nachdenken, auf wessen Seite du lieber stehen möchtest. Wenn du zu Pompeius gehst, schneidet dir Cäsar die Eier ab.«
Rot vor Zorn stand Seneca auf. »So wie er dir die deinen abgeschnitten hat, Herr?«, fragte er wütend.
Ahenobarbus schlug krachend mit der Faust auf den Tisch, von dem eine Staubwolke aufstieg. »Wäre es dir denn lieber, er hätte uns alle getötet? Pompeius hätte das getan! Cäsar hat gesagt, er sei gekommen, um Recht und Ordnung wiederherzustellen, und genau das hat er getan, indem er unserem Schwur Glauben schenkte und uns ungestraft gehen ließ, Seneca. Ja, er hat mich beeindruckt, Junge. Und wenn du nicht ständig an deine nächste Beförderung denken würdest, könntest du auch verstehen, warum.«
»Ich sehe sehr wohl, dass er dich beeindruckt hat. So beeindruckt, dass du die Treue vergisst, die du dem Senat und dem Diktator schuldest.«
»Halt mir keine Vorträge, Junge!«, schnappte Ahenobarbus wütend. »Nimm endlich einmal die Nase aus deinen Büchern und sieh, was um dich herum geschieht. Die Wölfe sind los, begreifst du das? Und zwar seit Cäsar gen Süden vorgerückt ist. Glaubst du denn wirklich, Pompeius interessiert deine Gefolgschaftstreue? Dein ehrenwerter Senat würde dich, ohne mit der Wimper zu zucken, für einen Krug Wein über die Klinge springen lassen, wenn er Durst hat.«
Die beiden Männer starrten einander keuchend an, die Stille zwischen ihnen war bis zum Zerreißen gespannt.
»Ich habe mich immer gefragt, warum man einem Mann deines Alters nicht mehr als das Kommando über einen Straßenposten gegeben hat«, sagte Seneca schließlich steif. »Jetzt verstehe ich es! Doch, ich halte jedem römischen Soldaten Vorträge, der sein Leben nicht in die Hände seiner Vorgesetzten legt, denn ich erwarte das Gleiche auch von meinen Untergebenen. Ich werde das hier nicht aussitzen, Ahenobarbus, denn so etwas nenne ich Feigheit.«
Seine Verachtung sprach aus jedem Zug seines jungen Gesichts, und Ahenobarbus war plötzlich viel zu müde, um dieses Streitgespräch fortzuführen.
»Dann werde ich ein wenig Wein auf dein Grab gießen, wenn ich es finde. Mehr kann ich dir leider nicht anbieten.«
Seneca drehte sich um und verließ grußlos den Raum. Seine Schritte zeichneten sich deutlich im Staub auf dem Boden ab. Ahenobarbus schnaubte verächtlich, hob den Weinschlauch und nahm einen tiefen Zug.
Kurz darauf betrat ein Fremder den Raum und sah ihn gedankenverloren mit dem Finger im Staub auf dem Tisch malen.
»Herr? Mein Herr schickt mich, um zu fragen, ob du Nachrichten für ihn hast«, sagte der Mann ohne lange Vorrede.
Ahenobarbus schaute auf zu ihm. »Wer ist denn noch übrig, der irgendjemanden irgendwohin schicken könnte? Ich dachte, der Senat sei vollzählig mit Pompeius abgezogen.«
Der Mann wirkte betreten, und jetzt erst wurde Ahenobarbus bewusst, dass er den Namen seines Herrn gar nicht genannt hatte.
»Einige der Senatsmitglieder sahen keine Veranlassung zur Abreise, Herr. Mein Herr ist einer von ihnen.«
Ahenobarbus grinste. »Dann rennst du jetzt besser zurück und sagst ihm, Cäsar kommt. Er ist nicht mehr als zwei oder drei Stunden hinter mir. Cäsar bringt die Republik zurück, mein Junge, und ich würde mich ihm auf keinen Fall in den Weg stellen.«
4
Die Extraordinarii standen vor ihren Pferden und stemmten sich gegen die riesigen Flügel des Quirinal-Tores im Norden der Stadt. Das Tor war unverriegelt, und auf den Mauern standen keine Soldaten, die ihnen den Eintritt verwehrt hätten. Jetzt, da der Moment gekommen war, lag Schweigen über der Stadt. Die Straßen hinter dem Tor waren menschenleer. Die gallischen Reiter sahen einander viel sagend an, denn sie spürten die Blicke aus dem Verborgenen.
Der schwere Marschschritt der vier Legionen glich dumpfem Donnergrollen. Die Extraordinarii spürten die Vibrationen unter ihren Füßen, Staub schimmerte in den
Weitere Kostenlose Bücher