Imperator 04 - Die Götter des Krieges
unerträglich heiß wurde, ließ sich Julius von Sosigenes Geschichten erzählen. Er ließ sich in den alten Legenden versinken, bis er das Gefühl hatte, ein Teil der vorüberziehenden Landschaft zu sein, ein Teil ihrer Zukunft.
In der Kühle vor Tagesanbruch wurde Kleopatra von ihren Sklaven gebadet und angekleidet, ihre Augen wurden mit schwarzem Kajal bemalt, dessen Linien sich in den Augenwinkeln nach oben zogen. Julius lag nackt da, auf einen Ellbogen gestützt, und sah dem Ritual zu. Er fühlte sich in der Gesellschaft der Sklavenmädchen nicht mehr unwohl, auch wenn er Kleopatras Angebot, sich von ihnen ein wenig intimer verwöhnen zu lassen, dankend abgelehnt hatte. Dabei hielt er sie keineswegs für abgeneigt. Genau genommen hatte das Mädchen, das seine Königin ankleidete, sein Interesse bereits bekundet, als es ihn auf dem Deck mit feuchten Tüchern abgerieben hatte. Das kühle Wasser war mehr über ihre vollen Brüste gelaufen als über seinen eigenen Körper, und angesichts seiner Reaktion hatte sie fröhlich gelacht und ihn geneckt. Vielleicht lag es an der Hitze oder an der Anwesenheit der halb nackten Sklaven, aber er fühlte sich durch die Tage auf dem Nil wie erotisch aufgeladen, erfrischt von den Badepausen an den Stellen, an denen das Wasser klar war, von kundigen Händen eingeölt und so gut gefüttert wie ein Zuchtbulle. Träge fuhr er sich mit der Hand über den Bauch und befühlte die Muskeln. Das träumerische Leben hier war wie Wasser für eine nach den langen Jahren des Krieges ausgetrocknete Seele. Doch selbst dort wusste er bei jeder aufgehenden Sonne, dass er nicht für ewig bleiben konnte. Der Drang, etwas zu tun, lauerte stets in seinem Hinterkopf und wurde täglich drängender. Rom erwartete ihn, und es fiel ihm immer schwerer, dem Ruf zu widerstehen.
Er sah die Wölbung des Kindes, das sie gebären würde. Wie verzaubert lag er da, bis sie vor seinen Blicken von einem Tuch verborgen wurde, das so dünn war, dass er die Umrisse von Kleopatras Beinen hindurchsehen konnte. Als sie auf ihn herabschaute, hob sie lächelnd die Augenbrauen.
»Willst du nackt zwischen den Leuten umhergehen?«, fragte sie mit zärtlicher Stimme.
Julius lachte leise. »Ich habe dich beobachtet und mir gedacht, dass ich gleich in irgendeinem Zelt aufwache, die Schlachthörner losröhren und meine Offiziere zum allerletzten Angriff brüllen.«
Bei seinen letzten Worten verging ihr Lächeln. Sie hatte ihn zu oft im Schlaf aufschreien hören, hatte beim Aufwachen gesehen, wie sein Gesicht vor Schmerz und Wut verzerrt war. Er erinnerte sich nicht an seine Träume, oder zumindest schienen sie ihn tagsüber nicht zu peinigen. Ihre Blicke wanderten über die Narben auf seinem Körper, und sie schüttelte den Kopf.
»Zieh dich an, Cäsar«, sagte sie, »ich zeige dir etwas Neues.«
Er öffnete den Mund und wollte etwas fragen, doch sie legte ihm die Hand auf die Lippen und ließ ihn dann allein, damit er sich von ihren Sklavinnen mit den munteren Augen anziehen ließ. Mit einem Seufzer erhob er sich und winkte ihnen, damit sie ihm sein leichtestes Gewand brachten.
Als er an Deck erschien, sah er, dass die Barkasse sich dem Ufer näherte. Eine Stadt wie viele andere reichte bis ans Wasser, ein kleiner Holzsteg schob sich ein Stück in die braunen Fluten. Rotgänse flogen schnatternd über sie hinweg, und er sah, dass die Planken mit frischen Binsen in einen Pfad verwandelt worden waren, der vom Fluss wegführte. Hunderte von Menschen säumten das Ufer in grellbunten Kleidern, und alle Augen schienen auf ihn gerichtet zu sein. Julius starrte unbehaglich zurück, und die Rudermannschaft manövrierte das Schiff an den Kai. Eine Plattform, die breit genug war, um eine Reihe Legionäre aufzunehmen, wurde seitlich angelegt. Sie endete in dem sauberen Binsenpfad.
Kleopatra trat zu der Plattform, und die Menschen knieten im Uferschlamm nieder und neigten die Köpfe tief hinab, als sie das Land betrat. An den Rändern der Menge wurden Trommeln laut, und als sie sich zu Julius umdrehte, sah er in die kalten Züge, die die Armee in Alexandria befehligt hatten. Er hatte sich auf der Flussreise abgewöhnt, ein Schwert zu tragen, und jetzt zuckten seine Finger ins Leere. Dann folgte er ihr. Seine Sandalen knirschten auf den Binsen, und als er sie erreicht hatte, drehte sie sich wieder um und lächelte ihn an.
»Ich wollte, dass du das hier siehst«, sagte sie.
Ihre zehn Leibwächter traten hinter ihnen auf den wackligen
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