Imperator 04 - Die Götter des Krieges
er in Gallien gekannt hatte, hätte sich über die Haltung, die sich in dem erhabenen Senat breit gemacht hatte, empört. Er hätte ihm seine Würde zurückgegeben, und wenn es nur um der alten Traditionen willen gewesen wäre.
Marcus Antonius holte tief Luft und kniff sich fest in den Nasenrücken. Er hoffte inniglich, dass der Mann, den er einmal gekannt hatte, bald wieder an die Oberfläche kommen würde. Natürlich war Julius bei seiner Rückkehr ein bisschen verrückt geworden. Der Erfolg nach dem Bürgerkrieg und sein neugeborener Sohn hatten ihn trunken gemacht. Er war von einem entbehrungsreichen Leben in eine Stadt geworfen worden, die ihm wie einem Gott huldigte. Es hatte ihm den Kopf verdreht, aber Marcus Antonius erinnerte sich an Julius zu Zeiten, als Gallien noch ein Hexenkessel des Krieges gewesen war, und er hielt immer noch nach einem Anzeichen dafür Ausschau, dass das Schlimmste vorüber war.
Als Marcus Antonius durch den Garten zum Haus ging, wartete Julius bereits auf ihn. Seine Liktoren hatte er draußen auf der Straße zurückgelassen, denn er wollte keine Bewaffneten ins Haus des Diktators von Rom bringen.
Julius umarmte ihn und ließ trotz seiner Proteste eisgekühlte Getränke und etwas zu essen bringen. Marcus Antonius fiel auf, dass Julius nervös wirkte und seine Hand mit dem Weinbecher ein wenig zitterte.
»Mein letzter Triumphzug steht kurz vor seiner Vollendung«, sagte Julius, nachdem beide Männer es sich gemütlich gemacht hatten. »Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
Brutus lag auf dem Bauch und stöhnte, als die kräftigen Finger die alten Narben und die verkrampften Muskeln bearbeiteten. Der Abend war kühl und ruhig, und das Haus seiner Mutter beschäftigte immer noch die besten Mädchen. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, zu kommen und zu gehen, wie es ihm beliebte, und die Mädchen kannten seine Stimmungen inzwischen sehr gut. Das Mädchen, das gerade einen verhärteten Muskel mit den Ellbogen bearbeitete, hatte kein Wort von sich gegeben, seit er sich ausgezogen und auf die lange Bank gelegt hatte. Seine Arme baumelten auf den Boden. Brutus hatte die unausgesprochene Einladung wahrgenommen, als sie ihre eingeölten Finger hatte verweilen lassen, war jedoch nicht darauf eingegangen. Seine Gedanken waren zu sehr mit Wut und Verzweiflung beschäftigt, als dass er in ihrer geschulten Umarmung Entspannung gefunden hätte.
Als er im Flur vor dem Zimmer Schritte hörte, öffnete er die Augen. Es war Servilia, die die nackte Haut ihres Sohnes mit einem sardonischen Gesichtsausdruck betrachtete.
»Vielen Dank, Talia, du kannst jetzt gehen«, sagte sie.
Brutus runzelte die Stirn über die Störung. Ohne Scham richtete er sich auf und setzte sich auf die Bank, während das Mädchen hinaushuschte. Seine Mutter schwieg, bis sich die Tür geschlossen hatte. Brutus hob neugierig die Augenbrauen. Auch sie kannte seine Launen und gewährte ihm normalerweise Ungestörtheit, wenn er ihr Haus aufsuchte. Dass sie diese Gepflogenheit missachtete, bedeutete, dass etwas anderes im Busch war.
Ihr Haar war jetzt, da sie auf Farbe und Tönungen verzichtete, wolkengrau, fast weiß. Sie trug es nicht mehr offen, sondern streng im Nacken geknotet. Noch immer stand sie mit der geraden Haltung da, die in ihrer Jugend die Blicke der Männer auf sie gelenkt hatte, doch das Alter hatte sie abmagern lassen, sodass sie schmal und kantig wirkte. Brutus glaubte, dass er sie liebte, schon ihrer Würde und ihrer Weigerung wegen, sich vom Leben in Rom zerbrechen zu lassen.
Sie war auf dem Forum gewesen, als Julius seinen Sohn emporgehalten hatte, doch als Brutus an jenem ersten Abend ihr Haus aufgesucht hatte, war sie ihm mit kühler Reserviertheit begegnet, die Respekt verlangte. Er hätte es ihr beinahe geglaubt, wenn nicht hin und wieder, wenn Julius’ Name fiel, ein Feuer in ihren Augen aufgeflammt wäre. Dann hob sie die Hand, legte sie auf die große Perle, die sie immer um den Hals trug, und blickte in weite Fernen, in die Brutus ihr nicht zu folgen vermochte.
»Du solltest dich anziehen, mein Sohn. Draußen sind Besucher, die auf dich warten«, sagte sie. Die Toga, die er getragen hatte, lag zusammengefaltet auf einem Stuhl, und Servilia brachte sie ihm, als er sich erhob. »Trägst du nichts darunter?«, fragte sie, ehe er etwas sagen konnte.
Brutus zuckte die Achseln. »Nichts wenn es so heiß ist. Was denn für Besucher? Niemand weiß, dass ich hier bin.«
»Keine Namen, Brutus.
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