Imperator 04 - Die Götter des Krieges
man ihnen gab, aber Brutus bildete sich ein, dass eine gewisse Übermüdung in ihren Stimmen lag, die zu seiner eigenen Unzufriedenheit passte.
Er hatte den gallischen Triumphzug genossen, bei dem ein verlauster Vercingetorix in Ketten zu seiner öffentlichen Hinrichtung geschleppt worden war. Brutus hatte die besten Plätze bekommen, um der Hatz auf Wölfe und wilde Eber beizuwohnen. Sogar der Tiber war aufgestaut worden, um einen Zirkus mit Wasser zu füllen, das sich alsbald vom Blut der gegeneinander kämpfenden Schiffsbesatzungen rot färbte. Eine Sehenswürdigkeit war auf die andere gefolgt, und der Senat hatte mit verzweifelter Verzückung reagiert, hatte Julius zum »Imperator« und »Diktator auf Lebenszeit« ernannt. Seine neueste Statue war mit einer schlichten Plakette zu Ehren des »Unbesiegten Gottes« versehen. Als Brutus sie gesehen hatte, hatte er sich dermaßen betrunken, dass ihm zwei volle Tage fehlten.
Manchmal dachte er, er sollte einfach ein Pferd nehmen und Rom verlassen. Julius hatte ihn mit genügend Reichtum überschüttet, um ein Haus zu kaufen und bequem zu leben. Wenn ihm alles zu viel wurde, träumte er davon, mit einem Schiff davonzusegeln, irgendwohin, weit genug, dass Julius ihn nicht mehr erreichen konnte, und dort seinen eigenen Frieden zu finden. Er wusste nicht, ob es einen solchen Ort überhaupt noch gab. Immer wieder kehrte er zurück zu Julius, wie ein Kind zu einem schwärenden Schorf, um mit erschrockener Faszination neue Schichten des Schmerzes und des Elends zu ergründen.
»Gehst du noch zum Senat?«, erkundigte sich Brutus, um das Schweigen zu brechen.
Julius blies die Luft durch die Lippen. »Zurück in die Schwatzbude, wo ich mir für eine Bronzemünze tausend Worte kaufen kann? Nein, ich habe noch ein paar Briefe an die Parther-Könige zu schreiben. Ich habe die, die Crassus’ Tod und den seines Sohnes verursacht haben, nicht vergessen. Es ist eine alte Schuld, aber ich werde sie für die begleichen, die es nicht mehr selbst tun können.«
»Ich dachte, du wärst immer noch trunken von all den Freuden Roms«, sagte Brutus sanft. »Hältst du die Nase schon wieder in den Frühlingswind?«
Julius musste über das Bild lächeln. »Vielleicht. Ich mag ein altes Schlachtross sein, mein Freund, aber ein Imperium lässt sich nicht von einem bequemen Sitz im Senat aus errichten. Ich muss mich sehen lassen.«
»Die Legionäre der Zehnten sind inzwischen alte Männer«, gab Brutus zu bedenken. »Ich hätte es nie geglaubt, aber sie sind zu den Höfen und Ländereien gezogen, die du ihnen gegeben hast, ohne sich noch einmal umzudrehen.«
»Es gibt neue Männer, die kämpfen werden, Brutus«, schnaubte Julius. »Neue Legionen, die den Ruf der Schlachthörner noch nie vernommen haben und noch nie bis zur Erschöpfung marschiert sind wie wir. Was soll ich denn deiner Meinung nach tun, wenn meine letzte Siegesfeier vorbei ist? Soll ich untätig herumsitzen, bis mein Sohn herangewachsen ist? Ich bin kein Mann für ruhige Zeiten. Das war ich nie.« Er lächelte. »Aber wir haben ja noch den ägyptischen Triumphzug vor uns. In ein paar Stunden trifft ein Heer von Schreibern und Architekten hier ein, um ihn mit mir zu planen.« Julius starrte ins Leere, während er darüber nachdachte, wie er ganz Rom wieder einmal zum Stillstand bringen würde. »Das wird der größte Zug in der Geschichte der Stadt, Brutus, das garantiere ich dir.«
»Wie ist das nach dem letzten überhaupt möglich? Noch heute redet man über die Seeschlacht auf dem Campus«, sagte Brutus und achtete darauf, sich seinen Abscheu nicht anmerken zu lassen.
Die riesige Steinschale war flach genug gewesen, dass man die Toten wie dunkle Korallen auf ihrem Boden liegen sehen konnte. In winzigen Galeeren hatten gefangene Krieger gegen Verbrecher und zum Tode Verurteilte gekämpft. Das abgestandene Wasser war eine rote Brühe gewesen, als man es wieder in den Tiber abgelassen hatte; der ganze Fluss hatte sich danach rot gefärbt. Noch Tage später war der Gestank verfaulenden Fleisches durch Rom gezogen.
Julius klopfte ihm auf die Schulter, stand auf und streckte sich. »Für meinen letzten Triumphzug habe ich mir etwas Neues ausgedacht.« Er schien im Begriff zu sein, Brutus seine Pläne sogleich mitzuteilen, doch dann lachte er leise. »Ich sorge dafür, dass du für den Höhepunkt der Veranstaltung einen guten Platz auf dem Forum bekommst. Du solltest deine neue Frau mitbringen.«
Brutus nickte und wusste,
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