Imperator 04 - Die Götter des Krieges
ebenso einfach wie aufregend war. Bei den Göttern, es war ein großes Risiko. Wie weit konnte er dem trauen, was er in ihren Augen las? Würde sie ihn verraten?
»Habe ich dein Wort, dass du Pompeius nichts davon erzählst?«, flüsterte er.
»Beim Leben meines Sohnes«, sagte sie und beugte sich noch weiter vor.
»Ich habe Julius nicht im Stich gelassen«, sagte er. »Ich bin hier, um ihm zum Sieg zu verhelfen.«
Ihre roten Lippen öffneten sich, während sie diese Nachricht verdaute, und er hätte sie am liebsten gierig geküsst. Seine Hand griff wie von selbst durch die Gitterstäbe hindurch und streichelte ihr Haar, doch sie wich augenblicklich aus seiner Reichweite zurück.
»Niemand sonst weiß das«, sagte er. »Ich habe es dir nur gesagt, weil ich es nicht ertrage, dass du mich für einen Verräter hältst.«
Er sah, dass sie ihm glauben wollte, und hätte beinahe laut herausgelacht.
»Aber dein Mann vertraut mir nicht«, fuhr er fort. »Er lässt mich nicht genügend Männer befehligen, dass es wirklich ausschlaggebend wäre. Ich glaube, er wird mich in die erste Reihe stellen, damit ich gleich beim ersten Geplänkel getötet werde.« War er zu deutlich? Er hatte nur einen kleinen Stachel versenken wollen, groß genug, dass sie Angst um ihn bekam. Doch es war schwierig, den richtigen Ton zu finden.
Sie antwortete immer noch nicht, und er sah die Qual in ihrem Gesicht, während sie einen inneren Kampf ausfocht. Julia war hin- und hergerissen zwischen zwei Treueschwüren, die einander widersprachen. Brutus wusste, dass sie ihren Vater liebte. Er hatte alles darauf gesetzt, dass sie es nicht Pompeius erzählte und ihn exekutieren ließ. Falls ihre Zuneigung zu dem Diktator gewachsen war, könnte sein Leben, das wusste Brutus genau, nur noch ein paar Stunden währen. Schon jetzt bereute er das Risiko, das er eingegangen war, und weil sie so beharrlich stumm blieb, hätte er alles dafür gegeben, seine Worte zurücknehmen zu können.
»Will mein Vater, dass du eine Legion führst?«, fragte sie schließlich mit schwacher Stimme.
Er unterdrückte ein Grinsen, denn er wusste, dass sie sein war und dass er gewonnen hatte. »Ja, das will er, Julia«, antwortete er.
»Dann werde ich meinen Mann überreden, dir ein Kommando zu geben.«
Er heuchelte Überraschung, als sei ihm selbst diese Idee niemals gekommen.
»Geht das denn so einfach? Es wird ihm nicht gefallen, wenn du ihn drängst«, sagte er. Er sah, wie blass sie geworden war, und jetzt, da er ihr diese Idee eingegeben hatte, wurde er sich plötzlich wieder der drängenden Zeit bewusst. Ganz besonders jetzt durfte ihn niemand hier an ihrem Tor stehen sehen.
»Ich kenne ihn sehr gut«, sagte sie. »Ich finde schon einen Weg.« Einer plötzlichen Eingebung folgend drückte sie ihr Gesicht gegen die Gitterstäbe und presste einen Kuss auf seine Lippen. »Lass meinen Vater wissen, dass ich ihn nicht vergessen habe«, bat sie ihn.
»Das werde ich tun, Mädchen. Aber jetzt muss ich gehen«, erwiderte er.
Er hätte schwören können, irgendwo in der Ferne das Geklapper von Sandalen zu hören. Wenn sie ihn fanden, musste er weit weg von hier sein, am besten in einer Taverne mit einem Mädchen im Arm. Es würde schwierig werden, sich aus dieser Situation herauszureden, aber hoffentlich nicht völlig unmöglich.
»Wann sehe ich dich wieder?«, fragte sie.
»Schick die Sklavinnen heute in zwei Tagen zur selben Zeit fort. Wenn ich kann, komme ich her«, sagte er und jubelte innerlich. Das war viel mehr, als er anfangs gehofft hatte. Statt des heimlichen Vergnügens, sich ab und zu mit Pompeius’ Frau zu amüsieren, stand jetzt noch sehr viel mehr auf dem Spiel.
»Geh schnell!«, sagte sie, weil sie seine Nervosität bemerkt hatte.
Er nickte nur, löste sich endlich und rannte um die erste Ecke. Sie sah ihm nach und erschrak, als kurz darauf die Soldaten ihres Gemahls an ihr vorbeieilten. Er würde sie schön an der Nase herumführen, dachte sie, und zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Griechenland klopfte ihr Herz wild vor Aufregung.
10
Das Fest der Bona Dea war in vollem Gange, und in den Straßen Roms tummelten sich die Frauen. An diesem speziellen Tag des Jahres verschlossen die Männer die Türen und gingen früh zu Bett, während die freien Frauen der Stadt tranken, sangen und tanzten. Einige liefen barbusig umher und genossen ausgelassen die Privilegien des Festes, während ihre Familien wohl behütet zu Hause saßen.
Viele Männer
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