Imperator 04 - Die Götter des Krieges
kletterten auf die Dächer ihrer Häuser und schauten zu, was da unten so vor sich ging. Wurden sie jedoch entdeckt, trieb ein Steinhagel sie in Deckung. Noch unangenehmer wäre es, alleine auf der Straße erwischt zu werden. Jedes Jahr gab es Geschichten über junge Männer, die gejagt und eingekesselt worden waren, weil sie vor Neugierde zu lange draußen geblieben waren. Manche fand man am nächsten Morgen gefesselt und nackt vor, noch immer zu entsetzt, um zu berichten, was mit ihnen geschehen war.
Belas beobachtete das alte Haus des Marius von einem hoch gelegenen Fenster aus und fragte sich, wie er wohl näher herankommen könne. Er hatte gesehen, wie sich Cäsar lachend von seiner Frau verabschiedet hatte, bevor er zu einem Treffen mit seinen Offizieren geeilt war, das die ganze Nacht andauern würde. Für einen würdevollen Abgang hatte der Konsul sein Haus ein wenig zu spät verlassen, und als er und seine Männer den Quirinal in Richtung des Forums hinabmarschierten, wurden sie ausgebuht. Während des Bona-Dea-Festes waren alle normalen Regeln außer Kraft gesetzt, und Belas hatte sich über das offensichtliche Unbehagen des Konsuls amüsiert. Am Fest der Frauen war es selbst für Senatsmitglieder einfach unmöglich, die männliche Würde zu wahren.
Von seinem günstigen Aussichtsplatz aus sah Belas interessiert einer Gruppe vestalischer Jungfrauen zu, die, begleitet von sinnlicher Trommel- und Flötenmusik, ausgelassen den Hügel hinaufliefen. Die beiden Anführerinnen waren bis zur Taille nackt, und Belas’ Meinung nach waren ihre hüpfenden bloßen Brüste und ihre langen geölten Beine, die im Fackelschein glänzten, ein sehr attraktiver Anblick. Er wagte es nicht, sich hinauszulehnen, aus Angst, entdeckt zu werden. Die Vestalinnen konnten ganz besonders bösartig werden, wenn sie in dieser Nacht einen Mann zu Gesicht bekamen. Es bedeutete schon den Tod, eine von ihnen auch nur zu berühren, und diese Bestrafung wurde stets sofort in die Tat umgesetzt. Nervös überlegte Belas noch einmal, ob er die Tür unten im Haus auch wirklich verschlossen hatte, nachdem er sich dieses Zimmer für den Abend gemietet hatte.
Marius’ Haus gegenüber füllte sich mit den Gästen, die Pompeia eingeladen hatte. Als Gemahlin eines Konsuls hatte sie augenblicklich hohes Ansehen erworben, und sie genoss ihren neuen Stand offensichtlich sehr. Belas sah die Frauen der noblen Familien aus der ganzen Stadt eintreffen und trommelte frustriert mit den Fingern auf das Fensterbrett, weil er nicht sehen konnte, was im Innern des Hauses vor sich ging. Die meisten Männer in Rom fügten den Gerüchten über das Fest gerne noch ein paar hinzu, doch Belas wusste, dass dieses Geschwätz nur selten Hand und Fuß hatte. Die Geheimnisse des Bona-Dea-Festes wurden gut gehütet.
Wenn das offene Tor nicht von Neuankömmlingen verdeckt war, streckte er sich, um einen Blick hindurch zu erhaschen. So groß das Haus auch war, das Anwesen schien vor Töchtern vornehmer Familien beinahe aus den Nähten zu platzen. Ihre Stimmen klangen beim Lachen und Singen heiser und wild; sie wussten sehr wohl, dass die Männer sie hören konnten und sich fragten, welchen Ausschweifungen sich die Frauen wohl hingaben.
Belas hatte eigentlich gar nicht hier sein wollen, das hatte er Servilia auch gesagt. Ausgerechnet in dieser Nacht würde Pompeia wohl kaum Schande über Cäsar bringen können. Doch Servilia war unnachgiebig geblieben, und so hatte er, nur mit etwas Käse und Brot als Gesellschaft, seinen Aussichtsplatz hier in dem hoch gelegenen Zimmer eingenommen, von dem aus er die Straße überblicken konnte. Es würde eine sehr lange Nacht werden auf diesem einsamen Wachtposten.
Als der Mond aufging und unten auf der Straße alle Hemmungen über Bord geworfen wurden, gab es für ihn verlockende Blicke auf nacktes Fleisch zu erhaschen. Nach stundenlangem Warten von der eigenen Fantasie gepeinigt, trat Belas unruhig hin und her. Irgendwo ganz in der Nähe, vielleicht sogar direkt auf der Schwelle seines Refugiums, hörte er eine Frau schnarchen. Schweiß bedeckte seine Haut, während er durch das Licht der Fackeln blinzelte und versuchte, sich nicht bildlich vorzustellen, wie die Frauen einander mit blutrotem Wein übergossen, der auf goldener Haut herabrann.
In seine Träumereien versunken, fiel ihm an der schwankenden Gestalt, die den Hügel heraufkam, zunächst nichts Ungewöhnliches auf. Ihr langes Haar war im Nacken fest zusammengebunden, und sie
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