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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Sklave und Sohn von Sklaven, aber dennoch ein entfernter Verwandter – und ein Junge, der vielleicht den Schlüssel zur Vergangenheit und zur Zukunft besaß.
    »Dies ist die einzige Goldmine in ganz Britannien«, prahlte der Aufseher Volisios. »Wie ihr seht, arbeiten wir im Tagebau wie auch unter Tage. Dort ist der Junge, unten in den tiefen Schächten. Ich bringe euch gleich dorthin.«
    »Ich kann es gar nicht erwarten«, knurrte Tarcho.
    Thalius zeigte auf die Mauer eines Kastells, das etwas abseits des aufgewühlten Bodens der Mine auf einer Anhöhe lag. »Ihr habt die Armee ganz in der Nähe, wie ich sehe.«
    »Um Räuber und Barbaren abzuschrecken«, sagte Volisios.
    »Und vielleicht auch, um die Disziplin eurer Arbeiter aufrechtzuerhalten?«
    Volisios runzelte die Stirn. Er mochte um die vierzig sein, rund zehn Jahre jünger als Thalius und Tarcho, ein kleiner, rundlicher Mann mit kahl geschorenem Schädel und ausgezupften Augenbrauen – ein öliger, aalglatter Mann, dachte Thalius. Offenbar wusste er nicht, was er von Thalius und dessen angeblicher Suche nach einem bestimmten Sklavenjungen halten sollte. Weshalb sollte ein Mitglied der Kurie in einer der wichtigsten Städte aller vier britannischen Provinzen an einen Ort wie diesen kommen, wenn nicht, um zu spionieren, herumzuschnüffeln, nach Beweisen für die Hinterziehung von Steuern und anderen Abgaben zu
suchen? Und so wand und krümmte er sich, um die schäbige kleine Bereicherung durch Amtsmissbrauch zu verbergen, an der Thalius keinen Zweifel hatte. Volisios sagte: »Ihr müsst verstehen, dass die Arbeiter gar nicht hier wären, wenn sie nicht Abschaum oder die Brut von Abschaum wären – und es ist eine teuflische Aufgabe, die Disziplin unter ihnen aufrechtzuerhalten.«
    Tarcho grunzte. »Und es sieht so aus, als hätte der Teufel alle Hände voll zu tun.« Er zeigte auf etwas.
    Auf einem Kamm in der Nähe des Kastells sah Thalius eine Reihe von Kreuzen, jedes acht bis zehn Fuß hoch, schlichte, strenge Gebilde, die sich als dunkle Schatten im Nachmittagslicht abzeichneten. Fetzen schienen von ihnen herabzubaumeln.
    »Wie ihr am Zustand dieser Leichen seht, ist es schon eine Weile her, dass wir Probleme hatten, und ich bin darüber nicht unglücklich.« Volisios begann, über die Kosten des letzten kleinen Aufstands zu sprechen. Die Betreiber dieses Bergwerks besaßen eine Konzession, denn Dolaucothi gehörte dem Staat, und sie mussten von ihren Gewinnen einen Beitrag für die Instandhaltung des Kastells und den Unterhalt der Soldaten leisten. »Wir bezahlen sogar das Holz, an dem die Schurken gekreuzigt sind«, brummte er. »Aber wir kommen zurecht. Ich leite diese Mine nun seit zwanzig Jahren, ebenso wie mein Vater und dessen Vater vor ihm …«
    Es war eine typische Geschichte. Viele Berufe waren schon längst erblich, ebenso wie Thalius’ Amt in
der Kurie von Camulodunum. Die Leute witzelten, heutzutage führe jeder die Arbeit seines Vaters weiter – jeder außer den Kaisern, die anderer Leute Väter umbrächten, um deren Arbeit zu übernehmen.
    »Mein Vater hat hier zu Zeiten von Kaiser Carausias gearbeitet«, fuhr Volisios fort. »Und auch während der ganzen römischen Invasion. Die hat ihn nicht weiter gestört, aber er ist nie drüber hinweggekommen, in welchem Maße anschließend die Steuern erhöht wurden!«
    »Carausias war kein Kaiser, sondern ein Usurpator«, sah sich Thalius genötigt, ihm ins Gedächtnis zu rufen. »Der Zweck der Invasion bestand darin, ihn vom Thron zu stoßen. Und natürlich sind die Steuern jetzt höher. Seit Hadrian hat sich einiges geändert.«
    Volisios schaute verwirrt drein. »Seit wem?«
    »Ein Kaiser aus uralten Zeiten«, erklärte Tarcho. »Vor hundert Jahren!«
    »Eher zweihundert«, verbesserte ihn Thalius milde. Er zeigte auf die Kreuze. »Die müsst ihr da herunterholen. Der Kaiser hat die Kreuzigung verboten.«
    »Tatsächlich? Warum?«
    »Was meinst du wohl?«, sagte Tarcho mit schwerer Stimme. »Weil Christus am Kreuz hingerichtet worden ist.«
    Volisios sah Thalius an und hob kaum sichtbare Augenbrauen. »Heutzutage ist jeder ein Theologe, hab ich recht?«
    »Deine Schützlinge werden gewiss froh sein, die Neuigkeit zu erfahren«, sagte Thalius.

    »Vielleicht sage ich es ihnen erst, wenn es gar nicht mehr anders geht.« Volisios zwinkerte. »Lassen wir die Mistkerle ruhig noch ein bisschen im Ungewissen, hm?«
    Thalius warf erneut einen Blick auf die hässlichen Kreuze und dachte, wie

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