Imperator
heben – und im nächsten Moment bohrte sich eine Spitze aus gehärtetem Metall durch splitterndes Holz und blieb kurz vor seinem rechten Auge stehen. Er lebte, er atmete. Aber sein Schild wurde durch den darin steckenden Speer äußerst unhandlich. Es stellte fest, dass sich der Speer verbogen hatte. Der Schaft war durch ein weiches Metall mit der Spitze verbunden, und der Speer ließ sich nur schwer packen, geschweige denn aus dem Schild ziehen.
Während Cunedda sich damit abmühte, sah er, dass er nicht der Einzige war. Auf einmal war der Boden von einer Art Hecke aus zertrümmerten Schilden und darin steckenden Speeren bedeckt, die sich derart ineinander verhedderten, dass sie jeglichen Ausweg versperrten. Die Speere sollten sich verbiegen, sah er, selbst wenn sie keine Todesopfer forderten. Diese List beeindruckte ihn. Cunedda hatte seit dem Beginn des Angriffs zu einem unorganisierten Mob gehört; jetzt stolperte und stürzte dieser Mob, und diejenigen, die sich noch bewegen konnten, kämpften miteinander um Raum und Luft.
Ein stetiges Trommeln ertönte, und Cunedda schaute nach vorn. Endlich rückten die Römer vor. Die blanke Schildmauer der vordersten Reihe hatte sich in keilförmige Formationen aufgelöst, die jetzt den Hang herabkamen. Die Römer trugen kurze, schwer aussehende Schwerter mit massiven Griffen, mit denen sie beim Vormarsch auf ihre Schilde trommelten. Und plötzlich verfielen die Römer in den Laufschritt.
Als sie herankamen, prallten ihre Schilde mit einem dumpfen Laut auf britannische Körper. Die Menge der Britannier taumelte zurück, als hätte man ihr einen gewaltigen Faustschlag versetzt. Aus dem Schutz ihrer Schilde stachen die Römer nach den Gesichtern ihrer Feinde und hieben auf Köpfe und Hälse ein. Die Schläge landeten mit feuchten, fleischigen Geräuschen. Cunedda sah, wie ein Gesicht von der Stirn bis zur oberen Zahnreihe gespalten und ein Bauch aufgeschlitzt wurde, sodass sich graue Gedärme auf den Boden ergossen; bei einem anderen Mann hing der fast abgetrennte Unterkiefer auf beinahe komische Weise nur noch an einem Stück Knorpel, aber er kämpfte weiter. Grauenhafte Bilder, wohin er auch schaute. Und überall spritzte Blut, ein unglaubliches Purpurrot.
Die Schreie konzentrierten sich jetzt an einer bestimmten Stelle, als die Männer in der vordersten britannischen Reihe, gefangen zwischen den römischen Schilden und ihren eigenen Kameraden, in großer Zahl den Tod fanden und die Luft sich mit dem Gestank von Kot, Urin und Blut füllte.
Cunedda hatte keine Ahnung gehabt, dass es so
sein würde. Benommen versuchte er, weiter nach vorn zu gelangen. Er ließ seinen Schild mit dem darin steckenden Speer fallen, obwohl er wusste, dass er dadurch verwundbar wurde. Aber er war immer noch derart eingeklemmt, dass er nicht einmal die Arme heben konnte.
Und die Römer arbeiteten sich weiter voran. Cunedda sah deutlich, wie sie sich in ihre Schilde stemmten und die Britannier zurückschoben, während sie mit den Kurzschwertern nach ihnen stießen. Für Männer, die eine Rüstung trugen, bewegten sie sich mit erstaunlicher Wendigkeit, sie bückten und drehten sich, während sie ihr gräuliches Werk verrichteten und auf die Masse britannischen Fleisches vor ihnen einhackten. Ihre Rüstung bestand nicht aus Kettenpanzern oder massiven Platten, sondern aus einer Anordnung sich überlappender Metallstreifen, die irgendwie miteinander verbunden waren, sodass die Soldaten sich mühelos bücken konnten. Die Legionäre verrichteten ihre Arbeit effizient, ohne Humor, Freude oder auch nur großes Interesse.
Bald hatten sich die vordersten Römer so tief in die Menge gebohrt, dass sie nur noch wenige Schritte von Cunedda entfernt waren, und immer noch ging das zermürbende Gemetzel weiter. Er würde einen schmutzigen Tod sterben, dachte Cunedda, wie ein Tier in einem Pferch vor dem Messer des Schlachters. Die Nutzlosigkeit des Ganzen überwältigte ihn, ein Gefühl, das noch stärker war als die Angst. Aber wenn er schon sterben musste, dann würde er vorher wenigstens noch
einmal zuschlagen. Er bemühte sich, die Füße auf dem vom Blut glitschig werdenden Boden zu behalten, und versuchte erneut, sein Schwert zu heben.
Etwas Hartes und Schweres knallte ihm in den Nacken. Eine massive Hand packte ihn im Genick und zog ihn zurück. In seinem Blickfeld schwamm alles von Blut, und dann wurde ihm dunkel vor Augen.
XV
Irgendwie war es Nectovelin gelungen, Cunedda aus dem dichtesten
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