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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Vespasian schon immer gewusst hatte, erwies sich Sabinus im Feld als fähiger Mann.
    Jedenfalls war bisher alles gut gegangen. Die Britannier hatten nichts anderes getan, als am Ufer gegenüber dem Feldlager darauf zu warten, dass die Römer sich in ihre rostigen Eisenschwerter stürzten. Aulus Plautius’ kühle Kalkulationen bezüglich der Denkweise der britannischen Führer schienen sich zu bestätigen wie das Theorem eines griechischen Mathematikers, dachte Vespasian – ein Vergleich, den er sich für Narcissus und dessen Briefe an Claudius merken musste.

    Unterdessen hatten alle acht von Plautius’ Bataverkohorten ein Stück stromabwärts vom Marschlager heimlich den Fluss durchquert. Vespasian war schon immer der Ansicht gewesen, dass die Bataver zu den nützlichsten Hilfstruppen zählten, denn sie waren speziell dazu ausgebildet, auch große Flüsse in voller Kampfmontur zu durchschwimmen.
    Und nachdem sie sich wie Hunde trocken geschüttelt hatten, griffen die Bataver die britannischen Linien von hinten an. Ihr Ziel war es, die feindlichen Streitwagen auszuschalten.
    Die Streitwagen hatten Caesar überrascht, als er vor hundert Jahren auf sie getroffen war. Sie waren furchterregend schnell und steuerten auf einen zu, während die schreienden Insassen ihre Speere schleuderten. Schon der Lärm ihrer Räder reichte, um Menschen und Pferde gleichermaßen in Panik zu versetzen. Der Feind konnte die Streitwagen als Waffe an sich benutzen, er konnte mit ihnen aber auch seine besten Soldaten dorthin bringen, wo sie am meisten Schaden anrichten würden. Für Caesar waren die Streitwagen ein Albtraum aus den Legenden vom trojanischen Krieg gewesen, und er hatte mit seinen phlegmatischen Legionären Schwierigkeiten gehabt, diesen wendigen, mobilen Truppen etwas entgegenzusetzen. Selbst seine Reiterei war bedroht gewesen.
    Doch nach Caesars Zeit hatte man andere historische Erkenntnisse entstaubt. Wie sich herausstellte, war der Kampf mit Streitwagen früher in weiten Teilen des nördlichen Galliens und in Germanien verbreitet
gewesen, jedoch schon vor Jahrhunderten in diesen Ländern außer Gebrauch gekommen. Trotz aller Mobilität kippten die Streitwagen nämlich häufig um oder brachen zusammen, und ihre Insassen verbrachten mehr Zeit mit dem Herumfahren als im Kampf gegen den Feind. Der Ausgang einer Schlacht hing wie immer von den langsamen Mühlen der Fußtruppen ab. In dieser wie auch in so vieler anderer Hinsicht schien es Vespasian, als wären die Britannier nicht auf dem Laufenden, was die Entwicklungen auf dem Kontinent betraf  – sie kannten nicht einmal die Gepflogenheiten ihrer barbarischen Nachbarn, geschweige denn die der Römer.
    Dennoch konnte ein Streitwagenangriff im Schlachtverlauf als Ablenkung dienen. Deshalb war man zu dem Schluss gekommen, dass man der Bedrohung am besten Herr wurde, indem man sie schon vor Beginn des Kampfes beseitigte, und hatte die Bataver hinübergeschickt, um die Sache zu erledigen, was diese höchst effektiv getan hatten.
    Nun war der Hauptteil der Streitmacht dabei, den Fluss zu durchqueren.
    Vespasian kam nah am Flussufer aus dem Schutz der Bäume, genau an der Stelle, welche die Kundschafter bei Tag ausgewählt hatten. Im Sternenlicht sah er die getüpfelte Oberfläche des Flusses – und die Umrisse einer Reihe von Männern, die sich übers Flussufer ins Wasser begaben und, einem von den Kundschaftern ausgelegten Seil folgend, zur anderen Seite wateten. Die Männer hatten Bündel auf Kopf und Schultern gebunden
und flüsterten miteinander, während sie durch das silbrige Wasser marschierten. Wie alles, was die römische Armee tat, war selbst dieses vorsichtige Massenwaten penibel geplant und ausgeführt.
    Ein Soldat kam grinsend auf ihn zu. Seine bloßen Beine waren dreckverschmiert. »Guten Abend, Herr.«
    »Marcus Allius, bist du das? Den Gestank dieser Füße würde ich selbst in stockdunkler Nacht erkennen.«
    »Die Hälfte von uns ist schon drüben.«
    »Gute Arbeit. Und keine Katastrophen?«
    »Oh, ich musste den Fluss zweimal durchqueren, bevor sie sich auch nur in die Nähe des Wassers getraut haben.« Vespasian sah, dass Allius sich die genagelten Sandalen um den Hals gehängt hatte und seinen neuen Helm trug, eine von Claudius persönlich in Auftrag gegebene Ausführung auf der Basis eines barbarischen Modells aus Germanien, mit einer Platte, die besseren Nackenschutz bot.
    Allius hatte jahrelang unter Vespasian gedient. Jetzt war er Dekurio in der

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