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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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und wischte die Hände aneinander ab, um sie von Blut und Federn zu reinigen. »Spielt ihr immer noch Soldaten? Schau dir diese Männer an, Agrippina – hantieren mit der Rüstung eines toten Römers herum, während es wieder einmal uns überlassen bleibt, uns alle am Leben zu erhalten. Vielleicht braucht es eine Frau, um den
Legionären wirklich einen Kampf zu liefern – hm? Und was Togodumnus betrifft … Wenn er noch am Leben wäre, wüssten wir es inzwischen, denn wir hätten ihn feige davonlaufen hören, während er hinter seinem Bruder hergerannt wäre. Auch die Priester sind abgehauen – komisch, was?«
    Cunedda war inzwischen Krieger genug, um sich über ihre Worte zu ärgern. »Ich will so etwas nicht hören, Braint. Vielleicht können die Priester Caratacus dabei helfen, ein Bündnis unter den Volksstämmen im Westen zu schmieden. Hier wären sie zu nichts nütze – tatsächlich wären sie nur Fleisch für die Schwerter der Römer, denn die Römer hassen Druiden. Und was Caratacus und seinen Bruder betrifft, so haben die Fürsten im Feld Mut bewiesen. Mehr als diese Römer, die einfach nur dastanden und uns angreifen ließen.«
    Nectovelin schüttelte den Kopf. »Und dir mangelt es immer noch an Klugheit. Siehst du nicht, dass es mehr Mut braucht, bei einem Angriff die Stellung zu halten, bis der richtige Moment zum Zuschlagen kommt?«
    Cunedda war empört. »Ich weiß, du hast mir das Leben gerettet, Nectovelin. Und du hältst dich vielleicht für etwas Besonderes, gewappnet mit deiner berühmten Prophezeiung, die niemand jemals gesehen hat. Aber trotz deiner Tapferkeit bist du nur ein Mensch, so wie wir alle.«
    Nectovelin starrte ihn an wie ein Wolf, der überlegte, ob er einem Welpen eine Lektion erteilen sollte. Aber der Augenblick ging vorüber, und Nectovelin wandte sich ab.

    Die Erwähnung der Prophezeiung erinnerte Agrippina an Nectovelins Mantel und die lederne Dokumententasche, die immer noch darunter herausragte. Neugier regte sich in ihr, ein unbekanntes Gefühl in diesen toten Zeiten.
    Sie hörte Lärm draußen und dann den dünnen Klang einer Trompete.
    »Was ist da draußen los?«, fragte Cunedda.
    »Es sind wieder mal Römer in der Stadt«, erklärte Braint. »Sie laufen herum, als gehörte sie ihnen – was natürlich beinahe zutrifft.«
    »Gehen wir nachschauen, was sie vorhaben«, schlug Cunedda vor.
    »Ohne mich«, meinte Nectovelin. »Ich habe genug Römer für einen Sommer gesehen.«
    Braint richtete sich kerzengerade auf. »Wenn du hier bleibst, du alter Griesgram, kannst du ausnahmsweise mal was Nützliches tun und diese Vögel rupfen.« Und sie beförderte die Hühner auf dem Boden mit einem Tritt vor Nectovelins Füße.
    »Schon gut, schon gut«, brummte der Krieger und bückte sich, um die Hühner aufzuheben. Er war mehrere Schritte von seinen Kleidern entfernt und hatte ihnen den Rücken zugekehrt.
    Agrippina konnte nicht widerstehen. Auf dem Weg zu Cunedda schob sie sich an Nectovelins Kleidern vorbei und steckte die Mappe in eine Falte ihres Leibrocks.
    »Pina?«, rief Cunedda.
    »Komme schon!«

XVII
    Vespasian und Narcissus schlenderten ins Herz Camulodunums  – wenn man es als Herz bezeichnen konnte, denn anders als selbst in der schäbigsten römischen Stadt schien es in dieser barbarischen Ansammlung misthaufenähnlicher Rundhäuser kein richtiges Zentrum zu geben. Es war ein kunterbuntes Durcheinander, Häuser standen neben Jauchegruben, Getreidespeichern und Tierpferchen, Heiligtümer neben Friedhöfen, Töpfereien und Schmiedewerkstätten neben Wohnhäusern und landwirtschaftlichen Gebäuden. Man hatte eher den Eindruck, durch ein unordentliches Gehöft zu gehen. Und dennoch gab es hier ein florierendes Handwerk. Narcissus, der neugierig in die Hauseingänge spähte, sah eine Töpferin an ihrer Scheibe; eine Frau arbeitete an einem senkrechten Webstuhl mit Gewichten und Spindeln aus Knochen und Ton.
    Vespasian, geschmückt mit seiner Paraderüstung mit den goldenen Intarsien, bewegte sich mit der einem siegreichen römischen Heerführer angemessenen Kühnheit. Narcissus’ ganze Rüstung bestand jedoch aus seiner zweitbesten Toga, und während Vespasian wirklich so furchtlos sein mochte, wie er aussah, war
Narcissus alles andere als das, obwohl sie eine Palisade aus einem Dutzend stämmiger Legionäre umgab. Trotz aller Primitivität war dies immerhin die Hauptstadt eines Barbarenvolkes, das man kaum als unterworfen bezeichnen konnte.
    Vespasian spürte

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