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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Ceriala Petilia, der Base des Freundes eines Freundes, die zufällig die Gattin eines Tribuns ist. Sie hat sich erboten, uns bei sich aufzunehmen, solange wir hier sind. Eine gute Römerin. Keine Barbaren mehr!«
    »Dann müssen wir sie nur noch finden«, sagte Karus milde.
    Severa schaute sich um und sah einen Soldaten, der zum Tor hinüberging. Es war ein Zenturio, wie Brigonius an dem Weinstock erkannte, den er bei sich trug. »Du da! Komm her. Ich habe einen Auftrag für dich.« Und zu Brigonius’ Erstaunen befahl sie einem Zenturio der sechsten Legion, ihr Gepäck zu tragen, als wäre er ein gewöhnlicher Sklave. Er gehorchte unterwürfig.
    »Wundervoll«, sagte Karus, aber es klang unbehaglich.

XI
    »Damit ich das richtig verstehe«, sagte Präfekt Tullio, »ihr wollt einen Wall bauen.« Tullio, ein energischer, geschäftiger Mann von ungefähr vierzig Jahren mit knallrotem Haarschopf, war es eindeutig gewohnt, das Kommando zu führen, und er beherrschte seine unordentliche Schreibstube im Hauptquartier von Eburacum mühelos.
    Xander, dessen Modell auf dem Boden von Tullios Schreibstube stand, saß ihm gegenüber. Brigonius fand, dass er nervöser wirkte als in Gegenwart des Kaisers. »Ja, einen Wall«, sagte er hartnäckig.
    »Siebzig Meilen lang.«
    »Einundsiebzig, um genau zu sein.«
    »Mit drei Legionen.«
    »Ja.«
    »Und das wollt ihr in drei Jahren schaffen.«
    »Ja.«
    Tullios Augen quollen hervor. »Ihr verarscht mich doch, oder?« Er lehnte sich zurück und rief durch die Tür: »He, Annius! Komm rein und hör dir das an. Das wird dir gefallen.«
    Ein anderer Soldat, offenkundig einer der Adjutanten des Präfekten, kam lässig ins Büro, wobei er mit einem
Lederlappen einen Brustharnisch-Streifen polierte. Er war ein muskulöser Mann, dessen Kopfform eine seltsame Ähnlichkeit mit einem Eimer aufwies, fand Brigonius: schmales Kinn, vorstehende Zähne, breite Stirn und ein Wust schwarzer Haare. »Was ist, Tullio?«
    Tullio wandte sich wieder an Xander. »Schieß los, mein Freund. Sag dein Sprüchlein auf. Wie viele Meilen? Wie viele Kastelle und Türme? …« Während Xander erneut seinen Plan hervorstammelte, bogen sich Tullio und sein Kumpan vor Lachen.
    Um Xanders Demütigung noch zu verschlimmern, kamen zwei kleine Jungen mit den gleichen roten Haaren wie Tullio kreischend in den Raum gelaufen. Sie hatten mit kurzen Holzschwertern gespielt, aber als sie Xanders Spielzeugwall mit den winzigen Kastellen und Gipshügeln sahen, fielen sie begeistert darüber her. Von Panik erfüllt, versuchte Xander hektisch, die Jungen von dem Modell fernzuhalten, spornte sie damit aber nur an und machte alles noch schlimmer.
    Inmitten dieses Durcheinanders warf Brigonius einen Blick auf seine Begleiter. Karus sah aus, als hätte er alle Mühe, nicht selbst loszulachen. Severa jedoch schien kurz davor zu sein, aus der Haut zu fahren.
    Severa war hier in Eburacum bisher relativ zufrieden gewesen. Verglichen mit den Städten des Südens, ganz zu schweigen von Rom, war es ein rauer, militärisch gefärbter Ort. Aber die Offiziere der sechsten Legion und ihre Gattinnen bildeten eine geschlossene Gesellschaft, deren von Gönnerschaft, Verpflichtungen
und schriftlicher Korrespondenz geprägte Beziehungen bis nach Rom reichten – eine Gesellschaft, die selbstverständlich jeden Britannier ausschloss. Diesem Kreis hatte sich Severa dank ihrer Freundin Ceriala unverzüglich zugesellt und so den Kontakt mit ihrer eigenen Welt wieder aufgenommen. Doch nun musste sie die Hänseleien dieses Hanswursts von einem Barbarensoldaten erdulden, und ihr Zorn war nicht zu übersehen.
    Das Problem war: Wenn der Wall jemals gebaut werden sollte, mussten sie Tullio überzeugen.
    Tullio war Präfekt der Hilfstruppen, die im Kastell bei Vindolanda stationiert waren, unmittelbar südlich des geplanten Walls. Er war ein Bataver, der seine Laufbahn als Kommandeur einer Einheit aus Angehörigen dieses germanischen Volksstamms begonnen hatte. Tullio hatte erkennbar von seiner Karriere im Heer profitiert. Durch seinen Dienst war er Bürger und Angehöriger der Equites geworden, der höchsten gesellschaftlichen Schicht Roms unterhalb der Senatoren. Er besaß eine schöne Wohnung hier in Eburacum und hatte sich sogar eine Frau genommen, eine dunkelhaarige Britannierin. Er war ein leibhaftiges Beispiel dafür, dass das Heer nicht nur ein Werkzeug der Unterwerfung und Kontrolle war, sondern auch eine Maschine, die Barbaren in dienende Soldaten,

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