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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Rändern
miteinander verbunden waren. Er tauchte eine Feder in Tinte und begann munter, Zahlen hinzukritzeln. »Einundsiebzig Meilen, sagst du? Zehn Fuß mal fünfzehn? Wenn eine Meile also, ähm, so viele Fuß hat … Der Punkt ist nämlich der, mein Freund, ich habe mit Legionären gearbeitet. Ich weiß, wie viele Steine oder wie viel Erde ein Mann pro Tag bewegen kann …« Er kam zu einem Ergebnis und tippte mit seiner Feder auf das Holztäfelchen. »Um all diese Steine von den Steinbrüchen dorthin zu befördern, wo der Wall verlaufen soll, brauchten wir insgesamt zwanzig Millionen Legionärsarbeitstage. Wir haben im Höchstfall fünfzehntausend Legionäre, und jeder Mann kann vielleicht zweihundert Tage pro Jahr schaffen – dieses Jahr weniger, weil wir schon Juni haben. Und wenn man die eine Zahl durch die andere teilt – tja, hier haben wir’s –, werdet ihr feststellen, dass ihr über sechs Jahre braucht, um diesen Wall zu bauen. Nicht drei!«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Schau dir die Zahlen an!« Tullio warf dem Architekten sein Notizbuch hin. »Oh, es ist natürlich immer möglich, ein bisschen Zeit einzusparen. Man nimmt nur Stein, den es vor Ort gibt. Treibt die Legionäre ein bisschen mehr an. Setzt vielleicht lokale Arbeitskräfte oder Sklaven ein, obwohl … wenn die nicht ausgebildet sind, werden sie nicht viel nützen. Aber nichts von alledem wird wirklich etwas ändern. Nein, ich sage, es geht einfach nicht, mein Freund.«
    Der alte Xander sah aus, als werde er gleich in Tränen ausbrechen.

    Severa starrte Tullio wütend an. »Ich weiß nicht, weshalb wir diese Debatte überhaupt führen. Der Befehl zur Errichtung dieses Walls kommt von Kaiser Hadrian persönlich.«
    Tullio lehnte sich zurück und verschränkte seine massigen Arme. »Ist mir egal, ob er der Kaiser der Römer oder der König der Moorleichen ist. Man kann einen Sechsj ahreswall nicht in drei Jahren bauen, Schätzchen.«
    Severas Wut war eisig. »Nenn mich ja nicht ›Schätzchen‹, du zotteliger …«
    »Severa!«, fauchte Karus.
    Annius studierte das Modell. »Ich sage euch was. Warum bauen wir ihn nicht aus Grassoden? Hält die haarigen Burschen aus dem Norden genauso gut fern und ist in weniger als der Hälfte der Zeit erledigt.«
    »Grassoden? Grassoden ?«, sagte Severa drohend. »Wenn ich jetzt einen Klumpen Gras in der Hand hätte, du unverschämter Narr, würde ich ihn dir mit Freuden in den Rachen stopfen …«
    Brigonius fasste sie am Arm. »Warte«, flüsterte er. »Ich bin Steinbrecher. Ich habe ständig mit solchen Leuten zu tun. Es ist nur ein Spiel. Lass uns ein wenig Zeit.«
    Karus stand hastig auf. »Ganz recht. Schlafen wir drüber, ja?« Er ragte massiv über Severa auf, bis sie sich aus dem Raum geleiten ließ. Dann setzte er sich und stieß erleichtert die Luft aus seinen Hängebacken.
    »Reichlich übellaunig, die Gute, was?«, meinte Tullio.

    »Das war noch gar nichts«, entgegnete Karus trocken.
    Brigonius sah Tullio an. »Kommen wir zum Geschäft, ja? Du hast gehört, was sie gesagt hat, Präfekt. Wir haben es hier mit dem Kaiser zu tun. Und der Kaiser will einen Steinwall.«
    »Hör zu, Schwarzbart«, sagte Tullio schleppend, »der Kaiser kann seinen Wall auf dem Mond bauen wollen , aber das heißt nicht, dass es machbar ist.«
    »Und was ist machbar?«
    Annius zupfte an seiner Lippe. Auf seine schwerfällige Weise schien er der Kreativere der beiden zu sein, dachte Brigonius, und er versuchte zumindest, Lösungen zu finden. »Hört mal«, sagte er langsam. »Wie wär’s, wenn wir ihn halb aus Grassoden und halb aus Stein bauen? Das ließe sich wahrscheinlich in der Zeit schaffen. Dann hat man das Beste von allem, eine vollständige Abwehrbarriere in drei Jahren und ein hübsches Stück Mauerwerk, um die Oberen zu beeindrucken.«
    Brigonius wollte diesen Vorschlag spontan zurückweisen, aber Xander sagte müde: »Vier Zehntel.«
    Brigonius drehte sich zu ihm um. »Was?«
    »Nicht die Hälfte. Vier Zehntel Grassoden, der Rest Stein, wie es der Plan vorsieht.«Er tippte auf Tullios Notizbuch. »Nach den Zahlen ist das machbar, wenn du in deinen Berechnungen ehrlich bist, Präfekt. Außerdem habe ich es vorher schon selbst ausgerechnet.«
    Tullio nahm das Notizbuch wieder an sich und
überarbeitete seine Berechnungen rasch. »In Ordnung. Ja, vier Zehntel Gras, sechs Zehntel Stein. Ja, das ließe sich machen.«
    Xander wandte sich an Brigonius. »Mehr bekommen wir in der Zeit nicht hin.«
    Karus

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