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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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nützliche Veteranen und loyale Bürger verwandelte. Und da die Offiziere aus der Senatorenklasse ihre Provinzposten nur als Durchgangsstationen auf dem Weg zu glanzvolleren Karrierezielen bekleideten, war Tullio womöglich
der erfahrenste Soldat in Vindolanda oder überhaupt in allen nördlichen Römerfestungen.
    Und nun hatte Nepos, der als Statthalter Oberkommandierender der Armee in Britannien war, diesem stämmigen Mann einen merkwürdigen Auftrag erteilt.
    Der Wall würde von den Legionären erbaut werden, die als Nachfahren von Roms ersten Soldaten, Phalangen von Bauernsoldaten aus den Ebenen Latiums, nach wie vor den Kern des Heeres bildeten. Alle drei britannischen Legionen würden Truppen schicken. Legionäre wurden im Bauhandwerk ausgebildet, und jede Legion hatte ihre eigenen Spezialistengruppen von Bauwerkern, Architekten und Baumeistern. Es gab wahrscheinlich keine Arbeiterschaft der Welt, die besser für eine solch gewaltige Aufgabe geeignet gewesen wäre.
    Doch sobald der neue Wall einmal gebaut war, sollte er nicht von Legionären, sondern von Hilfstruppen bemannt werden. Einige Hilfstruppen bestanden aus Fußsoldaten wie die Legionen, viele aber auch aus Spezialisten: Reitern, Schleuderern, Bogenschützen. Heutzutage waren viele Auxiliarsoldaten Provinzler, die wegen ihrer besonderen Fähigkeiten ins Heer aufgenommen wurden. Für die schnellen Operationen einer Grenzfestung zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung eigneten sich Auxiliareinheiten besser als die für die Feldschlacht im offenen Gelände ausgebildeten Legionen.
    Der Statthalter, ein pragmatischer Mann, hielt einen
»Vorarbeiter« für nötig, der das Projekt überwachte und Nepos rechenschaftspflichtig war. Als Kommandeur einer Hilfstruppe würde Tullio keine der Legionärseinheiten befehligen, die den Wall bauen sollten. Aber da seine Soldaten ihren Dienst am und auf dem Wall versehen würden, hatte Tullio ein ureigenes Interesse daran, dass er seinen Zweck erfüllte. Und darum, hatten kluge Berater entschieden, war Tullio genau der Richtige für die Aufgabe.
    Das Problem war, dass dieser tüchtige, vertrauenswürdige Mann nun dasaß und sich über Xanders schönen Plan kaputtlachte.
    Karus erhob sich würdevoll. »Dies ist ein kaiserlicher Auftrag, ihr Herren. Wir alle haben ein Interesse daran, diesen Auftrag zu erfüllen. Und ihr lasst es ein wenig an Respekt gegenüber der Dame fehlen. Gehen wir doch bitte mit etwas mehr Ernst an die Sache heran.«
    Diese Masche schien zu wirken, und Tullio beruhigte sich. »Na schön. Und du, Butimas, wenn du dieses Kastell verschluckst, kannst du was erleben!« Tullio stieß mit dem Fuß nach seinen Söhnen, die, über ihre eigenen Scherze lachend, die Flucht ergriffen. Tullio wandte sich wieder Xander zu. »Tut mir leid, mein Freund. Versuch’s noch mal. Mach mir deinen Wall schmackhaft.«
    Mit zittrigen Fingern reparierte Xander sein zunehmend ramponiertes Modell und wandte sich einer Mappe mit Skizzen auf Pergament zu. »Das hier ist die eigentliche Mauer. Fünfzehn Fuß hoch, zehn breit.
Ein Fundament aus Steinplatten in Lehm, dann zwei Reihen behauener Sandsteine um einen Kern aus Lehm oder Gussgestein. Vor der Mauer – auf der Nordseite, zu den Barbaren hin – ein achtzehn Fuß breiter Schutzwall aus Sand und dann ein V-förmiger Graben, siehst du? Siebenundzwanzig Fuß breit, zehn tief, mit einem Entwässerungskanal am tiefsten Punkt.«
    »Und dieses Ding soll sich quer durchs Land ziehen, ja?«
    »Ja. Hiesige Flüsse werden in unterirdischen Kanälen durch den Wall geführt. Bei größeren Flussquerungen werden wir Brücken brauchen.«
    »Brücken, natürlich«, meinte Tullio immer noch spöttisch.
    Der Adjutant, Annius, sagte fröhlich: »Und obendrein wollt ihr Kastelle und Türme, nehme ich an.«
    »Ein Kastell jede Meile, mit einem Tor, und zwei Türme in der Steinmauer zwischen jedem Kastellpaar. Hier sind die Zeichnungen … die Mauer wird verputzt und weiß gestrichen.«
    »Oh, sehr hübsch«, sagte Annius.
    »Ein solches Bauwerk quer über die engste Stelle des Landes wird ein imposantes Manifest sein.«
    »Mein Schwanz ist ein imposantes Manifest«, knurrte Tullio, »aber er wird nicht von einem Meer bis zum anderen reichen, ebenso wenig wie dieser Wall. Hör zu, mein Freund, lass mich dich aus deinem Elend erlösen.« Er nahm ein Notizbuch zur Hand, einen dicken Holzblock, und schüttelte ihn, sodass er sich in einen Stapel von Täfelchen verwandelte, die an den

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