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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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»Überrascht dich das? Dies ist ein schreckliches Land, Brigonius.«
    »Es ist nur anders, als du’s gewohnt bist, das ist alles. Und vergiss nicht, deine Vorfahren kommen aus Brigantien.« Er nahm ihre Hand; sie war warm und weich. »Lepidina – diese Stunde in Camulodunum, was dort passiert ist …«
    »Du denkst an die Zukunft, nicht wahr?«, platzte sie heraus. »An unsere Zukunft, eine gemeinsame Zukunft für uns.«
    Er zögerte; die nächste Frage wollte ihm nicht über die Lippen kommen. »Du nicht?«
    »Doch. Doch, ich glaube schon«, sagte sie.
    Er atmete aus.
    »Aber wo wir vor all diesem Legionärsstein stehen – es kommt mir so unwirklich vor, Brigonius. Wir sind so verschieden, unsere Welten sind so weit voneinander entfernt wie die Sonne und der Mond. Könntest du in einer Stadt leben, und sei es auch nur ein Schlammloch wie Camulodunum? Oder könnte ich in einem von diesen komischen runden Holzhäusern wohnen? Ich möchte mit dir zusammen sein. Ich glaube , dass ich es möchte. Aber wie soll das gehen?«
    »Was sollen wir dann tun?«
    »Wir sollten uns Zeit lassen, Brigonius. Es dauert
drei Jahre, einen Wall zu bauen. Für eine Liebe braucht man ein ganzes Leben.«
    Er lächelte. »Manchmal bist du wirklich tiefsinnig, Lepidina.«
    Sie wölbte eine Augenbraue. »Du herablassendes Ekel.«
    »Ob die Prophezeiung deiner Mutter wohl eine Hilfe wäre?«
    Lepidina lachte traurig. »Prophezeiungen befassen sich mit Belanglosigkeiten wie dem Fall von Imperien. Sie sagen nichts über die wichtigen Dinge wie Liebe und das menschliche Herz! Hör zu, Brigonius, wir müssen jetzt nicht über all dies nachdenken. Wenn es Mutter gelingt, ihren Wall zu erbauen, wenn du tausend Wagenladungen Stein ans römische Militär verkaufst, dann werden wir alle reich – unglaublich reich. Und eines weiß ich über die römische Lebensweise, nämlich, dass Geld alles ändert. Wir werden leben können, wie wir wollen und wo wir wollen. Aber jetzt …«
    »Ja?«
    Sie küsste ihn leicht auf die Lippen.
    Als sie zur Kutsche zurückkamen, ging Severa auf sie los. »Ihr seid also ein Liebespaar.«
    Lepidina fuhr auf: »Mutter …«
    Brigonius hob die Hände. »Claudia Severa, wenn du auf den Tag des Banketts in Camulodunum anspielst …«
    »Als du sie gefickt hast? Das meine ich nicht. Was ist schon ein Fick? Tiere ficken. Menschen verlieben sich. Ich sehe es doch. Ihr fühlt euch wohl in der Gegenwart
des anderen. Wie ihr redet, wie ihr geht. Ihr verschmelzt miteinander. Es ist offensichtlich.«
    »Severa«, sagte Brigonius behutsam, »ich glaube nicht, dass wir unsere Herzen kennen. Noch nicht.«
    »Ach nein?« Severa beugte sich vor, und im Halbdunkel unter dem Blätterdach war ihr Gesicht eine Maske blutleerer Entschlossenheit. »Hört mir zu. Eure dummen Herzen spielen keine Rolle. Was zählt, ist das Projekt. Denn das Projekt ist unsere Zukunft – die Zukunft unserer Familien auf viele Generationen hinaus. Merkt euch eins, ihr beiden: Ihr seid hier, um meinen Zwecken zu dienen. Halt einfach den Mund, Brigonius, tu, was man dir sagt, und wenn du mit meiner Tochter herummachen musst, dann tu es außer Sichtweite der Römer.« Und sie wandte sich mit einem höhnischen Lächeln ab.
    Brigonius war schockiert. Severa hatte ihre Tochter offenkundig als Lockvogel benutzt, um ihn zu ködern und ihrem Plan mit seinem Steinbruch eine gewisse Plausibilität zu verleihen. Nun hatte er eine unsichtbare Linie überschritten, indem er Lepidina zu nahe gekommen war, und sie hatte zurückgeschlagen. In Severas kalten Berechnungen war kein Platz für Liebe – nicht einmal für Mitleid.
    Lepidina war auf stille Weise zornig. Aber es war Brigonius klar, dass ihre Mutter sie ihr ganzes Leben lang derart heruntergeputzt hatte. Brigonius begann sich zu fragen, wozu Severa fähig war, wie weit sie bei der Verfolgung ihrer Ziele gehen würde.
    Karus und Xander hatten natürlich jedes Wort
mitbekommen. Karus versuchte, das angespannte Schweigen zu überspielen, indem er sich die Hände rieb. »Nun, was mich betrifft, so könnte ich einen guten Schiss, ein Bad und etwas zu trinken und zu essen brauchen, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.«
    Xander schnaubte. »Für einen Advokaten bist du manchmal ziemlich vulgär.«
    »Das ist der Brittunculus in mir«, sagte Karus fröhlich.
    Severa holte einen Brief aus ihrer Handtasche und entfaltete ihn; die Bindungen der Holztäfelchen knarrten leise. »Ich habe eine Einladung von einer gewissen

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