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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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rangniederer Offizier kam herbeigelaufen. »Wir werden angegriffen, Herr!«
    »Das sehe ich!«, blaffte Tullio. Er zog sein Stichschwert und wandte sich nach Norden. »Vielleicht versuchen diese Nordleute ihr Glück, bevor der Wall errichtet ist. Hol mir einen Signalgeber und sag ihm …«
    »Herr.« Der Offizier, nicht älter als fünfundzwanzig, war beunruhigt und ratlos. »Sie kommen nicht von Norden.«
    »Woher dann?«
    »Von Süden, Herr. Von Süden!«
    Tullio fiel die Kinnlade herunter. »Von Süden? Auf welcher Seite dieses verfluchten Walls sollen die Barbaren denn eigentlich sein? Und wie haben sie mein Lager angezündet?«
    »Das kann ich beantworten, Herr.« Ein brutal aussehender
Zenturio trat auf sie zu. Sein Gesicht war von Asche gestreift, und von seiner Hand baumelte etwas herab, was von einer dunklen Flüssigkeit troff. »Er war im Lager. Er hatte hier zu tun; er ist früher schon hier gewesen. Wir hatten keinen Grund, ihm zu misstrauen. Aber er hatte eine Flasche mit Öl dabei, die er angezündet hat und …«
    »Wer, Mann? Wer hat das getan?«
    Der Zenturio starrte Brigonius böse an. »Der gehört zu dir, glaube ich.« Er hob den Arm. Das Ding in seiner Hand war ein am Hals abgeschlagener menschlicher Kopf, aus dem noch immer Blut lief. Das Gesicht war hinter einem dichten schwarzen Bart verborgen. Der Zenturio warf das nasse Ding auf den Boden.
    Brigonius zuckte zusammen, wich jedoch nicht zurück, während Lepidina sich hinter ihm duckte. »Matto«, flüsterte Brigonius. »Oh, du Narr.«
    Tullio machte ein finsteres Gesicht. »Für Beschuldigungen ist später noch Zeit. Zunächst einmal müssen wir die Situation in den Griff bekommen. Du«, wandte er sich an den Zenturio. »Du übernimmst die Verantwortung für die Vorgänge im Lager. Löscht dieses Feuer, bevor es noch mehr Schaden anrichtet.« Der Zenturio lief davon. »Annius, du kommst mit mir. Was machen diese Signalgeber da oben im Turm, holen die sich gegenseitig einen runter? Ich muss rausfinden, was im Land passiert …« Er stolzierte davon, empört, zornig und überaus kompetent.
    Karus starrte den abgeschlagenen Kopf an. »Ich kannte diesen Mann.«

    »Er war mein Vetter«, sagte Brigonius grimmig. »Er hat für mich gearbeitet, im Steinbruch.«
    »Was ging nur in seinem Kopf vor, Brigonius? Er muss doch gewusst haben, dass er einen einsamen Angriff auf ein Römerlager nicht überleben konnte.«
    »Aber der Tod war ihm egal«, sagte Xander leise. »Die Römer sind schon früher auf solche Selbstmordattentäter getroffen – und sie wissen, dass es schwer ist, mit ihnen fertig zu werden. Wie Tacitus geschrieben hat: ›Der Mann, der bereit ist zu sterben, wird euch stets überlegen sein.‹«
    Die Flut von Befehlen, die Tullio von sich gab, tat alsbald ihre Wirkung. Soldaten schwärmten durchs Lager und machten Waffen und Rüstungen bereit. Währenddessen versammelten sich andere um das Feuer. Sie schleppten einen Karren mit einem schweren Wassertank herbei. Zwei bullige Fußsoldaten betätigten einen Zweimannhebel, und Wasser wurde aus einer Düse gepresst. Der Karren wurde hastig gedreht, sodass der Wasserstrahl der Feuerwehr auf die brennenden Zelte gerichtet war.

XVI
    Es wurde allmählich dunkel; der lange Tag ging in die Nacht über. Brigonius und seine Gruppe hockten mit Tullios Stab dicht gedrängt im Zelt des Präfekten.
    Außerhalb des Lagers war das Land in Aufruhr. Brigonius hörte Rufe und Schreie, und ein durchdringender Rauchgestank hing über dem Lager. Die Soldaten drückten sich auf ihren Wachposten herum und spähten in die gefährliche Dunkelheit.
    Zu Brigonius’ Überraschung schickte Tullio seine Streitkräfte nicht sofort hinaus, um den Feind zum Kampf zu stellen. Während der Nacht ließen die Wachen nur Meldereiter durch. Auf dem alten Signalturm wurden Fahnen gehisst und Leuchtfeuer angezündet, und überall in der unruhigen Landschaft leuchteten als Reaktion darauf weitere winzige Feuer auf, als das Massenbewusstsein der Armee Informationen über die Geschehnisse aufnahm und weiterleitete.
    Bald wurde klar, dass der Aufstand koordiniert gewesen war. Überall an der Linie des Walls hatte es Angriffe gegeben, meist übereilte Selbstmordattacken. Zugleich war es im Land zu einer allgemeinen Erhebung gekommen, bei der Steuerbeamte und Ratsmitglieder, viele von ihnen selbst Briganten, beschimpft
und angegriffen und ihre Häuser geplündert worden waren. Der schlimmste Zwischenfall hatte sich westlich von

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