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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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von ihnen hatte eine Antwort darauf.
    Tullio unternahm einen offensichtlichen und
freundlichen Versuch, Lepidina einzubeziehen. »Was ist mit deinem christlichen Gott, junge Dame? Was hat er über die Zeit und das Schicksal zu sagen?«
    »Jesus war der Mensch gewordene Gott«, antwortete Lepidina milde. »Was er uns zu sagen hatte, betrifft die Art und Weise, wie wir unser Leben führen. Wie wir übereinander denken. Über Zeitanschauungen hatte er nichts zu sagen.«
    »Aber wenn ich eure Mythologie richtig verstehe«, sagte Karus, »dann war Jesu Leben zeitgebunden, anders als bei den Göttern der Vergangenheit, und es kennzeichnete einen großen historischen Einschnitt. Er war der Mensch gewordene Gott, und mit seinem Leben und seinem Tod durch Mörderhand hat er die Menschheit erlöst.«
    Xander zog die Augenbrauen hoch. »Jesus ist also ein Gott, der sich einmischt, wie die alten olympischen Götter. Ich dachte, mit denen wären wir fertig! Und er ist ermordet worden? Auf welche Weise?«
    »Von den Römern«, sagte Lepidina. »Der Statthalter von Judäa hat ihn als Rebellen hinrichten lassen.«
    Tullio sagte mit rauer Stimme: »Ich kannte jemanden, der jemanden kannte, der deinen Christus kannte.«
    Lepidina machte große Augen. »Wirklich?«
    »Der Bursche, von dem ich rede, war ein Veteran im Ruhestand, als ich gerade zum Militär kam. Damals war ich achtzehn oder so. Ich habe ihn in Pannonien getroffen. Und er hat mir von einem Veteranen erzählt, den er in Afrika kennengelernt hatte, als er noch jung
war. Dieser Bursche war Zenturio gewesen, und er hatte an jenem Tag in Judäa Dienst, als dein Christus gekreuzigt wurde. Die Kameraden hätten Erbarmen mit ihm gehabt, meinte er. Als er am Kreuz gestorben sei, habe ihm einer von ihnen Soldatenwein zu trinken gegeben.« Er hob seinen Becher. »Solchen wie den hier.«
    Sie saßen ernst da und dachten darüber nach.
    Karus murmelte: »›Während Gott als Kind geboren wird …‹«
    »Aus der Prophezeiung«, sagte Brigonius.
    »Ja. Ich habe mich oft gefragt, Lepidina, was diese Formulierung bedeutet. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Severa recht hat, dass es in diesen Zeilen um Hadrian und den Wall geht, passt dieser Halbsatz nicht hinein. Du hast immer behauptet, die Prophezeiung sei mit deinem jungen Glauben verbunden, weil die Geburtsdaten eures Vorfahren und deines Christus übereinstimmten. Ich frage mich, ob diese Zeile uns etwas über einen großen künftigen Konflikt zwischen deinem jungen Gott und den alten Göttern erzählt. Aber wenn es so ist, wohin führt uns die Prophezeiung dann? Was will der Weber? …«
    Ein lautes Krachen ertönte, und ihnen stieg der Geruch von Rauch in die Nase. Tullio ließ seinen Becher mit Wein fallen und rannte aus dem Zelt.

XV
    Im Lager herrschte ein einziges Chaos. Soldaten – einige nur halb bekleidet – rannten in alle Richtungen und fummelten an Waffen und Rüstungen herum. Und in einer Ecke des Lagers stieg eine Rauchwolke auf.
    Xander schaute sich verwirrt um. »Was ist passiert? Was sollen wir tun?«
    »Gar nichts«, sagte Brigonius mit fester Stimme. Er fasste Lepidina am Arm. Ihre Miene war verschlossen, und er konnte nicht erkennen, was sie dachte oder empfand. Dies war nicht der richtige Ort für sie, sagte er sich ärgerlich. »Bleib bei mir. Das Lager wird offenkundig angegriffen. Hier sind wir am sichersten. Lass die Soldaten einfach ihre Arbeit erledigen.«
    Karus schüttelte den Kopf; er torkelte unübersehbar vom Wein. »Ich möchte wissen, wie sie’s geschafft haben, das Lager in Brand zu stecken. Was haben sie benutzt, ein Katapult?«
    Tullio kam zu ihnen und sah Brigonius wütend an. »Du. Du bist Brigant. Wirst du mir Schwierigkeiten machen?«
    »Nein.«
    Tullio ließ nicht locker. »Was bist du dann? In dieser Nacht werden römische Schwerter vielen deiner
Landsleute den Bauch aufschlitzen. Bist du ein Verräter an deinem eigenen Volk?«
    Die Frage traf Brigonius ins Herz. »Nein«, sagte er. »Aber ich bin auch kein Narr. So wird man mit den Römern nicht fertig; das ist ein aussichtsloses Unterfangen.«
    »Und wie wird man mit den Römern ›fertig‹?«
    »Indem man euch mit euren eigenen Waffen schlägt. Euch bis auf die letzte Sesterze ausnimmt.«
    Tullio musterte ihn eingehend. »Also schön. Bleib nah bei mir oder bei Annius; es wird wahrscheinlich eine lange Nacht werden. Und halte diese Leute unter Kontrolle.« Er wandte sich ab, und Brigonius und seine Gruppe waren entlassen.
    Ein

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