Imperium
aus dem Speisezimmer vermuten, dass Terentia die feierliche Gelegenheit genutzt und ihre Schwangerschaft verkündet hatte.
Später am Abend betrat Cicero breit grinsend das Arbeitszimmer. Meinen Glückwunsch nahm er mit einer dankbaren Verbeugung entgegen. »Sie ist sicher, dass es ein Junge wird. Anscheinend hat die Bona Dea sie mittels bestimmter übernatürlicher Zeichen, die nur die Frauen verstehen, von dieser Tatsache unterrichtet.« Erwartungsfroh rieb er sich die Hände und konnte einfach nicht aufhören zu grinsen. »Ein neugeborenes Kind, Tiro, das ist in Wahlzeiten immer eine herrliche Zugabe - es steht für einen virilen Kandidaten und respektablen Familienmenschen. Sag Quintus Bescheid wegen der Wahlkampftermine für den Kleinen.« Er zeigte auf meine Wachstafel. »Das war ein Witz, du Trottel!«, lachte er, als er mein fassungsloses Gesicht sah, und tat so, als wolle er mir eine Ohrfeige verpassen. Ich bin mir nicht sicher, über wen von uns beiden das mehr aussagt, über ihn oder über mich, dass ich bis heute noch nicht vollkommen davon überzeugt bin, ob er damals wirklich nur Spaß gemacht hat.
Seit dieser Zeit hielt sich Terentia noch strikter an ihre religiösen Rituale. Am nächsten Tag bat sie Cicero, mit ihr auf das Kapitol zum Tempel der Juno zu gehen, wo sie ein Lamm kaufte, das sie zum Zeichen der Dankbarkeit für ihre Schwangerschaft und Ehe von den Priestern opfern ließ. Cicero begleitete sie mit Freuden, denn er war zutiefst beglückt von der Aussicht auf ein zweites Kind. Außerdem wusste er, wie begierig die Wähler derartige öffentliche Zurschaustellungen von Frömmigkeit aufnahmen.
Wohl oder übel muss ich mich jetzt wieder dem wuchernden Tumor namens Sergius Catilina zuwenden.
Ein paar Wochen nachdem Metellus Pius Cicero zu sich zitiert hatte, fanden die Konsulatswahlen jenes Jahres statt. Der Einsatz von Bestechungsgeldern seitens der Sieger war jedoch dermaßen schamlos, dass die Wahlen sofort annulliert und für Oktober neu angesetzt wurden. Catilina nutzte die Gelegenheit und meldete seine Kandidatur an. Der alte Kämpfer Pius machte jedoch Catilinas Hoffnungen in seiner wahrscheinlich letzten siegreichen Schlacht zunichte: Der Senat legte fest, dass nur die Kandidaten wieder antreten konnten, die auch schon bei der ersten Wahl zur Abstimmung gestanden hatten. Die Folge war einer von Catilinas berüchtigten Wutausbrüchen. Auf dem Forum stieß er zusammen mit seinen Schlägerfreunden die wüstesten Drohungen aus, die der Senat so ernst nahm, dass er den Konsuln eine bewaffnete Leibwache zur Seite stellte. Was die Klage der Afrikaner anging, so hatte - wie nicht anders zu erwarten - niemand den Mut gehabt, ihren Fall vor dem Gerichtshof für Erpressungen zu vertreten. Einmal deutete ich Cicero gegenüber an, ob das nicht etwas für ihn wäre, der Fall sei doch populär genug, um sich dafür einzusetzen - schließlich habe ihn der Sieg über Verres zum berühmtesten Anwalt der Welt gemacht. Doch Cicero schüttelte den Kopf. »Verglichen mit Catilina war Verres ein Kätzchen. Außerdem war Verres ein Mann, den kaum jemand mochte, während Catilina durchaus Anhänger hat.«
»Warum ist der nur so beliebt?«, fragte ich.
»Gefährliche Männer scharen immer Verehrer um sich, aber das ist es nicht, was mir Sorge macht. Wenn es nur um den Pöbel ginge, wäre er keine so große Gefahr. Sorge macht mir seine breite Anhängerschaft unter den Aristokraten - Catulus unterstützt ihn, was heißt, dass er wahrscheinlich auch Hortensius auf seiner Seite hat.«
»Hortensius und der primitive Catilina?«
»Wenn die Situation es erfordert, weiß Hortensius solch einen Straßenkämpfer sehr wohl für sich einzusetzen. So manch kultiviertes Haus leistet sich einen bissigen Wachhund. Außerdem ist Catilina auch ein Sergius, vergiss das nicht, sie akzeptieren ihn schon aus reinem Snobismus. Die Massen und die Aristokraten, in der Politik ist das eine einflussreiche Verbindung. Wir können nur hoffen, dass ihn bei den Konsulatswahlen im nächsten Sommer irgendwer aufhält. Ich bin schon dankbar, dass es bis jetzt nicht so aussieht, als ob das an mir hängen bleiben würde.«
Damals glaubte ich, dass derartige Bemerkungen nur die Götter verlockten, ihre Existenz nachzuweisen. Weil sie sich nämlich immer dann, wenn ihnen auf ihren himmlischen Bahnen derart selbstzufriedene Reden zu Ohren kommen, einen Spaß daraus machen, ihre Macht zu demonstrieren. Und tatsächlich hatte Caelius
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