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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Rufus nicht lange nach dieser Unterhaltung beunruhigende Neuigkeiten für Cicero. Caelius war damals siebzehn und, wie sein Vater schon gesagt hatte, ziemlich unbotmäßig. Er war groß und gut aussehend und ging mit seiner tiefen Stimme und dem kleinen Spitzbart, der bei ihm und seinen eleganten Freunden gerade in Mode war, leicht als Mann von Anfang zwanzig durch. Abends, wenn Cicero noch über seiner Arbeit saß und alle anderen bereits schliefen, schlich er sich im Dunkeln aus dem Haus und kehrte oft genug erst kurz vor Morgengrauen wieder zurück. Er wusste, dass ich mir ein wenig Geld zusammengespart hatte, und versuchte dauernd, mich anzupumpen. Eines Abends, nachdem ich wieder einmal Nein gesagt hatte, ging ich in meine Kammer und stellte fest, dass er mein Versteck gefunden und ausgeplündert hatte. Nach einer elenden Nacht, in der ich kein Auge zugetan hatte, stellte ich ihn am nächsten Morgen zur Rede und drohte, alles Cicero zu erzählen. Da traten ihm die Tränen in die Augen, und er versprach, alles zurückzuzahlen, was er, das muss ich gerechterweise sagen, mit großzügigen Zinsen auch tat. Ich suchte mir daraufhin ein anderes Versteck für mein Geld und erzählte niemandem von diesem Vorfall.
    Bei seinen nächtlichen Steifzügen zog Caelius saufend und hurend mit einer Gruppe übel beleumundeter junger Adliger durch die Stadt. Einer von ihnen war Gaius Curio, der einundzwanzigjährige Sohn eines ehemaligen Konsuls, der ein großer Förderer von Verres gewesen war. Ein anderer war Hybridas Neffe Marcus Antonius, der damals achtzehn Jahre alt gewesen sein muss. Der eigentliche Anführer der Bande, vor allem weil er der Älteste und Reichste unter ihnen war und die anderen zu Dummheiten verführte, die ihnen nicht einmal im Traum eingefallen waren, war Clodius Pulcher. Er war etwa Mitte zwanzig und hatte im Osten acht Jahre Militärdienst abgeleistet, wobei er in alle Arten von Schwierigkeiten geraten war - unter anderem hatte er eine Meuterei gegen Lucullus angezettelt, der zufällig sein Schwager war, und war dann von den Seeräubern, die er eigentlich bekämpfen sollte, gefangen genommen worden. Aber jetzt war er wieder in Rom, suchte nach einer Möglichkeit, sich einen Namen zu machen, und hatte eines Abends verkündet, dass er jetzt wisse, wie er das anstellen würde. Es sei eine verwegene und riskante, aber auch spaßige und unterhaltsame Unternehmung (das waren laut Caelius exakt seine Worte) - er würde die Klage gegen Catilina einreichen.
    Als Caelius am nächsten Morgen in Ciceros Arbeitszimmer stürmte, um ihm die Geschichte zu erzählen, wollte der sie zunächst nicht glauben. Was er von Clodius wusste, war nur das überall umlaufende skandalöse Gerücht, dass er mit seiner eigenen Schwester geschlafen hatte. Allerdings hatte das Gerücht erst kürzlich dadurch Substanz erhalten, dass Lucullus selbst dies als einen der Gründe für die Scheidung von seiner Frau angeführt hatte. »Was hat so eine Kreatur in einem Gerichtssaal verloren«, höhnte Cicero, »außer als Angeklagter?« Worauf Caelius auf seine freche Art nur erwiderte, Cicero brauchte in den nächsten ein, zwei Stunden nur kurz beim Gericht vorbeizuschauen, dann hätte er den Beweis. Da würde nämlich Clodius seinen Antrag auf Klageerhebung vorlegen. Selbstredend konnte Cicero einem solchen Schauspiel nicht widerstehen. Sobald er seine wichtigeren Klienten empfangen hatte, eilten wir - Cicero, Caelius und ich - hinunter zu seinem alten Lieblingsspielplatz am Tempel des Castor.
    Mysteriöserweise, wie es Dramatik verheißende Ereignisse so an sich haben, hatte sich die Neuigkeit schon verbreitet, sodass vor den Tempelstufen bereits mehr als hundert Schaulustige zusammengeströmt waren. Der amtierende Prätor, ein Mann namens Orbius, der später Statthalter von Asia wurde, hatte gerade auf seinem kurulischen Stuhl Platz genommen und schaute sich angesichts des Menschenauftriebs verwundert um, als sechs oder sieben hochnäsig grinsende junge Männer vom Palatin kommend völlig unbefangen auf ihn zuschlenderten. Unübersehbar legten sie Wert auf die neueste Mode, und ich vermute, dass sie mit ihren langen Haaren, den gestutzten Bärtchen und den breiten, bestickten Gürteln, die lässig auf ihren Hüften lagen, dieser auch entsprachen. »Was für ein Schauspiel!«, murmelte Cicero, während sie an uns vorbeigingen und uns in eine nach Kokosöl und Safranbalsam duftende Wolke einhüllten. »Sehen aus wie Frauen, die Burschen.«

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