Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
der Kandidaten, denen die ungewöhnliche Umtriebigkeit der Stimmenkäufer nicht verborgen geblieben war, konnten den Konsul Marcius Figulus dazu bewegen, im Senat einen scharfen Gesetzesentwurf gegen illegale Wahlkampfpraktiken einzubringen, der unter dem Namen lex Figula bekannt wurde. Es war einem Kandidaten schon vorher verboten gewesen, Bestechungsgeld anzubieten; das neue Gesetz stellte auch unter Strafe, wenn ein Wähler Bestechungsgeld annahm.
    Am Tag der Senatsaussprache über den Gesetzesantrag bat der Konsul zuerst reihum die Kandidaten um ihre Meinung. Sacerdos, dem als ältesten Kandidaten das erste Rederecht zustand, sprach sich scheinheilig für das neue Gesetz aus; ich konnte sehen, wie Cicero sich vor Ärger wand angesichts der Phrasen, die Sacerdos von sich gab. Hybrida sprach sich natürlich dagegen aus, stümperhaft und geistlos, wie man es von ihm gewohnt war - niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass sein Vater einmal der begehrteste Anwalt Roms gewesen war. Der ohnehin chancenlose Galba nutzte die Gelegenheit, um seine Kandidatur zurückzuziehen und hochmütig zu erklären, dass die Teilnahme an einem derart erbärmlichen Schauspiel nur die Erinnerung an seine Vorfahren besudele. Catilina sprach sich aus naheliegenden Gründen ebenfalls gegen die lex Figula aus. Allerdings muss ich zugeben, dass er ein beeindruckendes Bild abgab, wie er seelenruhig und hoch aufragend zwischen seinen Banknachbarn stand. Als er zum Schluss seiner Ausführungen kam, deutete er auf Cicero und donnerte, dass die Einzigen, die von einem weiteren neuen Gesetz profitieren würden, die Anwälte seien, was die Aristokraten mit den üblichen Bravorufen quittierten. Als Cicero sich erhob, war ich gespannt, was er sagen würde. Er befand sich in einer heiklen Lage, denn er wollte natürlich nicht, dass das Gesetz scheiterte, aber so kurz vor dem wichtigsten Wahlgang seines Lebens wollte er genauso wenig bei den Wählervereinen anecken, die das Gesetz natürlich als Angriff auf ihre Ehre betrachteten. Er zog sich geschickt aus der Affäre.
    »Im Prinzip befürworte ich das Gesetz«, sagte er. »Denn es kann nur den Schuldigen zur Last werden. Der ehrenhafte Bürger hat von einem Gesetz gegen die Bestechung nichts zu befürchten, und der unehrenhafte sollte daran erinnert werden, dass eine Stimme eine heilige Verpflichtung ist und kein Gutschein, den man einmal im Jahr zu Geld machen kann. Aber es gibt etwas, das nicht stimmt an diesem Gesetz: ein Ungleichgewicht, das ins Lot gebracht werden muss. Wollen wir wirklich, dass der arme Mann, der der Versuchung erliegt, schärfer zu verurteilen ist als der reiche Mann, der den Armen vorsätzlich dieser Versuchung ausgesetzt hat? Ich will das Gegenteil: Wenn das Gesetz gegen den einen vorgeht, dann müssen die Strafen für den anderen verschärft werden. Mit deiner Erlaubnis, Figulus, möchte ich deshalb eine Ergänzung zu deinem Gesetz vorschlagen: Jede Person, die einem Bürger gegen Geld dessen Wählerstimme abkauft, abzukaufen versucht oder deren Kauf veranlasst, soll mit zehn Jahren Exil bestraft werden.« Ein aufgeregtes und lang gezogenes »Oooh« schwappte durch die gesamte Kammer.
    Von meinem Standpunkt aus konnte ich Crassus nicht sehen, aber Cicero versicherte mir hinterher entzückt, dass sein Gesicht knallrot angelaufen sei, denn die Wendung oder deren Kauf veranlasst war direkt auf ihn gemünzt, und jeder wusste das. Seelenruhig akzeptierte der Konsul den Zusatz und fragte, ob ein Mitglied des Hauses Einwände habe. Die Mehrheit der Senatsmitglieder war zu überrascht, um überhaupt reagieren zu können, und diejenigen, die am meisten zu verlieren hatten, wie Crassus, wagten es nicht, sich in aller Öffentlichkeit zu entlarven, indem sie dagegen Stellung bezogen. Folglich wurde der Zusatz ohne Gegenrede zugelassen, und als das Haus über das Gesetz abstimmte, wurde es mit großer Mehrheit angenommen. Angeführt von seinen Liktoren, verließ Figulus die Kammer. Die Senatoren marschierten hinter ihm hinaus auf das sonnenbeschienene Forum, wo Figulus die Stufen zur Rostra hinaufstieg und das Gesetz zur sofortigen ersten Lesung dem Herold überreichte. Ich sah, dass Hybrida sich Crassus zuwenden wollte, aber von Catilina am Arm festgehalten wurde. Crassus verließ überstürzt das Forum, um nicht zusammen mit seinen Kandidaten gesehen zu werden. Jetzt mussten wie üblich die drei einmal wöchentlich stattfindenden Markttage verstreichen, bevor über das Gesetz

Weitere Kostenlose Bücher