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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Männer, die er am meisten mochte.
    »Nun?«, sagte er zu mir. Ich erzählte ihm, was passiert war, und zeigte ihm die Abschrift von Verres ' Quästoren-Abrechnung. Er las sie durch, brummte etwas und warf die Wachstafel über den Tisch. »Schau dir das an, Quintus. Der Dreckskerl ist sogar zu faul, um einigermaßen glaubwürdig zu lügen. Sechshunderttausend - hübsche runde Summe, kein Sesterz zu wenig, keiner zu viel. Wohin sind die wohl verschwunden? Passenderweise hatten damals die Oppositionstruppen die Stadt besetzt, kein Problem, das denen in die Schuhe zu schieben. Und keine Abrechnungen aus Sizilien - seit zwei Jahren? Ich stehe in deiner Schuld, Sthenius, dass du mich auf diesen Schurken aufmerksam gemacht hast.«
    »O ja, in tiefer Schuld«, flötete Terentia in zuckersüßem Zorn. »Immerhin stehen wir jetzt mit der Hälfte aller ehrbaren Familien in Rom auf Kriegsfuß. Aber dafür können wir unser gesellschaftliches Leben ja nach Sizilien verlegen. Woher genau kommst du noch gleich?«
    »Aus Thermae, Gnädigste.«
    »Thermae. Nie davon gehört, aber ich bin sicher, es ist reizend dort. Du kannst vor dem Stadtrat Reden halten, Cicero. Vielleicht wählen sie dich da unten sogar, in Rom hast du dir die Türen ja selbst verrammelt. Du kannst Konsul von Thermae werden - und ich die Konsulin.«
    »Eine Rolle, die du sicher mit der dir eigenen Grazie ausfüllen wirst, meine Liebe«, sagte Cicero und tätschelte ihr den Arm.
    Stundenlang konnten sie sich so mit Hohn überschütten. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass ihnen das sogar Spaß machte.
    »Ich sehe immer noch nicht, was du dagegen machen willst«, sagte Quintus, der gerade seinen Militärdienst abgeleistet hatte. Er war vier Jahre jünger als sein Bruder und nicht halb so schlau. »Wenn du Verres ' Machenschaften im Senat anprangern willst, dann lassen sie dich mit ihrem Rederecht auflaufen. Und wenn du ihn vor Gericht bringst, dann werden sie ihn freisprechen. Wenn du mich fragst, halt dich da raus.«
    »Und was meinst du, Lucius?«
    »Kein Ehrenmann im römischen Senat kann derartiger Korruption tatenlos zusehen. Du kennst jetzt die Tatsachen, also hast du die Pflicht, sie Öffentlich zu machen.«
    »Bravo!«, sagte Terentia. »So spricht ein wahrer Philosoph, der sich nie in seinem Leben um ein öffentliches Amt beworben hat.«
    Pomponia gähnte laut. »Können wir nicht über etwas anderes sprechen? Politik ist so öde.«
    Pomponia war eine einschläfernde Person, die außer ihrer beachtlichen Oberweite nur noch den Vorzug hatte, dass sie Atticus ' Schwester war. Ich sah, wie sich die Blicke der beiden Cicero-Brüder begegneten und mein Herr kaum merklich den Kopf schüttelte: einfach ignorieren, bedeutete sein Gesichtausdruck, hat keinen Sinn, mit ihr zu streiten. »Einverstanden«, sagte er. »Kein Wort mehr über Politik heute Abend. Ich bringe einen Trinkspruch aus.« Er hob seinen Becher, und die anderen folgten seinem Beispiel. »Auf unseren alten Freund Sthenius. Wenn wir auch heute nichts erreicht haben, so ist doch wenigstens der erste Schritt getan, um ihn wieder in seine alten Besitzrechte einzusetzen. Auf Sthenius!«
    Tränen der Dankbarkeit standen dem Sizilier in den Augen.
    »Auf Sthenius!«
    »Und auf Thermae, Cicero«, fügte Terentia hinzu, deren kleine dunkle Xanthippe-Augen ihn über den Rand ihres Bechers boshaft anfunkelten. »Wir wollen doch Thermae nicht vergessen.«
     

     
    Ich aß allein in der Küche und ging dann erschöpft in mein Zimmer. Ich zündete die Lampe an, um noch in einem Philosophiebuch zu lesen, war aber zu müde. (Mir stand es frei, jedes beliebige Buch aus der kleinen Hausbibliothek auszuleihen.) Später hörte ich, wie die Gäste das Haus verließen, die Türriegel vorgeschoben wurden und wie Cicero und Terentia wortlos die Treppe hinauf und oben in verschiedenen Richtungen weitergingen. Um nicht schon vor Sonnenaufgang geweckt zu werden, schlief Terentia schon seit langem in einem anderen Teil des Hauses. Ich hörte Ciceros Schritte über mir, dann blies ich die Lampe aus. Die auf und ab gehenden Schritte Ciceros waren die letzten Geräusche, die ich vor dem Einschlafen noch wahrnahm.
    Sechs Wochen später erreichten uns Neuigkeiten aus Sizilien. Verres hatte die dringende Bitte seines Vaters ignoriert. In Syrakus hatte er am ersten Dezember wie angekündigt die Verhandlung in Sthenius ' Abwesenheit eröffnet, hatte ihn der Spionage für schuldig befunden, zum Tod am Kreuz verurteilt und seine

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