Imperium
nicht mehr allzu viele Jahre waren -, blieb besagte Säule an ihrem Platz.
Alles in allem jedoch - um zu meiner Geschichte zurückzukehren - waren die Volktribunen ein ziemlich armseliger Haufen. Immerhin gab es aber einen darunter, dessen Talent und Energie hervorstachen, und das war Lollius Palicanus. Er war ein stolzer Mann, wenn auch von niedriger Abstammung, gebürtig aus Picenum in Norditalien, der Machtbasis von Pompeius Magnus. Man war allgemein davon ausgegangen, dass Pompeius nach seiner Rückkehr aus Spanien seinen Einfluss nutzen würde, um seinem Landsmann den Weg zum Amt des Prätors zu ebnen. Wie jedermann sonst war auch Cicero überrascht gewesen, als Palicanus im Sommer plötzlich seine Kandidatur für das Volkstribunat verkündet hatte. An jenem Morgen schien er sich äußerst wohlzufühlen. Da die Amtszeit für die neu gewählten Volkstribunen immer am zehnten Tag im Dezember begann, musste er sein Amt gerade erst angetreten haben. »Cicero!«, brüllte er, als er uns sah. »Ich habe mich schon gefragt, wann du hier auftauchst.«
Er sagte, dass er die Neuigkeiten aus Syrakus bereits gehört habe und dass er mit uns über Verres reden wolle - aber nicht hier, vor so vielen Leuten, erklärte er geheimnisvoll, schließlich stehe mehr auf dem Spiel als nur das Schicksal eines einzelnen Mannes. Er schlug vor, dass wir uns in einer Stunde in seinem Haus auf dem Aventin treffen sollten. Cicero war einverstanden, worauf Palicanus sofort einen seiner Leute als Begleiter für uns herbeiwinkte. Er würde spater nachkommen.
Das Haus befand sich an der Porta Laverna, gleich außerhalb der Stadtmauer, es war rustikal und schlicht. Es passte zu Palicanus. Woran ich mich vor allem erinnere, ist die überlebensgroße Pompeius-Statue, die, ausstaffiert mit dem Kopfputz und der Rüstung Alexanders des Großen, das Atrium beherrschte. »Nun ja«, sagte Cicero, nachdem er sie eine Zeit lang nachdenklich betrachtet hatte. »Ist doch mal was anderes als die ewigen Drei Grazien.« Das war exakt die Sorte drolliger, aber unpassender Bemerkungen, die sich dann ihren Weg durch die ganze Stadt bahnten und schließlich unweigerlich bei ihrem Opfer landeten. Glücklicherweise war ich in diesem Fall der einzige Zeuge, nahm aber die Gelegenheit wahr, Cicero zu berichten, was mir der Sekretär des Konsuls bezüglich seines Witzes über Gellius und dessen Vermittlungsversuch zwischen den Philosophen erzählt hatte. Cicero tat peinlich berührt und versprach, in Zukunft etwas mehr Umsicht walten zu lassen, schließlich wisse er, dass das Volk seine Staatsmänner lieber etwas weniger witzig hatte. Natürlich vergaß er diesen Vorsatz bald wieder.
»Die Rede, die du letzte Woche gehalten hast, die war wirklich gut«, waren Palicanus ' erste Worte, als er sein Haus betrat. »Du verstehst dein Handwerk, Cicero, wirklich … wenn ich das so sagen darf. Aber diese aristokratischen Bastarde haben dich über den Tisch gezogen, und jetzt sitzt du in der Scheiße. Was genau willst du dagegen tun?« (So oder so ähnlich drückte Palicanus sich aus - derbe Worte in derbem Tonfall. Die Aristokraten machten sich gewöhnlich nach Kräften lustig über seine Diktion.)
Ich öffnete meine Aktentasche, gab Cicero die Schriftstücke, und er setzte Palicanus in kurzen Worten Sthenius ' Lage auseinander. Als er damit fertig war, fragte er, ob irgendeine Möglichkeit bestehe, dass die Volkstribunen ihm helfen könnten.
»Kommt drauf an«, sagte Palicanus grinsend und leckte sich die Lippen. »Machen wir es uns erst mal bequem, dann sehen wir weiter.«
Er führte uns in einen anderen Raum, dessen eine Seite vollkommen von einem riesigen Wandgemälde des lorbeerbekränzten Pompeius eingenommen wurde, der sich diesmal im Gewand des Jupiter präsentierte, einschließlich der aus den Fingern hervorzuckenden Blitze.
»Und, gefällt es dir?«, fragte Palicanus.
»Bemerkenswert«, antwortete Cicero.
»In der Tat«, sagte Palicanus nicht ohne Genugtuung.
Ich setzte mich auf einen Stuhl unter das Bildnis des Göttlichen aus Picenum, während Cicero, dessen Blick ich tunlichst auswich, sich ans aridere Ende des Sofas setzte, auf dem Palicanus Platz genommen hatte.
»Was ich dir zu sagen habe, Cicero, ist nicht für Ohren außerhalb dieses Raumes bestimmt. Pompeius Magnus …« Er nickte in Richtung des Gemäldes, für den Fall, dass wir nicht wissen sollten, wen er meinte. »… wird nach sechs Jahren Abwesenheit wieder nach Rom zurückkehren. Und zwar
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