Imperium
hielt seine große Hand über den Becher. »Wir haben nur kurz Zeit, wir sind auf dem Weg zu einer Abendgesellschaft. Aber wir wollten nicht am Haus unseres Nachbarn vorbeigehen, ohne kurz anzuklopfen und unsere Aufwartung zu machen. Wir haben deine Entwicklung in den vergangenen Tagen genau verfolgt, Cicero. Unser Freund Glabrio hat uns berichtet. Großartig, mein Kompliment. Lass uns auf dein Wohl trinken.« Er hob den Becher, nippte aber nicht einmal daran. »Nachdem du diese große Aufgabe erfolgreich abgeschlossen hast, hoffe ich doch, dass wir uns nun etwas öfter sehen können. Zumal ich ja in Kürze wieder Privatmann sein werde.«
Cicero verbeugte sich leicht. »Ich würde mich sehr freuen.«
»Übermorgen zum Beispiel, hast du da schon irgendwelche Pläne?«
»Das ist doch der Eröffnungstag deiner Spiele, da wird man dich sicher sehr beanspruchen. Vielleicht passt es ein andermal …«
»Ach was. Ich lade dich ein, in unsere Loge. Schau dir die Eröffnung mit uns zusammen an, wird sicher nicht zu deinem Nachteil sein. Alle Welt soll sehen, dass wir Freunde sind«, fügte er pompös hinzu. »Du magst doch die Spiele, oder?«
Cicero zögerte. Ich konnte förmlich sehen, wie sein Gehirn die Folgen eines Jas oder eines Neins durchspielten. Aber eigentlich hatte er keine Wahl. »Die Spiele faszinieren mich«, antwortete er. »Ich wüsste nicht, was ich lieber täte.«
»Ausgezeichnet«, sagte Pompeius mit seiner dröhnenden Stimme. In diesem Augenblick betrat Eros das Atrium und richtete aus, dass Terentia unpässlich sei, sie habe sich hingelegt und lasse sich entschuldigen. »Schade«, sagte Pompeius leicht verstimmt. »Naja, es wird sich sicher noch eine Gelegenheit finden.« Er gab mir seinen vollen Becher. »Wir müssen uns jetzt verabschieden. Du hast sicher noch viel zu tun. Da fällt mir ein …«, sagte er und drehte sich auf der Schwelle des Atriums noch einmal um. »Habt ihr euch schon über die Höhe der Strafe geeinigt?«
»Noch nicht«, antwortete Cicero.
»Was haben sie dir angeboten?«
»Anderthalb Millionen.«
»Nimm das Angebot an«, sagte Pompeius. »Du hast die hohen Herren schon tief genug in die Scheiße geritten, zwing sie nicht auch noch, sie zu fressen. Es wäre mir persönlich unangenehm und der Stabilität des Staates abträglich, wenn sich dieser Prozess noch länger hinzieht. Wir verstehen uns?« Er nickte freundlich und verließ das Atrium. Wir hörten, wie die Haustür geöffnet wurde und der Kommandeur seine Leibwache strammstehen ließ. Dann wurde die Tür geschlossen. Eine Zeit lang sprach keiner ein Wort.
»So ein Dreckskerl«, sagte Cicero. »Bring mir noch was zu trinken.« Als ich mich umdrehte, um den Krug zu holen, sah ich, dass Lucius verärgert die Stirn runzelte.
»Was gibt ihm das Recht, so mit dir zu sprechen?«, fragte er. »Ein Höflichkeitsbesuch, von wegen.«
»Höflichkeitsbesuch? Ach, Lucius«, widersprach Cicero und fing an zu lachen. »Das war der Besuch vom Mieteintreiber.«
»Mieteintreiber? Was bist du ihm denn für Miete schuldig?« Lucius war vielleicht Philosoph, aber er war kein vollkommener Idiot. Er begriff jetzt, was geschehen war. »Ah, so ist das, jetzt verstehe ich.« Angewidert verzog er das Gesicht und drehte sich um.
»Verschon mich mit deiner Überheblichkeit«, sagte Cicero und fasste ihn am Arm. »Ich hatte keine Wahl. Marcus Metellus war gerade der Gerichtshof für Erpressungen zugelost worden. Die Geschworenen waren bestochen. Das Vorverfahren war eine abgekartete Sache. Ich war so nah dran …« Er hielt seinem Vetter Daumen und Zeigefinger mit so geringem Abstand unter die Nase, dass die beiden Finger sich fast berührt hätten. »… dass ich die ganze Anklage fallen gelassen hätte. Und dann kommt Terentia und sagt, ›Streich deine Rede zusammen!‹«, und ich hab gewusst, das ist die Lösung. Fahr jedes einzelne Beweisstück auf, jeden einzelnen Zeugen, und das alles in zehn Tagen. Und stell sie an den Pranger! Das war der Punkt, Lucius, verstehst du? An den Pranger, vor ganz Rom, vor aller Augen, sodass sie gar keine andere Wahl hätten, als ihn schuldig zu sprechen.«
Als habe er ein Gericht mit nur einem Geschworenen vor ich, den es zu überzeugen gelte, redete Cicero unter Aufbietung seines ganzen rhetorischen Arsenals auf seinen Vetter Lucius ein. Er las in dessen Gesicht und suchte nach Hinweisen für die passenden Worte und Argumente, um ihn auf eine Seite zu ziehen.
»Aber ausgerechnet Pompeius«, sagte
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