Imperium
bedeckt gewesen, das den Diktator bei einer militärischen Ehrung durch seine Truppen zeigte. Cicero sorgte dafür, dass alle seine Nachbarn erfuhren, was er in seiner Eigenschaft als neuer Besitzer als Erstes getan hatte: nämlich die gesamte Wand weiß überstreichen zu lassen.
Im Herbst seines neununddreißigsten Lebensjahres war Cicero ein glücklicher Mann: wohlhabend, populär, nach einem Sommer auf dem Land bestens erholt und gespannt den Wahlen im kommenden Juli entgegenblickend, wenn er das Alter erreicht haben würde, um sich der Wahl zum Prätor zu stellen - dem letzten Schritt auf dem Weg zum höchsten Lorbeer, dem Konsulat.
An diesem entscheidenden Punkt seines Schicksals, kurz bevor das Glück ihn im Stich ließ und sein Leben wieder spannend wurde, fahre ich mit meiner Erzählung fort.
Ende September feierte Pompeius seinen Geburtstag, und zum dritten Mal hintereinander erhielt Cicero die Einladung, an einer Abendgesellschaft zu dessen Ehren teilzunehmen. Seufzend öffnete Cicero die Botschaft, denn er wusste inzwischen, dass es nur wenige Segnungen im Leben gibt, die lästiger sind als die Freundschaft eines großen Mannes. Anfangs hatte er sich geschmeichelt gefühlt, in Pompeius ' inneren Kreis aufgenommen zu werden. Doch schon bald waren ihm die immer gleichen militärischen Anekdoten auf die Nerven gegangen, zu deren Illustrierung bei Tisch gewöhnlich Bildtafeln und bemalte Karaffen herumgereicht wurden. Sie handelten davon, wie der junge General bei Auximum drei Armeen des Marius überlistet, im Alter von vierundzwanzig Jahren an einem einzigen Nachmittag siebzehntausend Numidier getötet oder bei Valencia die spanischen Rebellen endgültig besiegt hatte. Seit seinem siebzehnten Lebensjahr gab Pompeius Befehle, und vielleicht war das der Grund dafür, dass sich bei ihm nichts hatte ausbilden können, was Ciceros geschliffenem Intellekt vergleichbar war. Spontaner Witz, Klatschgeschichten, scharfe Beobachtungen, die sich sowohl in tiefgründige wie spintisierende Betrachtungen über das Wesen des menschlichen Zusammenlebens verlieren konnten - Konversation also, wie Cicero sie schätzte - waren Pompeius vollkommen fremd. Der General liebte es, sich vor respektvoll schweigenden Zuhörern in Plattheiten zu ergehen, um sich dann zurückzulehnen und an den Schmeicheleien seiner Gäste zu ergötzen. Cicero sagte des Öfteren, dass er sich lieber von einem volltrunkenen Barbier auf dem Forum Boarium alle Zähne ziehen lassen wolle, als sich noch ein weiteres Mal diese Tischmonologe anhören zu müssen.
Der Kern des Problems war der, dass Pompeius sich langweilte. Nach seinem Konsulat hatte er sich wie angekündigt mit seiner Frau, seinem kleinen Sohn und seiner Tochter, die noch ein Säugling war, ins Privatleben zurückgezogen. Aber was nun? Da er über keinerlei Redetalent verfügte, kamen die Gerichtshöfe für ihn nicht infrage. Literarische Arbeit interessierte ihn nicht. Er konnte nichts tun, als vor Neid kochend Lucullus ' fortschreitenden Feldzug gegen Mithridates zu verfolgen. Mit den Worten eines alten Sprichworts: Mit vierzig hatte er seine Zukunft schon hinter sich. Gelegentlich verließ er seinen Landsitz zu einem Ausflug in den Senat, wo er jedoch nicht das Wort ergriff, sondern den Debatten nur zuhörte. Allerdings legte er Wert darauf, dass ihn bei diesen Ausflügen immer ein riesiger Tross aus Freunden und Klienten begleitete. Cicero fühlte sich verpflichtet, zumindest einen Teil des Weges mitzugehen. Pompeius kam ihm vor wie ein Elefant, der versuchte, in einem Ameisenhaufen heimisch zu werden.
Und trotzdem war er immer noch einer der einflussreichsten Männer der Welt. Er verfügte über eine gewaltige Anhängerschaft unter den Wählern, und es war nicht ratsam, ihm in die Quere zu kommen, zumal binnen Jahresfrist wieder Wahlen anstanden. Erst in diesem Sommer hatte er seinem Günstling Gabinius zu einem der Volkstribunenämter verholfen. Kurz: Er mischte in der Politik immer noch mit. Also ging Cicero wie üblich am dreißigsten September zu Pompeius ' Geburtstagsfest und berichtete nach seiner Rückkehr Quintus, Lucius und mir von den Ereignissen. Über Geschenke freute sich Pompeius wie ein Kind. Cicero hatte ihm einen zweihundert Jahre alten und äußerst wertvollen Originalbrief von Zeno, dem Begründer des Stoizismus, mitgebracht, den ihm Atticus in Athen gesorgt hatte. Liebend gern hätte Cicero den Brief für seine eigene Bibliothek in Tusculum behalten, aber
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