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Implantiert

Implantiert

Titel: Implantiert Kostenlos Bücher Online Lesen
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dritten Mal gegen das Tor. Der aufgetürmte Schnee blockierte den Eingang und hatte es fast zufrieren lassen. Es ließ sich nur so weit bewegen, dass Sven sich durch die Öffnung schieben konnte. Mookie flitzte zwischen seinen Beinen hindurch und stürmte in die Scheune, wobei sie heftig mit dem Schwanz wedelte. Sie sprang von einer Kuh zur anderen, als wolle sie ihre Freunde begrüßen, die sie während des Sturms vermisst hatte. Sie musterte jedes Tier einen kurzen Augenblick, um
es wissen zu lassen, dass sie wieder da war und wieder das Sagen hatte.
    »Immer mit der Ruhe, Mädchen«, sagte Sven. »Ich bin sicher, sie vermissen dich auch, eh?«
    Und dann hörte Sven Ballantine ein Muhen.
    Wenigstens dachte er, das er eines gehört hätte, denn es kam nicht aus der Scheune.
    Er blickte zurück durch das offene Tor über sein weites, von blendend hellem Schnee bedecktes Feld. Die leicht gewellte Oberfläche reflektierte das Sonnenlicht, ein Feld aus gefrorenen weißen Wogen, das sich bis zu den mächtigen Bäumen am Waldrand zog.
    Muuuuh.
    Da war es wieder. Er hatte es sich nicht eingebildet.
    Mookie fing an zu bellen, ihr langgezogenes ro-ro-ro-ro, das üblicherweise für vorwitzige Eichhörnchen und aufmüpfige Kaninchen reserviert war. Doch Sven drehte sich nicht um, und so sah er auch nicht, dass Mookie mit gesträubtem Fell vor zwei erschöpften Menschen stand, die sich in einer Box versteckten, indem sie sich neben den schwarz-weißen Beinen der Bewohnerin zusammenkauerten.
    Ro-ro-ro rororo.
    »Still, Mädchen«, sagte Sven.
    Muuuuh.
    Diesmal war es unverkennbar. Und es handelte sich nicht nur um eine Kuh, sondern um mehrere.
    Roro-ro roro-ro.
    »Verdammt nochmal, Mookie, halt die Klappe!«
    Dass sie so heftig angeschrien wurde, schien Mookie so schmerzlich zu treffen wie der Schlag mit einer zusammengerollten Zeitung. Ihr Kopf sank zu Boden, ihr Schwanz verschwand zwischen den Hinterbeinen.

    Sven trat aus der Scheune. Suchte das gleißende Feld ab, ob sich dort etwas bewegte. Er musste die Augen zusammenkneifen, um wenigstens einen Teil des reflektierten Lichts abzuschirmen. Da … Kühe. Am Rand seines Felds.
    Sven schob das Scheunentor noch ein wenig weiter auf, ging dann nach innen und setzte sich auf das Arctic Cat. Es sprang beim ersten Versuch an. Das Geräusch des Motors lockte Mookie weg von den beiden Menschen, die ihr Herrchen nicht zu bemerken schien. Die Hündin bellte das Schneemobil an und zog drei rasche Kreise.
    Sven steuerte die Maschine langsam aus der Scheune und gab dann Vollgas. Mookie rannte ihm nach. Sie bellte die ganze Zeit über.

1. Dezember, 7:31 Uhr
    Clayton saß in der wohligen Wärme des Nuge. Aus den Lautsprechern dröhnte Frank Sinatra. Sinatra – das war wenigstens mal ein Typ, der keine Probleme damit hatte, die Luft aus einem Glas Bourbon zu lassen. Gern erinnerte sich Clayton an seine frühesten Tage auf der Insel, als er zusammen mit Frank und Dean Sammy unter den Tisch getrunken hatte. Als Sammy völlig weggetreten war, hatte Clayton das Glasauge des Sängers gegen eine Stahlkugel ausgetauscht. Am Tag darauf war Sammy verdammt sauer gewesen, doch Frank fand das Ganze wahnsinnig witzig.
    Nach einem großen Sturm war es immer so schön. Und das hier war der schönste Ort auf der Welt, wirklich. Kein Tag verging, ohne dass Clayton dem Herrn dafür dankte, dass er hier nicht nur seit über fünfzig Jahren leben durfte,
sondern dass er auch noch dafür bezahlt wurde. Der Sturm hatte alles unter einem dicken Marshmallow-Überzug verschwinden lassen. Die Kiefern sahen wie plumpe weiße Riesen auf einem Malen-nach-Zahlen-Bild aus. Der Schnee hatte die blattlosen Äste der Hardwoods in weiche Skelette verwandelt. Milliarden Schneeflocken spiegelten die frühmorgendliche Sonne und ließen die Landschaft schimmern und funkeln.
    Der Bv zog den mit Gewichten beschwerten Schlitten über den Pfad für die Schneemobile. In den letzten vierundzwanzig Stunden waren fünfunddreißig Zentimeter Neuschnee gefallen. Neuschnee bedeutete, dass Magnus eine Tour mit den Schneemobilen machen wollte, weshalb Clayton dafür sorgen musste, dass alle Routen ordentlich gespurt und benutzbar waren.
    Irgendwas stimmte nicht mit diesem Magnus. Und sein Bruder Danté war nicht viel besser. Zuerst hatte Clayton gedacht, auch Colding sei nichts weiter als einer dieser gedankenlosen Handlanger von Genada, genau wie dieses nichtsnutzige Arschloch Andy Crosthwaite. Doch vielleicht war Colding ja in Ordnung.

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