In alle Ewigkeit
stand.
»Das könnte Samic sein«, sagte Bergenhem. »Das könnte irgendwer sein.« »Ja... «
»Du musst dir deiner Sache schon sicher sein.« »Bin ich mir aber nicht.« »Wo sind die Ähnlichkeiten?«
»Irgendwas im Gesicht. Aber Samic hat dünne Haare und dieser Kerl hat dicke.«
»Eine Perücke?«
»Oder Toupet.« Er sah Winter an. »Das muss man doch rausfinden können.«
»Und wie?«
»Gilbt's denn keine Experten, die feststellen können, ob es echte oder falsche Haare sind?«
»Nur, indem wir ihnen die Fotos vorlegen?«
»Es gibt Experten für alles«, sagte Bergenhem.
Nur keine Experten, die Mörder finden, bevor in der Allgemeinheit Panik ausbricht, dachte Winter. Er dachte auch an Hans Bülow. Winter hatte den Artikel am selben Morgen gelesen. Das Bild von dem verschwundenen Jungen gesehen. Noch hatte niemand angerufen.
»Ich fahr hin«, sagte Winter.
»Zum Tanzlokal?«
Winter nickte. Noch einmal studierte er das Foto.
Er hatte es in seiner inneren Jackentasche, als er eine halbe Stunde später vor Johan Samic stand und ihm die Hand reichte. Ein Kellner hob die Stühle von den Tischen. An der Bar klirrte es, der Barkeeper zerkleinerte Eis vor und schnitt Zitronen.
»Jetzt kommt der Chef also persönlich«, sagte Samic.
»Kennen Sie dieses Mädchen?« Winter zeigte ihm das Foto, auf dem Angelika vor der Wand saß.
Samic betrachtete es, ohne dass Winter eine besondere Regung in seinem Gesicht beobachten konnte.
»Wer ist das?«
»Ich hab gefragt, ob Sie sie kennen?« »Nein.«
»Ist sie jemals hier gewesen?« »Nein.« Samic lächelte. »Sie ist zu jung.« »Was fällt Ihnen an der Umgebung auf?« »Hässlich.«
»Abgesehen davon«, sagte Winter.
»Eine Bodega an der Costa del Sol, falls Sie mich fragen«, antwortete Samic.
»Oder eine Kneipe ohne Konzession in Göteborg.«
»Könnte auch sein.«
»Kennen Sie keine von denen?«
»Keine.«
»Sie wissen nicht, wo das hier ist?«
»Ich weiß nicht, wie ich das noch deutlicher ausdrücken soll.«
»Es ist im Barock.«
»Im Barock? Der alten Bruchbude?«
»Ja.«
»Im Barock war ich hundertmal. Das Foto ist nicht von da.«
»Nicht?«
»Bestimmt nicht.«
»Sind Sie nicht irgendwann mal Teilhaber gewesen?«
»Hab ich Ihrem Kollegen doch schon gesagt.« Er sah Winter an. »Was soll überhaupt diese ganze Fragerei?«
»Wieso?«
»Sie kommen mit merkwürdigen Behauptungen.« »Fragen.«
»Ja, ja. Aber Barock... ha! Was kommt danach?«
»Haben Sie eine Ahnung, wo dieses Foto sonst aufgenommen worden sein könnte?«
»Jetzt hör ich einen anderen Ton, Chef.« »WO kann das Bild aufgenommen worden sein?«, wiederholte Winter.
Samic warf wieder einen Blick auf das Bild. »Keine Ahnung.«
»Sie merken, ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Winter. »Dies ist kein Verhör.«
»Aber Sie sind gerade dabei, es dazu zu machen«, sagte Samic. »Es wird ein Verhör.«
Wir sehen uns wieder, dachte Winter auf dem Weg nach draußen.
Samic könnte an einem Examenstag in diesem Frühsommer ein Toupet getragen haben. Aber das konnten viele andere auch. Es war unmöglich zu erkennen, ob er der Mann auf dem Foto war.
Draußen stand die Hitze. Man hätte Spiegeleier auf dem Gehweg braten können.
Winter hatte Hunger und ging in ein vietnamesisches Restaurant. Dort bestellte er ein Tagesgericht, eins von fünf aufgeführten, die alle gleich zu sein schienen. Er entschied sich für Reis mit Fleisch und bekam einen Tisch draußen unter einem Sonnenschirm. Die Straßenbahnen wirkten träge in der Hitze. Am Himmel waren keine Wolken. Flugzeuge kreuzten in großer Höhe. Es roch nach Benzin und Asphalt und vielleicht auch ein wenig nach Fluss, der nah war. Die Leute waren so leicht wie möglich bekleidet. Er selber trug Shorts und ein Khakihemd, das Angela ihm letzte Woche gekauft hatte.
Seit zwei Stunden hatte er nicht an Angela gedacht. An Elsa hatte er gedacht, aber nicht an Angela.
Das Essen kam, und er aß, aber er hatte plötzlich keinen Hunger mehr. Alles schmeckte nach Glutamat, er schob den halb leer gegessenen Teller von sich und trank das Mineralwasser aus. Dann zündete er sich einen Zigarillo an, schaute auf und sah Samic in einem Mercedes von gleicher Farbe wie Winters eigenem vorbeifahren.
Benny Vennerhag müsste eine Menge über Samic zu berichten wissen. Hat Samics Aufbruch etwas mit unserem Gespräch von eben zu tun?
Eine Frau mit zwei Hunden an der Leine kam vorbei. Sie trug zu viel und zu teure Kleidung. Einer der Hunde hockte
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