In alle Ewigkeit
an.
»Plural«, sagte Winter, »es waren mehrere Morde.«
Yngvesson legte das Band wieder ein und lauschte noch einmal.
»Drei Minuten«, sagte er.
»Ja.«
»Drei Minuten Todeskampf.«
»Ungewöhnlich lange Aufnahmezeit für einen Anrufbeantworter.« Yngvesson zuckte mit den Schultern. »Wann hast du das Resultat, glaubst du?«
»Ich will nicht über Resultate reden.« Yngvesson machte etwas an der Tastatur. »Gib mir drei Tage.«
»Drei Tage?«
»Jetzt mach nicht noch mehr Druck, Winter. Du müsstest eigentlich eine Woche oder zwei warten, und jetzt sind es nur drei Tage. Okay?«
»Okay.«
»Drei Minuten, drei Tage«, sagte Yngvesson. »Aber mach dich innerlich darauf gefasst, dass es länger dauern kann.«
»Was wirst du tun?«
»Ich überspiel das Ganze auf meine Festplatte und lass das Tonbild von einigen Programmen bearbeiten. Es gibt Applikationen, die die Töne waschen und analysieren können. Wenn es da zum Beispiel ein konstantes Hintergrundgeräusch gibt, ein Brummen oder so was, vielleicht einen Lüfter, dann kann man die Frequenzen wegkriegen.«
»Hm.«
»Das braucht eben seine Zeit. Ich muss Geräusch für Geräusch durchgehen. Verstehst du das?«
»Ich verstehe.«
»Was ich bisher gehört habe, klang nicht besonders genau. Ich muss versuchen, den Diskant zu erhöhen, um rauszuholen, woran du interessiert bist, nehm ich an.«
»Ich interessiere mich für alles«, sagte Winter.
»Die Stimme«, sagte Yngvesson. »Du willst doch Worte haben? Oder wenigstens eine Stimme, Bruchstücke von Worten oder was wir finden?«
»Ja.«
»Es sind Stimmen dabei, aber man kann nichts Verständliches raushören, abgesehen von den Hilferufen des Mädchens. Aber eigentlich ist es ja mehr ein Flüstern. Dann hast du das andere... den Laut oder das Grunzen oder wie wir es nun nennen sollen.«
»Das ist es«, sagte Winter, »daran bin ich in erster Linie interessiert.«
»Na ja, ich werde mich aufs Zwischenregister einrichten, mich mit den Kompressionen beschäftigen. Schwache Laute rausarbeiten. Versuchen, die starken zu dämpfen.«
Winter sagte nichts. Yngvesson lauschte wieder dem Band.
»Mal sehen, ob wir wenigstens Bruchstücke von Sätzen rausholen können. Das Handy scheint irgendwo drin zu liegen. Das war vermutlich in ihrer Handtasche, oder?«
»Ich weiß nicht. Es ist verschwunden.«
»Das macht das Ganze noch komplizierter. Wenn es in der Handtasche gelegen hat, meine ich. Es klingt ja auch so, als wären sie unterschiedlich weit vom Mikrofon entfernt.«
Winter sah die Szene vor sich. Die Tasche, die Erde, den Mann, das Mädchen, den Kampf, die Schläge, die Hände, die Leine. Den Tod. Die Leine? Warum hatte er >Leine< gedacht? Er hatte nicht >Gürtel< gedacht. Er sah eine Leine um den Hals des Mädchens. Was unterschied eine Leine von einem Gürtel?
»Aber es gibt wenigstens etwas Positives«, sagte Yngvesson. »Sie hatte ein Head Set.«
»Glaubst du?«
»Das muss sie gehabt haben. Es klingt, als ob das Mikrofon außerhalb der Tasche gewesen wäre, jedenfalls hier am Ende. Es sind klarere Geräusche, wenn man so sagen kann. Das Mikrofon hat deutlichere Laute aufgenommen.«
»Wir haben am Tatort nichts dergleichen gefunden. Keine Ohrmuscheln.«
Er überlegte, wo sie sein mochten. Würde jemand das Handy wieder benutzen?
Er spielte Brecker in voller Lautstärke und sah die Wolken verschwinden, vielleicht für immer. Die Musik jagte die Wolken in die Flucht.
Er rief Angela an.
»Die Sonne kommt wieder. Guck mal raus.« »Rufst du deswegen an?« »Ist das nicht Grund genug?« »Hier kommt gerade Elsa.«
Er redete mit seiner Tochter. Angela übernahm wieder den Hörer.
»Übrigens sind wir Samstag eingeladen.« »Bei wem?«
»Agnete und Pelle. Sie machen eine Beachparty.«
»Aha. Schön.«
»Du kannst doch?«
»Samstag? Das hoff ich wirklich.«
25
Bergenhem berichtete von seinem Besuch. »Samic?« »Kennst du den Namen?«, fragte Bergenhem. »Nein.«
»Er war eine Weile an den Schuppen beteiligt.« »Das werde ich überprüfen.«
»Gegen ihn liegt nichts vor. Ich hab nichts gefunden.«
Winter zündete sich einen Zigarillo an. Er hatte keine Kraft, zum Fenster zu gehen. Bergenhem hatte seine langen Hosen gegen Shorts ausgetauscht.
»Ich hab mir eben noch mal diese Bilder von der Examensfeier angeschaut«, sagte Bergenhem und holte seine Kopien hervor, beugte sich über den Tisch und zeigte auf etwas. »Guck mal da.«
Winter schaute auf den dunklen Mann, der neben dem Jungen
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