In alle Ewigkeit
mal hin.«
Er fuhr die Umgehungsstraße am Fluss entlang. Die weißen Ausflugsdampfer leuchteten wie Flammen auf dem Wasser. Der Asphalt wirkte weich unter den Reifen. Es roch wie in einem anderen Land. Julie Miller sang auf Halders' Auto-CD: Out in the rain l keep on walking, out in the rain like the brokenhearted do, l could be wrong but that's where you find me, out in the rain just looking for you. Halders stellte es lauter und sang während der ganzen Fahrt nach Westen unter der Sonne, die mit Fäusten auf das Autodach schlug.
Die hohen Häuser in Frölunda schwankten wie betrunken in der dünnen Luft. Halders parkte vor einem von ihnen, schräg vor McDonald's.
Der Aufzug war kaputt. Er ging die Treppen zum sechsten Stock zu Fuß hinauf. Graffiti bedeckten die Wände, Buchstaben auf gerissenem Beton. Überall Flecken, schwarz wie Blut. Es roch nach Urin und Essensdünsten, die in den Luftschächten zwischen den Stockwerken erstarrt waren. Kinder brüllten hinter geschlossenen Türen, Erwachsene schrien in tausend verschiedenen Sprachen. Er begegnete einem Mann mit Turban, einer Frau mit Schleier, einem Mann im Unterhemd, der sich gegen die Wand drückte, als er vorbeiging, die Geisteskrankheit ins Gesicht geschrieben.
Im fünften Stock wurde eine Tür aufgerissen, und eine junge Frau kam mit einem breiten Kinderwagen heraus. Zwei kleine Kinder saßen darin und sahen still zu ihm auf. Die Frau drückte auf den Aufzugknopf. »Der ist kaputt«, sagte Halders. Sie drückte wieder. »Ich muss doch einkaufen«, sagte sie.
Halders stieg eine weitere Treppe hinauf und klingelte. Mattias öffnete nach dem dritten Klingeln.
»Ich war denen nicht fein genug«, sagte er, als sie auf dem Sofa unter einem großen Fenster saßen. Halders nickte. »Verstehen Sie?« »Ich weiß, was Sie meinen.« »Ist Ihnen das auch schon mal passiert?«
Halders nickte wieder. Er sah den Himmel und den Druck eines Gemäldes von einem Sonnenblumenfeld neben dem Fenster. »Sie waren gestern wieder dort, habe ich gehört?«, sagte er.
»Wer hat das denn gesagt?«
Halders antwortete nicht.
»Der alte Knacker, oder?«
Halders zuckte mit den Schultern.
»Jeanette hat doch nichts gesagt, oder?«
»Warum lassen Sie sie nicht in Ruhe, Mattias?«
»Wie in Ruhe lassen?«
»Sie haben verstanden, was ich meine.«
»Das hab ich doch längst getan. Sie alle in Ruhe gelassen.«
»Ach?«
»Trotzdem kommen Sie dauernd an.« »Weil etwas anderes passiert ist.« »Ja, ich hab's gelesen. Aber, ich ver... «
Er verstummte, als er das Bild von dem Jungen sah, das Halders ihm vor die Augen hielt. Es war eine Vergrößerung vom Passfoto des Jungen.
»Kennen Sie den?«, fragte Halders.
»Nein«, sagte Mattias nach kurzem Schweigen. »Wer ist das?«
»Darüber haben Sie nichts gelesen?« »Nein, was gelesen?«
»Das ist ein Zeuge, zu dem wir gern Kontakt aufnehmen würden, aber er ist verschwunden.«
»Aha.«
»Wir haben eine Information bekommen, dass er hier wohnen soll.«
»Hier?« Mattias sah sich um, als ob der Junge gleich das Zimmer betreten würde.
»In diesem Viertel.«
»Das ist doch riesengroß. Hier wohnen hunderttausend. Hunderttausend Idioten.«
Halders nannte die Adresse.
»Ist das nicht auf der anderen Seite vom Kulturhaus?«
Im vierten Stockwerk hatte eine Frau geöffnet.
»Ich glaube, er wohnt hier drunter«, hatte sie gesagt, nachdem sie das Foto betrachtet hatte, das Winter ihr hinhielt. Es war dasselbe Bild, das Halders eben Mattias auf der anderen Seite vom Kulturhaus gezeigt hatte.
»Kennen Sie dieses Gesicht?«
»Ja... ich glaube, ja. Mir ist jedenfalls mal jemand auf der Treppe begegnet, der aussieht wie er.«
Sie gingen nach unten.
»Ich hab gesehen, wie er da reingegangen ist.« Sie zeigte auf die Tür in der Mitte. Es gab drei Türen in dieser Etage. »Diese da.«
Auf dem Namensschild stand Svensson.
Winter klingelte, hörte aber keinen Ton. Niemand öffnete. Er klopfte, zweimal. Die Frau war neben ihm stehen geblieben.
»Vielen Dank«, sagte er und drehte sich zu ihr um.
Sie sah enttäuscht aus.
»Wir lassen vielleicht wieder von uns hören, falls wir Hilfe brauchen«, sagte Winter.
»Äh... ja, dann...«, sagte sie, ging die Treppe hinauf und sah sich um.
Winter klopfte wieder an die Tür, aber es öffnete niemand.
»Haben Sie den Alten schon überprüft?«, fragte Mattias. »Wie meinen Sie das?«
»Haben Sie mit Jeanette darüber geredet?« Halders gab keinen Kommentar dazu ab. »Sie brauchen ihn
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