In aller Unschuld Thriller
Ted Sabin, ihr ehemaliger Vorgesetzter bei der Staatsanwaltschaft von Hennepin County, der von dem Überfall gehört hatte und sich nach ihrem Befinden erkundigen wollte. Er versprach, alles zu tun, was in seiner Macht stand, damit der Angreifer geschnappt und verurteilt wurde.
Ein Anruf von Kate Quinn, eine alte Freundin aus ihrer Zeit als Staatsanwältin, die aus demselben Grund anrief und Carey anbot, sofort zu kommen, falls sie sie brauchte. Kate arbeitete im Täter-Opfer-Ausgleich. Carey hätte nie gedacht, dass sie ihre Freundin in dieser Funktion jemals für sich persönlich in Anspruch nehmen könnte.
Dann hörte sie Chris Logans Stimme, besorgt, aufgeregt, aufbrausend, so wie er stets auf unerwünschte Nachrichten reagierte, über die er keine Kontrolle hatte. »Carey, ich habe gerade von dem Überfall gehört. Geht es dir gut? Bist du im Krankenhaus? Warum hast du dich nicht von einem Polizisten zu deinem Auto begleiten lassen, verdammt noch mal? Ich könnte mich in den Hintern beißen, dass ich es nicht selbst getan habe, egal ob ich sauer war oder nicht. Ruf mich an.«
Sie löschte die Nachrichten und legte das Telefon neben sich aufs Bett. Ein Gefühl, das sie nicht kannte, stieg in ihr auf. Eine Mischung aus Reue, Traurigkeit und Verlust. Es wäre schön gewesen, jetzt jemanden an ihrer Seite zu wissen, der stark war und sie beschützte. Jemanden, dem sie vertraute. Eine Schulter, an die sie sich anlehnen konnte.
Aber das hatte sie nicht. Nach dem kurzen Intermezzo mit Logan hatte sie ihn nie wieder angerufen, um sich Unterstützung bei ihm zu holen. Und nach dem, was er heute im Richterzimmer gesagt hatte, wollte sie das auch nicht mehr. Dass er ihr diese eine gemeinsam verbrachte Nacht unter die Nase rieb, kam ihr wie ein Vertrauensbruch vor.
Wobei sie bekennen musste, dass sie ihm nie ganz über den Weg getraut hatte. Deshalb war es auch bei dieser einen Nacht geblieben. Logan hatte vor allem zwei Dinge im Kopf: sich und seine Karriere. Es war ihm wichtig, zu gewinnen und seine Auffassung von Gerechtigkeit durchzusetzen, egal zu welchem Preis für die Beteiligten. Sie waren Freunde gewesen, als sie zusammengearbeitet hatten, aber er hatte auch immer eine Konkurrentin in ihr gesehen, und das hatte sie befremdet.
Ihr Vater wäre für sie da gewesen, ihr Fels in der Brandung, wie schon ihr ganzes Leben lang. Aber ihr Vater war im Grunde genommen tot. Sein Körper hatte die Botschaft noch nicht empfangen, aber das, was sein Wesen ausgemacht hatte, gab es nicht mehr. Seine äußere Hülle wartete in einem Pflegeheim darauf, dass es zu Ende ging.
Übermannt von Einsamkeit und Verlassenheit, schloss Carey die Augen und fiel in einen unruhigen Schlaf, der von schrecklichen Träumen heimgesucht wurde. Träume von ihrem Angreifer, wer er gewesen sein könnte. Auf der dunklen Bühne ihres Unterbewusstseins lag sie auf dem kalten Beton und kämpfte mit einem Mann, den sie nicht sehen konnte. Zuerst war sein Gesicht ganz schwarz, ein Loch, dann nahm es nach und nach Gestalt an.
Die Bilder zuckten wie Blitze vor ihrem inneren Auge auf, und jedes Bild zeigte ein anderes Gesicht. Karl Dahl. Wayne Haas. Chris Logan. David. Marlene Haas, mit halb verwesten Zügen, tote Augen, die aus ihren Höhlen hervortraten.
Carey fuhr mit einem Aufschrei in die Höhe. Ein heftiger Schmerz durchzuckte sie, und sie rollte sich auf die Seite, als Wellen der Übelkeit über ihr zusammenschlugen. Sie schwitzte, zitterte, atmete keuchend.
In diesem Moment klingelte das Handy neben ihr und ließ sie zusammenfahren. David, dachte sie, hoffte es halb, auch wenn sie nicht sicher war, ob sie wirklich wollte, dass er sagte, er käme nach Hause, oder nicht.
»David?«
Am anderen Ende der Leitung war kein Laut zu hören, und ihre Nackenhaare stellten sich auf.
Als der Anrufer endlich sprach, erkannte sie seine Stimme nicht. Es war ein leises, heiseres Flüstern, die Worte in die Länge gezogen und seltsam verzerrt.
»Ich krieg dich noch, Miststück«, war alles, was die Stimme sagte.
13
Gerade als Kovac sein Auto gegenüber von Carey Moores
Haus an den Straßenrand lenkte, klingelte sein Handy.
»Kovac.«
»Hier spricht Carey Moore.«
Ihre Stimme war ruhig, gefasst, aber er konnte dennoch die Anspannung heraushören.
»Ich bin gerade angerufen worden. Ein Mann. Er sagte: ›Ich krieg dich noch, Miststück.‹«
»Ich bin eben vor Ihrem Haus angekommen. Ich bin gleich bei Ihnen.«
»Klingeln Sie bitte nicht. Ich möchte
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