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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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mit offenem Mund geschlafen oder den Kopf auf und ab wippen lassen wie die alten Knacker in der U-Bahn. Ich fasse mir an die Wange. Trocken. Gut.
    Wir sind auf einem Parkplatz. Vor meinem Fenster steht eine rot-grüne Tafel mit der Aufschrift Luna Rossa Trattoria und Weinbar . Der Parkplatz ist voll. Heute Abend will offenbar jeder hier essen.
    »Hungrig?«, fragt er und zeigt auf das Haus. »Ist etwas übertrieben, aber ordentlich. Einfache amerikanisch-italienische Küche. Wir könnten auch zurück zum Stone Harbor fahren?«
    Wo wir ja an diesem ersten Abend so toll gegessen haben. Nein danke.
    »Ist gut hier«, sage ich und versuche, Munterkeit in meinen Ton zu legen. »Kleinstadt Eye – talilan. Was gibt es Besseres?«
    Alles, was ich sage, klingt zickig. Ich stoße die Autotür auf und die Kälte schlägt mir mit Wucht entgegen. Ich bin eine schreckliche Freundin. Mir kommt der leicht wahnsinnige Gedanke, dass ich zehn Minuten oder so durch die Straßen joggen könnte, um die Schwere abzuschütteln, die ich schon den ganzen Tag mit mir herumschleppe.
    »Warte.« Er kommt auf die Beifahrerseite. »Lass mich die Tür für dich aufhalten. Das kann ich nämlich.«
    Er reicht mir seine Hand, und als ich aussteige, schiebt er mich gegen das Auto, die Arme links und rechts von mir, und haucht mir eine Kette von Küssen aufs Schlüsselbein. Ich zittere. Ich will mich an ihn pressen und verschwinden, aufhören, ich selbst sein zu müssen.
    »Ich weiß, dass was nicht stimmt«, sagt er mir direkt ins Ohr. »Und langsam kenne ich dich so gut, dass ich weiß, du willst nicht drüber reden. Damit habe ich kein Problem.«
    »Ich weiß nicht mal, warum du mich magst.« Bevor ich sie zurückhalten kann, sind die Worte schon raus. Es ist die Wahrheit. Ich seh nicht, was ich zu bieten hätte, das er irgendwie wollen oder brauchen könnte.
    Er wirkt erstaunt und ein wenig verletzt. Ist eine Weile still. Dann: »An dem Tag, an dem wir uns begegnet sind, hast du so erbärmlich ausgesehen, wie ich mich gefühlt habe. Du hattest so einen gewissen Gesichtsausdruck … und dann wolltest du auf unerschütterlich machen. Ich hatte das Gefühl, dich schon zu kennen, wusste, was in dir vorging. Ängstlich warst du. Wütend. Alles auf einmal. So ging’s mir auch.«
    Er hebt mein Kinn etwas, damit unsere Blicke sich treffen, küsst mich.
    »Guck nicht so schuldig. Alles ist gut. Es war toll für mich, ein schönes Mädchen diese ganze verdammt wunderbare Küste entlangzufahren, dabei in meinem tollen Auto laut Musik zu hören und mich wie ein normaler Mensch zu fühlen. Also, lass das, okay? Wenn du befürchtest, mich enttäuscht zu haben oder so was, hör auf damit. «
    Ich zittere. Es ist eisig im feuchten Wind. Er zieht meine Kapuze hoch und küsst mich auf die Stirn. »So ist das Leben. Unsere Stimmungen werden nicht immer harmonieren.«
    Sie werden nicht immer harmonieren. Jedes Mal, wenn er das macht, wenn er so tut, als hätten wir eine gemeinsame Zukunft, als würde es ein »uns« geben, spüre ich ein kleines Zittern im Bauch. Schlecht und gut. Normalerweise gut. Kommt ganz drauf an, bis wie weit voraus ich mir meine Zukunft vorstellen kann.
    Ich schlinge die Arme um seinen Hals, mache den Mund auf und sage beinahe Ich liebe dich . Das trifft mich völlig unvorbereitet. Ich mach den Mund wieder zu, stelle mich auf die Zehenspitzen und küsse Cal. »Du bist der Beste.« Ich atme ihn ein. Ich meine es ernst. Das ist er. Und ich könnte ihn lieben.
    Ich reiß mich am Riemen und wir gehen zum Essen rein. Er will gern reden, erzählt mir Geschichten vom Windsurfen mit Michael vor Carro in Südfrankreich. Ich lache an den richtigen Stellen.
    Dann geht alles den Bach runter. Gerade als die Cannolis serviert werden, kommt eine ziemlich wuchtige Frau auf dem Weg zur Tür an unserem Tisch vorbei. Sie hat ein wettergegerbtes Gesicht, als würde sie auf einem Boot arbeiten oder so.
    »Wren Wells.« Ihre Stimme ist enorm. Der Klang meines Namens ist raumfüllend, erschreckt mich. »Hat dein Dad heute Nachmittag dieses Teil in seinen Heizkessel einbauen können?«
    Ich hab noch immer dieses Anonymitätsbedürfnis des New Yorkers. Kann mich nicht ganz daran gewöhnen, dass alle in der Stadt wissen, wer zum Teufel ich bin.
    »Wie bitte?« Ich seh sie an, zunächst verwirrt. »Oh, die Heizung. Ich weiß nicht …« Ich schau Cal an, zieh die Augenbrauen hoch. Hier gibt es einfach keine Privatsphäre. »Ich war heute Nachmittag nicht zu

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