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In besten Kreisen

In besten Kreisen

Titel: In besten Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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ich gar keine Zeit«, sagte Mary Bradford und folgte ihr. »Ich habe ganze Körbe voller Himbeeren, die eingekocht werden müssen, und zur Zeit bin ich natürlich wieder mal allein; und wenn ich nicht bald mal oben saubermache, dann bleibt uns nichts anderes übrig als auszuziehen, und Brad ist natürlich schlimmer als die Kinder, er läßt überall seine Sachen liegen – dauernd habe ich eine Socke im Staubsauger. ›Sieh mal‹, sage ich dann zu ihm, ›ich bin nicht der einzige Mensch hier, der Sachen vom Boden aufheben kann…‹« Reed blieb auf der hinteren Veranda stehen, zog Schuhe und Socken aus und trat barfuß ins Haus. Normalerweise wäre er nun in sein Zimmer hinaufgegangen und hätte frische Socken und ein neues Paar Schuhe geholt, aber der Gedanke, mit seinen nackten Füßen weiteren Stoff für Mrs. Bradfords Redeschwall zu liefern, war zu übermächtig. Er fing an zu begreifen, welche Wirkung Mary Bradford auf die Leute hatte. Die Frau zwang einen förmlich, sich unpassend zu benehmen und ihr Redestoff zu geben. Es war die Wirkung, die solche übermäßige Rechtschaffenheit einfach hervorrief, ein Kitzel, wie ihn Reed bisher noch nie gespürt hatte, und er war fasziniert davon.
    Sie nahmen um den Tisch im Eßzimmer Platz: Schon bald hatte jeder eine Tasse Kaffee vor sich. Reed hatte das eigenartige Gefühl, an einem uralten Ritual teilzunehmen. Er wackelte glücklich mit den Zehen und fragte sich, was in aller Welt Mary Bradford wohl als nächstes auf Lager haben würde.
    »Ich finde solch ein Benehmen unpassend und schockierend«, sagte sie und nahm die Zigarette, die Kate ihr anbot. »Ich habe das Rauchen aufgegeben«, fügte sie hinzu und zündete sie an. »Natürlich geht es niemanden etwas an, was ein Mann in seinem eigenen Haus tut, nehme ich an, aber er fährt mit ihnen im offenen Kabrio die Straße hinunter, einfach frech, sage ich, und was geht dann vor in einem so großen Haus, mit all den Mädchen? Orgien. Ich würde mich nicht wundern«, fügte sie mit vielsagendem Blick hinzu, »wenn es dort auch Drogen gäbe. Alkohol sowieso, das ist klar.
    Eines Morgens werden all diese Leute aufstehen und merken, daß sie nicht weiter stolpern können als bis zur nächsten Flasche.« »Reden wir über jemanden, den ich kenne?« fragte Reed mit so bemüht unschuldiger Stimme, daß es in seinen eigenen Ohren albern klang.
    »Das Büro des Bezirksstaatsanwalts des Berkshire County sollte über ihn Bescheid wissen«, sagte Mary Bradford mit Nachdruck.
    »Aber dort haben sie ja nicht einmal genügend Zeit, sich die Leute vorzuknöpfen, die mit fünfzig Meilen an den Schildern vorbei die Straße entlangrasen, auf denen steht: ›Achtung, Kinder. Langsam fahren.‹ Ich muß meine Kinder ins Haus sperren, wenn die Sommerfrischler kommen, das sage ich Ihnen ganz ehrlich.« »Der Junge, der heute morgen hier vorbeigerast ist, sah mir nicht wie ein Sommerfrischler aus«, sagte Reed.
    »Dieses Gesindel«, schnaufte Mary Bradford und identifizierte den fraglichen Menschen ohne Schwierigkeiten. »Jedes Jahr ein neues Baby und weder Vernunft noch Geld genug für die, die schon da sind. Wer hätte keine achtzehn Kinder, wenn er ihnen nicht auch Schuhe kaufen müßte.« »Wie viele haben Sie?« fragte Reed. Er wollte gerne herausbekommen, ob Mary Bradford ihren Redefluß lange genug unterbrechen konnte, um eine Frage richtig zu beantworten. Kate lehnte sich einfach zurück und lächelte. Fraglos hatte sie das schon mehrfach durchgemacht.
    »Zwei«, sagte Mary Bradford. »Und sie sind ordentlich angezogen und dürfen nicht herumrennen und einfach machen, was sie wollen. Natürlich, wenn dieses Jugendlager erst aufmacht und all diese faulen Eltern, die ihre Kinder tagsüber dorthin schicken, die Straße heraufgerast kommen, können wir nicht mehr sicher über die Straße zu unserer Scheune gehen. Aber wir sind ja nur Bauern, und niemand kümmert sich um Bauern. Heutzutage muß man lernen, wie man an Sozialhilfe kommt, oder in irgendeine Gewerkschaft eintreten, die einen unterstützt. Also, ich muß nach Hause und Brads Lunch vorbereiten. Er muß sich mit Sandwiches mit Erdnußbutter zufriedengeben. Wo ich all die Himbeeren noch einkochen muß, habe ich keine Zeit für was anderes.« Sie redete pausenlos weiter auf dem Weg ins Freie und zu ihrem Auto, holte Luft, um Feststellungen zu machen und dann von ihnen in großem Bogen abzuschweifen. Als sie ihren Wagen endlich zurückgesetzt hatte und davongefahren war, hatte

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